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Das Schwindsuchthäuschen in Bayreuth ist gerade mal so breit wie ein Mittelklassewagen. Um das kuriose Gebäude in Bayern ranken sich viele Sagen.
Bayreuth – Ein ungewöhnliches Gebäude quetscht sich in Bayreuth zwischen seine Nachbarn: Das Schwindsuchthäuschen. Es ist das schmalste Haus der Stadt und misst zur Stadtkirche hin gerade einmal die Breite eines Mittelklassewagens. „Aber es verdient diese Bezeichnung eigentlich nur zur Hälfte“, erklärt Nachtwächter-Stadtführer Wolfgang Kielblock gegenüber dem Kurier. Denn zur Kämmereigasse präsentiert sich das Gebäude mit einer breiteren Front.
Das Schwindsuchthäuschen ist mit seinen zwei Metern Breite Bayreuths schmalstes Gebäude. ©
IMAGO / H. Tschanz-HofmannGeschichte des schmalen Hauses in Bayern: Kurioses Gebäude entstand 1750
Der französische Architekt Joseph Saint-Pierre entwarf das kuriose Bauwerk um 1750. Zuvor hatte er im Auftrag des Markgrafenpaares Friedrich und Wilhelmine an deutlich imposanteren Projekten gearbeitet – darunter die Eremitage, Sanspareil, das Markgräfliche Opernhaus und die heutige Stadthalle. Warum der Architekt dem Haus seine außergewöhnliche Form gab, bleibt im Dunkeln. Möglicherweise sollte es lediglich eine Lücke zwischen zwei bestehenden Gebäuden schließen.
Das Schwindsuchthäuschen befindet sich rückseitig am Kirchplatz, zugehörig zum Haus Kämmereigasse 3. Es ist ein dreigeschossiger, giebelständiger Putzbau mit Walmdach; das zweite Obergeschoss ist verputztes Fachwerk, entstanden um 1750. In Stadtführungen wird das Häuschen als Kuriosum thematisiert.
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Mehr als Schloss Neuschwanstein: 25 der schönsten Ausflugsziele in BayernFotostrecke ansehenVieles unklar: Ist das Bayreuther Schwindsuchthäuschen nur ein Lückenfüller?
Um das schmale Haus ranken sich laut dem Kurier verschiedene Geschichten. Eine davon erzählt Wolfgang Kielblock besonders gern: „In der Kirche durften sich nur Paare trauen lassen, die in Bayreuth wohnten. Also ließ der Geistliche auswärtige Bräute mit ihren Eltern ein oder zwei Nächte in dem Häusle schlafen. Das hat dann quasi als Bayreuther Wohnsitz gegolten.“ Von diesem Arrangement profitierten beide Seiten – die Paare durften heiraten und der Pfarrer verdiente an den Trauungen.
Anderen Überlieferungen zufolge soll im Schwindsuchthäuschen der Organist der Stadtkirche gewohnt haben. Sein Ansehen in der Gemeinde kann nicht besonders groß gewesen sein, wenn man ihm ausgerechnet das schmalste Haus der Stadt zuwies.
So sah damals der Blick auf die Bayreuther Stadtkirche aus. Das geschätzte Aufnahmedatum des Fotos ist 1935. ©
IMAGO / Arkivi
Auf den Türmen der Stadtkirche soll jedenfalls der „Türmer“ seine Wohnung gehabt haben, wie es im Bayreuther Stadtführer steht. Früher musste dieser dort oben Nachtwache halten und die Kirchenglocken läuten, wenn er irgendwo in der Stadt ein Feuer ausbrechen sah. Bayreuth hatte es früher nämlich öfter mit großen Bränden erwischt, zwei Mal lag die Stadt in Schutt und Asche. Dass sich das Feuer damals so schnell und leicht ausbreitete, lag unter anderem daran, dass die Häuser sehr eng aneinander standen, weil der Platz zwischen den schützenden Stadtmauern knapp war. Das Schwindsuchthäuschen, das sich noch dazwischengequetscht hat, ist das beste Beispiel dafür.
Unabhängig von der tatsächlichen Nutzung des schmalen Hauses ist jedenfalls klar: Das Gebäude bleibt ein niedliches Kuriosum in der Bayreuther Stadtlandschaft. (Quellen: Kurier, Bayreuther Stadtführer) (res)