Die Arbeitgeber weisen Überlegungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zurück, Beschäftigten bei einer Erkrankung ein etwas längeres Fehlen auch ohne Krankschreibung zu ermöglichen. „Eine pauschale Verlängerung der Karenzzeit würde die Arbeitgeberseite zusätzlich belasten, ohne die strukturellen Probleme zu lösen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, der Deutschen Presse-Agentur.

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KBV-Chef Andreas Gassen hatte im Redaktionsnetzwerk Deutschland angeregt, dass generell erst nach dem vierten oder fünften Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden muss. Vorgeschrieben ist es derzeit, wenn Beschäftigte länger als drei Kalendertage arbeitsunfähig sind, also am vierten Tag. Im Gesetz steht außerdem: „Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen.“

Gassen kritisierte, „die gesetzliche Möglichkeit für Arbeitgeber, bereits in den ersten drei Tagen die Vorlage einer Krankschreibung zu verlangen, produziert abertausende Arztbesuche, die aus unserer Sicht nicht zwingend notwendig wären“, sagte Gassen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) laut Vorabbericht.

Arbeitgebervertreter Kampeter sagte, es brauche eine stärkere Patientensteuerung. „Nur so kann unser Gesundheitswesen leistungsfähig, treffsicher und bezahlbar bleiben.“ Der Vorschlag der KBV greife jedoch zu kurz. Die Arbeitgeber unterstützen Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) in ihren Überlegungen, die Ausgaben gezielt zu senken. „Die Ärzteorganisationen sollten daran konstruktiv mitwirken und nicht durch Nebelkerzen die Debatte in die falsche Richtung lenken.“

Gassen will Ausnahme aus dem Gesetz streichen

Der Vorschlag von KBV-Chef Gassen geht aber noch weiter: Er mahnte an, die Ausnahme, dass Arbeitgeber Krankschreibungen schon früher verlangen können, aus dem Gesetz zu streichen. „Eine generelle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst ab dem vierten Tag hätte wieder mehr den Stellenwert eines wirklichen ärztlichen Attestes und nicht eines Formvordrucks“, sagte Gassen.

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) stellte auch zur Debatte, die bisherige Frist von drei Tagen generell auf vier oder fünf Tage anzuheben. „Es geht uns um eine vom mündigen Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerin selbst verantwortete Karenzzeit“, argumentierte Gassen.

Laut Gassen werden pro Jahr etwa 116 Millionen Krankschreibungen ausgestellt. Etwa 35 Prozent davon hätten eine Gesamtdauer von maximal drei Tagen. Entfielen diese, würde das Gesundheitswesen den Angaben zufolge um 1,4 Millionen Arbeitsstunden beziehungsweise Kosten von 100 Millionen Euro entlastet.

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Eine ähnliche Lockerung schlägt Gassen für die Bescheinigung bei Erkrankung eines Kindes vor. Hier sei die Krankschreibung der Kinderärztin oder des Kinderarztes sogar ab dem ersten Krankheitstag erforderlich, kritisierte er.

„Durch den Verzicht auf diese Bescheinigung bei kurzer Krankheitsdauer könnten, insbesondere in Zeiten mit hohem Infektionsgeschehen, sowohl die kinderärztlichen Praxen als auch die Eltern der erkrankten Kinder deutlich entlastet werden.“ (Reuters/dpa)