Durchgesickerte Dokumente ermöglichen neue Einsichten in den Produktionsplan von Uralwagonsawod: Demnach wird der größte russische Panzerbauer bald mit der Produktion des T-90M2 Ryvok-1 beginnen. Im Vergleich zum Jahr 2024 soll die Produktion moderner Panzer bis 2029 um fast 80 Prozent steigen.
Die russischen Panzerlager leeren sich
Ob das realisierbar ist, wird die Zukunft zeigen. Fakt ist: Russland hat in den vergangenen zwei bis drei Jahren enorme Anstrengungen unternommen, um Panzer, die viele Jahre eingelagert waren, wieder einsatzbereit zu machen und an die Front in der Ukraine (-> Aktuelle Meldungen aus dem Ukraine-Krieg) zu schicken.
Satellitenbilder dieser großen Panzerlager (-> Wo sind die 10.000 russischen Panzer?) – insbesondere aus jüngster Zeit – zeigen, dass sich diese Restaurierungsarbeiten mangels geeigneter jüngerer Fahrzeuge zunehmend auf Modelle aus den 1970er- und 1960er-Jahren verlagern. T-72A (Baujahre 1979 bis 1985) wurden im August 2025 erstmals wieder bei Uralwagonsawod gesichtet. Deren Zahl wird auf bis zu 1.500 Fahrzeuge geschätzt.
Russische Blogger berichten, dass Uralwagonsawod derzeit Pläne zur Modernisierung dieser Panzer prüft, da die verfügbaren T-72B (1985 bis 1992) absehbar zur Neige gehen. Hintergrund: Ein T-72A lässt sich nicht auf den Standard T-72B3M beziehungsweise T-72B4 aufrüsten – die baulichen Unterschiede sind zu groß. Der Nachschub an modernen Kampfpanzern für die russische Armee muss daher zunehmend aus der Neuproduktion kommen.
Die letzten T-72B aus der Einlagerung – bei Uralwagonsawod werden sie derzeit für die Modernisierung zum T-72B3M vorbereitet. Ehrung des russischen „Ingenieurs des Jahres“ als Indiz
Der Frontelligence Insight Blog fand auf der Suche nach neuen russischen Panzerprojekten Codenamen wie 188M, Proryv-3 und 188M2.
Eine Ehrung der „Russischen Union der wissenschaftlichen und technischen öffentlichen Vereinigungen” an Andrey Sergeevich Rokhmanko zum „Ingenieur des Jahres” liefert weitere Hinweise auf laufende Projekte. Rokhmanko ist offenbar Spezialist und leitender Konstrukteur in einem Unternehmen für Bewaffnungsstabilisatoren und Waffen-Fernsteuerungssysteme. In der Ehrung wird seine Mitarbeit an einer Vielzahl russischer Gefechtsfahrzeuge erwähnt – darunter auch am T-90M2 Ryvok-1.
Fast 1.800 T-90-Panzer in den nächsten zehn Jahren
Laut den ausgewerteten Dokumenten soll 2026 die Produktion des neuen T-90M2 mit zunächst zehn Einheiten anlaufen.
Produktionshochlauf bei Uralwagonsawod – seit 2021 hat sich die Fertigung des T-90M verfünffacht, bis 2028 soll sie nochmals um 80 Prozent steigen.
Von 2027 bis 2036 laufen dann Rekapitalisierung, Modernisierung und Neuproduktion der T-90M und T-90M2 parallel, wobei die Produktionsplanung bisher nur bis 2029 ausgewiesen ist. Die Gesamtzahl von 1.783 Fahrzeugen, die das Programm umfasst, soll bereits binnen eines Jahrzehnts verfügbar sein – davon 1.128 bis 2029 und weitere 655 bis 2036.
Parallel dazu läuft ein Modernisierungsprogramm für T-72-Panzer zum Typ T-72B3M. Von den insgesamt 828 genannten Fahrzeugen sollen 498 noch in diesem Jahrzehnt fertiggestellt werden. Auch für den BMPT Terminator sind Zahlen genannt: Insgesamt 86 Fahrzeuge sollen zwischen 2027 und 2036 produziert oder modernisiert werden.
Der BMPT Terminator bleibt ein Nischenprojekt – weder an der Front noch in der Serienproduktion spielen große Stückzahlen eine Rolle. Gibt es einen „Elefanten im Raum“?
Auffällig ist, dass das Jahr 2030 in den Unterlagen offenbleibt. Während die Fertigungskapazität von 2027 auf 2028 von 555 auf 610 Fahrzeuge steigt, sinkt sie ab 2029 auf 481 und ab 2031 auf nur noch rund 175 Fahrzeuge jährlich. Insbesondere für die Neuproduktion ab 2030 zeigen die Dokumente kaum konkrete Angaben – wie diese Lücke gefüllt werden soll, ist unklar.
Das Conflict Intelligence Team schätzte im Juni die aktuelle Produktionskapazität von Uralwagonsawod für T-90-Neufahrzeuge auf 250 bis 300 Panzer pro Jahr. Ende 2021 lag sie noch bei rund 60 Fahrzeugen jährlich.
Brigadier Wolfgang Luttenberger über Militärluftfahrt und digitale Kriegsführung
Neben dem T-90-Programm treibt Russland offenbar auch die Entwicklung des TSMC Shturm voran.
Details zum TSMC Shturm
Der Shturm wird von russischen Bloggern als schwerer, robotergestützter Angriffskomplex beschrieben. Ein Video eines derzeit noch bemannten Versuchsträgers tauchte im Juli in russischen sozialen Netzwerken auf.
Zum System gehört auch ein bemanntes Kommandofahrzeug, das zusammen mit dem Prototypen bei der Einfahrt ins Werksgelände in Nischni Tagil gesichtet wurde.
Shturm (links) und Kommandofahrzeug (rechts) – die Steuerdistanz des robotisierten Angriffssystems wird auf drei bis vier Kilometer geschätzt.
Der mutmaßliche Entwicklungsträger basiert auf einem T-72-Fahrgestell. Auffällig ist eine verkürzte 125-Millimeter-Kanone; geplant ist offenbar der Einbau einer 152-Millimeter-Kanone. Das Fahrzeug soll zusätzlich mit Raketenwerfern, Flammenwerfern, Räumschild und Zusatzpanzerung ausgerüstet werden und gilt als besonders geeignet für den urbanen Kampf.
In den genannten Lagern sollen sich laut jüngsten Satellitenbildern noch fast 1.500 T-72A befinden, die sich für den Umbau zum Shturm eignen könnten.
Details zum T-90M2 Ryvok-1
Was konkret für den Ryvok-1 geplant ist, ist bislang unklar. Hinweise liefert jedoch ein Dokument der Hauptverwaltung für Panzerfahrzeuge des Verteidigungsministeriums der russischen Föderation, das Militär Aktuell vorliegt.
Es listet die Untersuchungsergebnisse erbeuteter westlicher Panzer aus dem Krieg in der Ukraine, vergleicht deren Stärken und Schwächen und enthält Vorschläge zur Verbesserung russischer Modelle.
Genannt werden unter anderem:
- eine Überarbeitung der Getriebekonstruktion, um die maximale Rückwärtsgeschwindigkeit zu erhöhen (aktuell 5 bis 10 km/h, westliche Panzer wie Leopard 1 und Leopard 2 erreichen bis zu 30 km/h);
- eine verbesserte Reparaturfreundlichkeit durch Schnellkupplungen und modulare Kabelverlegung;
- sowie die Installation größerer Displays zur Erhöhung des Situationsbewusstseins – mit Bildschirmdiagonalen von mindestens 38 Zentimetern.
Russlands modernster Kampfpanzer – der T-90M Proryv-3 in einer der jüngsten Konfigurationen.
In russischen Panzerforen glaubt kaum jemand mehr an eine Wiederaufnahme der Armata-Produktion, da dessen Elektronikkomponenten seit den Sanktionen von 2014 für Russland kaum verfügbar sind.
Dass die Entwicklung des T-90M2 Ryvok-1 dennoch technische Erkenntnisse aus dem Armata-Programm nutzt, gilt jedoch als wahrscheinlich – insbesondere im Hinblick auf neue Schutzsysteme gegen Drohnenangriffe.
Hier geht es zu weiteren Meldungen rund um die russischen Streitkräfte.