„Ohne den Bürgerbus käme ich gar nicht vor die Türe“, sagt Heide Caris. Die drei Frauen, die sich ebenfalls an der Bushaltestelle vom Willicher Bürgerbus an der Grabenstraße in Willich eingefunden haben, können das nur bestätigen. Für sie alle ist das Angebot des Bürgerbusses Willich die einzige Möglichkeit, in Eigenregie einkaufen zu fahren, den Arzt zu besuchen, die Fußpflege aufzusuchen, dem Friseur einen Besuch abzustatten oder einfach mal für einen Café-Nachmittag in die Innenstadt zu fahren.
„Der Bürgerbus ermöglicht uns ein Stück Selbstständigkeit und gibt uns viel Gelegenheit zur Kommunikation“, sagt Rita Barz. Man kenne mittlerweile viele Mitfahrer und tausche sich im Bus immer fleißig aus, fügt die Seniorin an. Sie wohne auf der Hardt und fahre nicht mehr Auto. Der Bürgerbus gebe ihr Mobilität zurück, die sie ansonsten nicht haben würde, erzählt derweil Ingrid Himmighofen, während Ursula Hoebken von den freundlichen Fahrern und Fahrerinnen schwärmt, die beim Ein- und Aussteigen allzeit hilfreich zur Seite stehen würden.
Aber nicht nur für die vier Frauen bringt der Bürgerbus Willich ein Stück Lebensqualität mit sich. „Das Angebot wird gut genutzt. In diesem Jahr werden wir wieder die 10.000 Fahrgäste überschreiten“, sagt Heinz Malessa vom Vorstand des Bürgerbusvereins Willich. Dass es eine solche Erfolgsgeschichte werden würde, hätte sich vor 21 Jahren, als die Idee bei der Kolpingsfamilie Willich entstand, einen „Stadtbus“ in Willich einzurichten, keiner vorstellen können. „Die Idee kam bei einer Kolpingtour in der Pfalz auf, und zwar beim Besuch eines Essigmuseums. Das war im Spätsommer 2004. Anrath hatte zu dieser Zeit bereits einen Bürgerbus und wir haben bei Kolping überlegt, ob man als Träger agieren könnte“, erinnert sich Malessa.
Am 1. September 2005 fand die offizielle Gründungsversammlung für den „Bürgerbusverein Willich, eine Initiative der Kolpingsfamilie Willich“, wie der amtliche Name lautete, statt. Noch am Gründungsabend traten über 50 Anwesende als Mitglieder in den neuen Verein ein. Davon waren allein 33 Mitglieder der Kolpingsfamilie. Ehrenamtliche Fahrer standen zu diesem Zeitpunkt ebenfalls schon in den Startlöchern.
Bis der Bürgerbus dann aber zur ersten Fahrt startete, dauerte es noch ein Weilchen. Beim Frühlingsfest des Werberings am 24. März 2007 wurde der Bürgerbus auf dem Willicher Marktplatz feierlich eingeweiht. Zwei Tage später war es soweit. Am Montag, 26. März 2007, startete der Bürgerbus Willich um 7.54 Uhr zu seiner ersten Fahrt. Zahlreiche Bürger nutzten die Premiere zum Kennenlernen der einstündigen Fahrstrecke mit ihren damals 45 Haltestellen. Eine Stunde dauert die Runde, die durch ganz Willich einschließlich der Hardt und dem Stahlwerk Becker geht, immer noch. Allerdings hat sich die Zahl der Haltestellen bei 40 eingependelt, davon sind seit 2021 alle mit sogenannten Stehhilfen versehen. Diese ermögliche ein sitzähnliches Anlehnen, während die Fahrgäste auf den Bürgerbus warten.
Aktuell sind 47 Fahrer im Einsatz, darunter acht Frauen. „Wir würden uns freuen, wenn sich mehr Frauen zutrauen würden, den Bürgerbus zu fahren. Er fährt sich aufgrund seiner erhöhten Sitzposition sehr angenehm“, sagt Ina Trost vom Vorstand des Bürgerbusses, die selber seit drei Jahren zu den Fahrerinnen gehört und den kleinen Bus mit Begeisterung fährt. „Der Bedarf ist da und wir tun etwas Gutes. Mir macht es Spaß, mich ehrenamtlich zu engagieren“, bemerkt Fahrer Michael Rive, der schon in Anrath Bürgerbus fuhr und danach als Fahrer in seinen Heimatort Willich wechselte. Mit der aktuellen Fahrerzahl sieht sich der Bürgerbus Willich gut aufgestellt. „Fahrernachwuchs können wir aber immer brauchen, da Fahrer aus Altersgründen ausscheiden“, sagt Malessa. Jeder ab 18 Jahren, der im Besitz des Autoführerscheins ist, kann Bürgerbusfahrer werden. Was alle freut, ist die Tatsache, dass inzwischen nicht nur Senioren das Angebot nutzen, sondern auch viele jüngere Menschen bis hin zu Kindern und Jugendlichen mitfahren. „Zu unseren Fahrgästen zählen Kinder, die zur Schule und zum Sport fahren und jugendliche Skater, die mit ihrem Brett zur Skaterbahn wollen. Dazu kommen immer mehr Familien“, sagt Trost.