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Markus Söder will schnell eine Drohnen-Abwehr: Dafür hat er sich den aktuellen Stand bei Quantum Systems in München angeschaut. ©
IMAGO / Sven Simon
Europaweit und vor kurzem auch in München, standen wegen Drohnen mehrere Flughäfen eine Zeit lang still. Ob Spionage oder ein dummer Scherz: Für den Bayerischen Ministerpräsident steht fest, es muss schnell eine Lösung her. Wovon die Drohnen-Abwehr noch abhängt.
München – Die olivgrüne Kiste öffnet sich, ein Greifarm fährt aus, richtet eine graue Riesendrohne in Startrichtung Himmel. Zwei Knöpfe muss Markus Söder jetzt drücken, dann einmal auf dem Bildschirm nach rechts wischen – ein lautes Surren setzt ein, und die Drohne jagt los in den bayerischen Himmel, 20 Meter pro Sekunde, sendet fortan Livebilder in die Zentrale. „Vector AI“, 2,8 Meter Spannbreite, startet seine Überwachungsmission. Pilot Söder muss nicht viel mehr machen, denn ab jetzt übernimmt der Autopilot. Aber die Show ist geglückt.
Beim Hersteller Quantum Systems in Gilching tritt der Ministerpräsident zum Werksbesuch an. Oder ist es eine Verkaufsveranstaltung? Nach den gehäuften Drohnen-Überflügen über europäischen Flughäfen dämmert der Politik auf allen Ebenen, dass der Staat recht machtlos ist gegen die fremden fliegenden Dinger, die Militärareale und sensible Firmen auskundschaften und stundenlang gezielt Flughäfen lahmlegen. Mit dem Aufbau einer eigenen Drohnen-Flotte sollen die Polizeien gegen die Angreifer aufrüsten: Drohnen mit Drohnen erkennen, sie verfolgen, notfalls zerstören.
Söder schießt 200.000 Euro in die Luft
Für junge Firmen wie Quantum, das zu den Marktführern gezählt wird, weltweit aktiv ist und auch in der Ukraine rund 100 Großdrohnen im Einsatz hat, ist das eine dicke Umsatzchance – denn die Einkäufer starten praktisch bei null. Gleichzeitig muss es schnell gehen, der öffentliche Druck ist groß. Der „Vector“, den Söder in die Luft schoss, wird auf rund 200.000 Euro geschätzt. Will man etwa ein ganzes Flughafenareal schützen mit einer Paketlösung von Software, Aufklärung, Überwachung, geht das schwungvoll in die Millionen. Die Quantum-Manager betonen eilig, sie seien für jede Aufgabe gerüstet.
Söder wird dafür auffällig umschwärmt, mit allen Mitteln. Vor einem Dutzend Kameras bekommt er Weste und Kappe mit Firmenlogo, einer Drohne sind allen Ernstes weißblaue Rauten auf die Flügel gemalt. Für die Fotos und als Mitbringsel erhält Söder den Protoypen einer schwarzen, kleinen Ramm-Drohne, die bald feindliche Drohnen vom Himmel crashen soll. Arbeitstitel: Jäger. „Bavarian predator“, übersetzt Söder heiter. Die Firmen-Chefs, sie duzen den Markus, schwärmen vom Standort Bayern und vom Ausbaupotenzial in Gilching. Tatsächlich arbeiten schon 400 Topausgebildete hier am Standort. In die Räume des unglücklich gelandeten Flugtaxi-Pioniers Lilium will man expandieren.
Auch andere Hersteller in Bayern
In der Branche wird der Termin bei Quantum (ein Investor ist US-Milliardär Peter Thiel) aufmerksam beäugt. Es hätten auch gern andere was vom Auftragsvolumen, auch aus Bayern. Die steil aufgestiegene Rüstungsfirma Helsing hätte was anzubieten. Oder das junge Startup Arx Robotics, ebenfalls München. Deren Chefs und Techniker waren es übrigens, die letzte Woche mitten in der Nacht von der Bundeswehr aus den Betten geklingelt wurden, um beim Drohnen-Einsatz über dem Münchner Flughafen zu helfen. Ehrenamtlich. Auch die Sparten von Rheinmetall und Airbus bieten unbemannte Fluggeräte. Kleiner Kreis an Anbietern, große Dringlichkeit, wenig Bedenkzeit – mancher Haushälter hat da ein ungutes Gefühl, erinnert sich an Corona. Andere warnen: Es eilt wirklich.
Die bayerische Abwehr-Drohne: Markus Söder durfte sie testen. ©
IMAGO / Sven Simon
Startet nun die große Einkaufstour? Söder will erhebliche Teile der Sicherheitsbudgets in diesen Bereich lenken, auch bei der Rüstung des Bundes. „Nicht nur Metall, Haubitze, Schießpulver, sondern innovative Systeme“ brauche das Militär. Für Bayerns Anti-Drohnen-Kampf macht er klar: Wer liefern will, muss es können. „Das muss funktionieren. Über die ,trial & error‘-Phase sind wir hinaus.“ Man müsse verlässlich Flugausfälle an Airports verhindern: „Wir wollen uns wehren. So schnell wie möglich. Alle, die Ärger machen, müssen wissen: Wir werden sie erwischen.“
Gründer sieht Drohnen ab Dezember bereit
Ganz so schnell geht es nicht. Noch muss die Rechtsänderung durch die Parlamente, dass Drohnen auch bewaffnet werden können. Das dauert allein in Bayern bis Jahresende. „Wir könnten ab 1. Dezember anfangen, die Drohnen abzuschießen“, lockt Quantum-Chef und -Gründer Florian Seibel. Für die Bewaffnung arbeitet er mit der Berliner Rüstungsschmiede Stark Defence zusammen. Er fordert, als Söder außer Hörweite ist, von Politik und Verwaltung in schroffen Worten, mehr Tempo und weniger Bedenkenträgerei, etwa angesichts herabfallender Trümmer. „Diese theoretischen Hirnfürze der Juristen müssen wir zur Seite schieben.“
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