Das Bistum Essen setzt mit „Christlich leben. Mittendrin.“ auf mehr Kooperation: Neue Stadt- und Kreiskirchen sorgen dafür, dass kirchliches Leben trotz Herausforderungen nah bei den Menschen bleibt. Im Interview stellt der neue Programmmanager Johannes Vutz „Christlich leben. Mittendrin.“ vor.
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Symbolfoto: Simon Wiggen | Bistum Essen
Mit dem Programm „Christlich leben. Mittendrin.“ baut das Bistum Essen seine Strukturen in den Städten und Kreisen des Ruhrgebiets und des Märkischen Sauerlands gerade deutlich um. Ziel ist vor allem, die bislang oft unabhängig voneinander arbeitenden katholischen Organisationen und Einrichtungen auf lokaler Ebene stärker zu vernetzen. Dadurch soll die Kirche trotz sinkender finanzieller Ressourcen weiterhin für die Menschen präsent bleiben. Die neue kommunale Ausrichtung der Stadtkirchen erleichtert zudem die Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Akteuren. Während das Programm in Oberhausen und Bottrop bereits weit fortgeschritten ist, laufen andernorts noch die Vorbereitungen. Der Zeitplan sieht vor, dass der Prozess in allen Städten und Kreisen des Bistums bis Ende 2031 abgeschlossen ist.
Alle Fäden für diese umfassende Veränderung laufen bei Johannes Vutz zusammen. Der 41-jährige Theologe und systemische Organisationsentwickler ist seit August Programmmanager für „Christlich leben. Mittendrin.“ im Büro von Generalvikar Klaus Pfeffer. Zuvor war er an der Neuordnung der pastoralen Räume im niedersächsischen Teil des Bistums Münster beteiligt. Im Interview erklärt Vutz die zentralen Inhalte, den Fortschritt und die Perspektiven des Programms.
Johannes Vutz ist der neue Programmmanager für „Christlich leben. Mittendrin.“ im Bistum Essen. Foto: Johannes Hörnemann
Herr Vutz, wofür steht „Christlich leben. Mittendrin.“?
Johannes Vutz: „Christlich leben. Mittendrin.“ bedeutet, die Kirche an möglichst vielen Orten unserer Gesellschaft präsent zu halten. Diese Präsenz geht weit über unsere Pfarreien hinaus, die viele oft als erstes mit Kirche verbinden. Dazu gehören zum Beispiel auch KiTas und Schulen, unsere Bildungsangebote für Erwachsene, die Caritas, die Jugendberufshilfen, Senioreneinrichtungen und viele weitere Angebote, mit denen wir als Kirche für die Menschen da sind. Diese Angebote wollen wir mit „Christlich leben. Mittendrin.“ in unseren Stadt- und Kreiskirchen stärker und verbindlicher miteinander vernetzen und so zugleich deutlich sichtbarer machen.
Was bedeutet das für die Pfarreien?
Vutz: Unsere Pfarreien sind auch weiterhin zentrale Bausteine dieser neuen Netzwerke. Im Rahmen von „Christlich leben. Mittendrin.“ verbinden wir die Pfarreien auf Stadtebene in den kommenden Jahren zu neuen Kirchengemeinden, wie dies in Gladbeck schon lange der Fall ist. In Bottrop und Oberhausen sind diese Zusammenschlüsse für den Jahreswechsel vorgesehen, anschließend folgen schrittweise die anderen Bistumsstädte. Diese Fusionen sollen helfen, unsere geringer werdenden Ressourcen möglichst gut einzusetzen: Vor allem bündeln wir die Verwaltung und unsere Gremienstrukturen, damit wir uns als Kirche noch mehr auf das konzentrieren können, wofür wir da sind: Die Menschen mit Gott in Kontakt zu bringen. Wichtig ist mir: Auch wenn wir über Ressourcen und Effizienzgewinne sprechen, entwickeln wir mit den Pfarreifusionen keine Großkonzerne. Es geht darum, Strukturen auf kommunaler Ebene aufzubauen, die dem dezentralen kirchlichen Leben vor Ort dienen und das Engagement vieler Freiwilliger ermöglichen.
Damit dürften sich auch die Strukturen von Kirchenvorständen und Pfarrgemeinderäten ändern, die am 8. und 9. November neu gewählt werden.
Vutz: Perspektivisch ja. In Oberhausen und Bottrop wählen die Kirchenmitglieder schon jetzt jeweils auf Stadtebene einen gemeinsamen Kirchenvorstand (KV) und einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat (PGR). Dies wird in den nächsten Jahren auch in den anderen Bistumsstädten erfolgen, in denen bislang noch in den alten Pfarreistrukturen gewählt wird. Die neuen stadtweiten Gremien sind dabei nicht einfach nur Gremien auf XXL-Niveau; dass künftig ein KV – wie in Oberhausen – einfach die Arbeit von bislang vier Vorgängergremien übernimmt, wird kaum funktionieren. Gemeinsam mit den Pfarreien und den Gewählten werden wir daher auch die Arbeitsweise der Gremien weiterentwickeln müssen, hin zu Teams, die ihre Aufgabe vor allem darin sehen, die kirchliche Arbeit vor Ort zu ermöglichen und zu unterstützen.
Wie wird eine neue Stadtpfarrei dann Teil des Netzwerks Stadtkirche?
Vutz: Der Zusammenschluss der Pfarreien ist Teil der pastoralen Entwicklung – und diese wiederum ein Schritt auf dem Weg zur Stadtkirche. Während wir die Zusammenschlüsse vorbereiten, laufen vielerorts bereits intensive Gespräche mit den verschiedensten kirchlichen Partner-Organisationen. Oft muss man sich dafür ja gar nicht kennenlernen, weil man vor Ort natürlich voneinander weiß. Aber die Suche nach verbindlichen Kooperationsformen im Rahmen des Stadtkirche-Netzwerks führt zu einem vertieften Austausch. Klar ist dabei: Jede Stadtkirche wird anders aussehen, abhängig von den Partnern vor Ort, vor allem aber von den lokalen Möglichkeiten und Bedarfen. Ausdrücklich sind diese Netzwerke auch offen für andere Organisationen und Einrichtungen, zum Beispiel aus der Ökumene – schließlich heißt unser Programm bewusst „Christlich leben. Mittendrin.“ – aber zum Beispiel auch aus der Stadt oder von Vereinen.
Neue Internetseite mit Hintergrundinfos und Material zu „Christlich leben. Mittendrin.“
Die Internetseite www.clm.bistum-essen.de bietet Hintergrundinformationen, Materialien sowie Modelle zu „Christlich leben. Mittendrin.“. Dort gibt es unter anderem Darstellungen der neuen Stadtpfarreien und Stadtkirchen sowie Materialien zum Veränderungsprozess.
Wie sieht der Zeitplan für „Christlich leben. Mittendrin.“ in den einzelnen Städten und Kreisen aus?
Vutz: Angesichts der Größe dieses Veränderungsprogramms ist der Zeitplan für die einzelnen Bistumsstädte gestaffelt. Während in Oberhausen und Bottrop schon bald die Pfarreien fusionieren und die Stadtkirchen-Netzwerke bis Ende 2027 stehen sollen, sind in Mülheim und Bochum erste Überlegungen gestartet. Die Pfarreien sollen sich dort bis Ende 2027 zusammenschließen, Ende 2029 sollen die Stadtkirchen arbeitsfähig sein. Ein Jahr später soll dies in Duisburg, Gelsenkirchen und Gladbeck der Fall sein. In Essen als der mit Abstand größten Stadt des Bistums beginnen die Vorplanungen Mitte des kommenden Jahres, der gesamte Prozess dort soll Ende 2031 abgeschlossen sein. Offener ist die Lage derzeit noch in unseren Kreisdekanaten Hattingen-Schwelm als Teil des Ennepe-Ruhr-Kreises und Altena-Lüdenscheid im Märkischen Kreis. Hier beginnen wir im kommenden Jahr mit der Konzeption von Kreiskirchen, die auch für diese von den Ruhrgebietsstädten sehr verschiedenen Regionen unseres Bistums möglichst passgenau sind.
Programm-Manager Christlich leben. Mittendrin.
Johannes Vutz
Zwölfling 16
45127 Essen