Der US-Präsident Donald Trump hat Pekings neuen Exportkontrollen für seltene Erden mit der Ankündigung zusätzlicher Zölle von 100 Prozent geantwortet. Die chinesische Regierung will dagegenhalten.
12.10.2025, 20.41 UhrAktualisiertAnders als der oft sprunghafte US-Präsident plant sein Amtskollege Xi Jinping stets längere Zeit im Voraus.
Maxim Shemetov / Reuters
Nach einer vorsichtigen Entspannung im Handelsstreit zwischen den USA und China im Sommer dreht sich die Eskalationsspirale nun wieder mit vollem Tempo. Am Sonntag teilte das chinesische Handelsministerium mit, man behalte sich weitere Schritte gegen die USA vor, sollten diese tatsächlich zusätzliche Zölle auf Waren aus China erheben.
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«Sollten die USA darauf bestehen, ihren eigenen Weg zu gehen, wird China scharfe und notwendige Gegenmassnahmen ergreifen, um seine legitimen Rechte und Interessen zu sichern», teilte das chinesische Handelsministerium mit.
Die Androhung von Zöllen sei nicht der richtige Weg, mit China umzugehen, heisst es in der Erklärung weiter. Und: «Wir wollen keinen Handelskrieg, aber wir haben auch keine Angst vor einem Handelskrieg.» Die USA möchten ihre Fehler bitte umgehend korrigieren.
Kurz darauf schlug US-Präsident Donald Trump plötzlich wieder versöhnliche Töne an. Auf der Plattform Truth Social schrieb er am Sonntagabend: «Machen Sie sich keine Sorgen um China, alles wird gut! Der hochgeschätzte Präsident Xi hatte nur einen schlechten Moment.»
Zölle wie auf dem ersten Höhepunkt des Handelsstreits
Am Freitag hatte der US-Präsident Donald Trump angekündigt, die USA würden auf Warenlieferungen aus China zusätzliche Zölle in Höhe von 100 Prozent erheben. Insgesamt betrügen die Zölle auf chinesische Produkte damit etwa 150 Prozent und hätten das Niveau vom April, dem ersten Höhepunkt des Handelsstreits, erreicht. Die neuen Zölle der USA sollen am 1. November greifen.
Am Mittwoch hatte die chinesische Regierung weitreichende und international gültige Kontrollen für die Ausfuhr von seltenen Erden und Produkten daraus, beispielsweise Magnete für die Autoindustrie, angekündigt. Damit müssen auch Unternehmen im Ausland bei den chinesischen Behörden Ausfuhrlizenzen beantragen, wenn sie Produkte, die nur Spuren von seltenen Erden aus China enthalten, exportieren wollen.
Von der chinesischen Neuregelung sind auch Technologien und Anlagen zur Förderung und Verarbeitung seltener Erden betroffen. China kontrolliert rund 70 Prozent der Förderung und etwa 90 Prozent der Verarbeitung der kritischen Mineralien.
Washington wurde auf dem falschen Fuss erwischt
Trumps Ad-hoc-Reaktionen, wie derzeit die Ankündigung neuer Zölle, sind ein Zeichen dafür, dass er und seine China-Falken im Weissen Haus Pekings Macht über die globalen Lieferketten, aber auch Xi Jinpings Entschlossenheit deutlich unterschätzt haben. Dass ausgerechnet der schärfste Rivale das einzige Land ist, das den USA im Handelsstreit wirksam die Stirn bieten kann, dürfte für Trump eine bittere Erkenntnis sein.
Bereits im April hatte die chinesische Regierung Exportkontrollen auf seltene Erden und Produkte daraus eingeführt. Auch damals wurde Washington von den Kontrollen kalt erwischt. Nach Verhandlungen mit den USA in London und Stockholm hatte Peking die Kontrollen gelockert. Es stellt sich die Frage, ob Trump überhaupt um das Quasimonopol wusste, das China bei seltenen Erden geniesst.
Anders als der oft sprunghafte US-Präsident plant sein kühl kalkulierender Amtskollege Xi Jinping stets längere Zeit im Voraus. Beobachter in Peking gehen davon aus, dass die vergangene Woche verkündeten verschärften Ausfuhrkontrollen für seltene Erden seit längerem geplant waren.
China demonstriert der Welt seine Macht über Lieferketten
Natürlich will Xi auch seine Verhandlungsposition für ein mögliches Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten am Apec-Gipfel Ende Monat in Südkorea stärken. Doch Peking will mit seiner jüngsten Salve den USA, aber auch dem Rest der Welt demonstrieren, welche Macht das Land über die weltweiten Lieferketten ausübt.
Die amerikanische Rüstungsindustrie und der Technologiesektor sind in hohem Masse auf seltene Erden aus China angewiesen. Sollte Peking die neuen Exportkontrollen wirksam durchsetzen, könnte es theoretisch sogar die weltweite Chipproduktion lahmlegen. Zwar kommen seltene Erden in Speicherchips nicht vor. Doch für die Herstellung der Chips werden sie sehr wohl benötigt.
Xi war bereits während der ersten Amtszeit von Trump klargeworden, welche Ausmasse der Konflikt mit den USA eines Tages annehmen könnte, und hat Vorsorge getroffen. So verabschiedete die chinesische Regierung bereits vor vier Jahren ein Gesetz, mit dem sie Länder bestrafen kann, die Sanktionen gegen China verhängen.
Ausfuhrkontrollen mit exterritorialem Charakter
Mit den neuen Ausfuhrkontrollen, die exterritorialen Charakter haben, lehnt sich China an eine entsprechende Richtlinie der USA an. So erlaubt Washington eigenen, aber auch ausländischen Unternehmen die Ausfuhr von modernen Speicherchips und Anlagen zu deren Herstellung nur unter scharfen Bedingungen. So darf der niederländische Marktführer ASML seine modernsten Maschinen für die Produktion von Chips nicht nach China liefern.
Mit Blick auf ein mögliches Treffen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Trump in Südkorea verfolgt Xi klare Ziele. So sollen sich die USA explizit gegen eine Unabhängigkeit Taiwans aussprechen. Bis anhin lautet die offizielle Sprachregelung aus Washington, dass man eine Unabhängigkeit des Inselstaats nicht unterstütze.
Darüber hinaus will Xi bei Trump eine Lockerung der amerikanischen Exportkontrollen für Hochleistungschips und Anlagen zu deren Herstellung erreichen. Denn trotz beachtlichen Fortschritten kommen chinesische Hersteller bei der Chipproduktion noch nicht an die Qualität westlicher Marktführer wie Nvidia heran.
Dass Trump der chinesischen Kurzvideo-Plattform Tiktok das Überleben in den USA gesichert hat, dürfte Xi als eine gewisse Beweglichkeit des US-Präsidenten bei strittigen Themen deuten.
Hält Trump sich ein Hintertürchen offen?
Trump erklärte nach der jüngsten Eskalation vergangene Woche, er sehe keine Veranlassung mehr, sich Ende Oktober in Seoul mit Xi an einen Tisch zu setzen. Ein letztes Hintertürchen will sich der US-Präsident aber wohl dennoch offenhalten.
Der Apec-Gipfel beginnt am 31. Oktober. Die neuen Strafzölle der USA sollen aber erst am 1. November in Kraft treten.