Es brodelt in Deutschlands Steuerlandschaft. Der Bundesfinanzhof (BFH) steht vor einer richtungweisenden Entscheidung, die alle Arbeitnehmer freuen würde: Weil Bürgergeldempfänger aktuell viel höhere Steuerfreibeträge genießen als Millionen fleißige Steuerzahler, könnte bald eine Steuererstattung für alle Arbeitnehmer winken!

Hintergrund: Während der reguläre steuerliche Grundfreibetrag im Jahr 2025 bei 12.096 Euro liegt, erhalten Bürgergeldempfänger zusätzlich Leistungen wie Mietzuschüsse, die zu einer effektiven steuerfreien Einkommensgrenze von etwa 15.000 Euro oder mehr führen können. Zum Vergleich: In den Vorjahren lag der reguläre Grundfreibetrag sogar noch tiefer.

Das führt zu einer strittigen Ungleichbehandlung, da Arbeitnehmer ab dem Grundfreibetrag schon steuerpflichtig sind, während Bürgergeldempfänger trotz vergleichbarer oder höherer Leistungen steuerlich besser gestellt sind. Diese Asymmetrie steht unter dem Verdacht, gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes zu verstoßen und wirft verfassungsrechtliche Fragen auf.

Die Vereinigte Lohnhilfe (VLH) hat bereits im vergangenen Jahr öffentlich auf diese Ungleichheit hingewiesen: Arbeitnehmer im Mindestlohnsektor haben unter Umständen durch den aktuellen steuerlichen Grundfreibetrag am Ende gar weniger finanzielle Mittel zur Verfügung als Empfänger von Bürgergeld und Wohngeld.

Positives Urteil hätte beachtliche Folgen für Arbeiter

Derzeit prüft der Bundesfinanzhof (BFH), ob diese Schieflage verfassungswidrig ist. Schon seit Jahresbeginn sollen fast alle neu erlassenen Einkommensteuerbescheide einen Vorläufigkeitsvermerk tragen. Die Finanzverwaltung will dadurch massenhafte Einsprüche wegen dieser strittigen Rechtsfrage verhindern, berichtet Börse Online.

Denn ein positives Urteil für die Arbeitnehmer würde beachtliche Folgen mit sich bringen. So könnten betroffene Arbeitnehmer für zurückliegende Jahre zu viel gezahlte Steuern zurückfordern, was eine steuerliche Nachzahlung durch den Staat zur Folge hätte. Finanzexperten sprechen von Milliardenbeträgen. Es geht also um viel Geld, aber auch um den Grundsatz: „Menschen, die arbeiten und Steuern zahlen, müssen besser gestellt sein als Leistungsempfänger.“

Wird das Steuerrecht dann transparenter?

Jörg Strötzel, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Lohnhilfe, sprach sich ebenfalls dafür aus, dass die Höhe des Grundfreibetrags einheitlich festgelegt wird. „Uns geht es nicht darum, eine Kürzung von Sozialleistungen zu fordern. Vielmehr halten wir es für angebracht, dass der Gesetzgeber einheitlich und konsequent mit Begriffen wie Existenzminimum umgeht, in dem Fall bezogen auf das Sozialrecht und das Steuerrecht“, so Strötzel.

Bei einem positiven Urteil müssten die Lohnsteuerabzugsverfahren angepasst werden, um künftig diese Ungleichheit zu beseitigen. Langfristig könnte ein solches Urteil den Gesetzgeber außerdem veranlassen, das Steuerrecht transparenter und gerechter zu gestalten, sodass die steuerlichen Freibeträge an die sozialrechtlichen Leistungen angepasst werden.

Erste Instanz sah keine Verfassungswidrigkeit

Doch Vorsicht: Ob die Entscheidung dann auch rückwirkend geltend gemacht wird und wie lange Erstattungen möglich sind, muss juristisch noch geklärt werden. Zudem war das Finanzgericht Schleswig-Holstein in erster Instanz trotz rechtlicher Bedenken nicht von einer Verfassungswidrigkeit überzeugt. Gegen diese Entscheidung wurde Revision eingelegt, daher ist nun der Bundesfinanzhof am Zug.

Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass der BFH den Fall an das Bundesverfassungsgericht weiterleitet, um dort vorab eine Entscheidung zur möglichen Verfassungswidrigkeit des aktuellen Grundfreibetrags einzuholen. Steuerexperten rechnen derweil mit spannenden Monaten und möglicherweise weitreichenden Veränderungen.