Berlin – Erst die Ringbahnbrücke, dann die Westendbrücke und jetzt die Brücke am Heidelberger Platz: Die Berliner Stadtautobahn bricht buchstäblich zusammen. Das allein ist nicht die Überraschung, denn die Stahlbetonkonstruktionen sind mehr als 60 Jahre alt.

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Überraschend ist das Verhalten der für Autobahnen zuständigen Bundesregierung und des Berliner Senats. Beide haben offenbar gar keinen Plan, wie die uralte Autobahn erneuert werden könnte. Sie sitzen das Problem einfach aus. Sie warten ab, bis die Ingenieure einen Schaden feststellen.

Dann begutachten sie den Schaden. Aus Sicherheitsgründen engen sie die Fahrbahnen auf der Brücke ein, um die Belastung durch den Autoverkehr zu reduzieren. Wenn der Schaden dann als gefährlich identifiziert ist, sperren sie die Brücke und lassen sie abreißen.

So geschah es mit der Ringbahnbrücke am Dreieck Funkturm und mit der Westendbrücke am Spandauer Damm, die beide verschwunden sind.

Und so geschieht es jetzt auch am Heidelberger Platz in Berlin-Wilmersdorf. Dort wurde an der Brücke bröselnder Beton festgestellt und auch Korrosionsstellen an der Bewehrung im Stahlbeton. Solche Schäden gelten als brisant. Die Brücke über dem Heidelberger Platz ist genauso konstruiert wie die Ringbahnbrücke und die Westendbrücke es waren. Möglich also, dass auch sie abgerissen werden muss.

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Das Ergebnis der Untersuchungen wird frühestens Ende November vorliegen. So lange steht der Verkehr in Richtung Funkturm im Dauerstau, weil auf der Brücke der rechte Fahrstreifen gesperrt bleiben muss.

Die Folgen sind ganz erheblich. Ich erfahre es in diesem Fall am eigenen Leib: In meiner Straße fahren die Autos jetzt überwiegend nicht mehr – sie stehen. Es ist der Ausweichverkehr von der Autobahn. Man sucht sich einen Schleichweg und steckt im Wohngebiet fest.

Die Probleme werden größer, je mehr Schäden an den Autobahnbrücken entdeckt werden. Wenn sie entdeckt werden, vergeht entschieden zu viel Zeit, bis Abriss und Neubau geplant sind.

Manche Bröselbrücken werden auch einfach auf Behelfspfeiler gestellt, wie am Rathaus Steglitz die Brücke über die Albrechtstraße. Auch die Westendbrücke stand jahrelang auf zusätzlichen Pfeilern.

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Das schlimmste Beispiel für die Verschleppung der Planung ist die Rudolf-Wissell-Brücke (Baujahr 1961), die in Charlottenburg über die Spree führt. Schon 2005 war den Behörden bekannt, dass sie erneuert werden muss, aber erst 2020 waren die Planungen fertig. Und erst in diesem Jahr sollte endlich mit dem Neubau begonnen werden.

Doch auch das ist nicht möglich, denn noch im Frühjahr schlugen sich die Planer mit 520 Einwänden gegen den Neubau herum, die von Umweltgruppen und einzelnen protestierenden Bürgern vorgebracht wurden.

Die Stadtautobahn ist von existenzieller Bedeutung für Berlin. Die Verfahren zur Erneuerung müssen beschleunigt werden, stattdessen ziehen sie sich immer weiter in die Länge. Es ist ein großes Versagen.

Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de