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Die Spionage- und Sabotageaktivitäten Russlands gegen Deutschland nehmen nach Einschätzung von Experten zu. Die Sorge vor Putins Einfluss wächst.

Update, 14:32 Uhr: Der Bundesnachrichtendienst (BND) sieht das Risiko einer zeitnahen Eskalation in den Beziehungen zu Russland. „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen in der Annahme, ein möglicher russischer Angriff käme frühestens 2029. Wir stehen schon heute im Feuer“, warnte der Präsident der Behörde, Martin Jäger, vor Abgeordneten im Bundestag. Die Grenzen zwischen Frieden und Krieg würden zunehmend verwischen, sagte Jäger. „In Europa herrscht bestenfalls ein eisiger Friede, der punktuell jederzeit in heiße Konfrontation umschlagen kann. Wir müssen uns auf weitere Lageverschärfungen vorbereiten.“

Jäger warnte, Russland verfolge das Ziel, die Grenzen des Westens auszutesten: Die NATO zu untergraben, europäische Demokratien zu destabilisieren, Gesellschaften zu spalten und einzuschüchtern. Außerdem müsse der BND darauf vorbereitet sein, auch unter Bedingungen eines bewaffneten Konflikts mit direkter deutscher Beteiligung handlungsfähig zu bleiben.

MAD-Präsidentin warnt vor russischen Destabilisierungsversuchen gegen Bundeswehr und Nato

Mit Blick auf Russland warnte die MAD-Präsidentin vor Destabilisierungsversuchen aus dem Ausland. „Gegnerische Akteure intensivieren ihre nachrichtendienstlichen Aktivitäten mit dem Ziel, die Bundeswehr zu unterwandern, kritische militärische Infrastrukturen zu gefährden und die Stabilität unserer Streitkräfte sowie der gesamten Nato-Allianz zu unterminieren“, sagte sie. Als Beispiele nannte sie Sabotageakte, Desinformationskampagnen zur Wahlbeeinflussung, Brandstiftungen und Drohnenüberflüge.

Die Desinformationskampagnen zielten darauf ab, „Zweifel an der Stärke und der Einheit der Nato zu säen und die Moral der Soldatinnen und Soldaten und der Zivilbeschäftigten zu beeinträchtigen“, sagte Rosenberg. Als Beispiel nannte die MAD-Präsidentin den Einsatz sogenannter Deepfakes, also gefälschter, aber realistisch wirkender Medieninhalte wie etwa Videos und Fotos. Solche Deepfakes würden genutzt, um „gefälschte Anweisungen an militärische Einheiten zu verbreiten“ und dadurch „tatsächlich eine Gefährdung der Einsatzbereitschaft herbeizuführen“. 

Erstmeldung vom 13. Oktober: Berlin/Moskau – Sicherheitsbehörden beobachten verstärkt Versuche, Menschen online für Spionageaktivitäten zu rekrutieren. Wie die Tagesschau bereits im Juni berichtete, sollen häufig russische Geheimdienste hinter den Anwerbeversuchen stehe. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs seien laut dem Bericht in mehreren europäischen Ländern sogenannte „Illegale“ enttarnt worden – Spione, die unter falscher Identität operieren. Der deutsche Verfassungsschutz geht davon aus, dass diese verdeckten Agenten inzwischen verstärkt auch in Deutschland aktiv sind.

Ukraine-Krieg: Russland beginnt neue Phase der Vorbereitung auf NATO-Krieg. Ukraine-Krieg: Russland beginnt neue Phase der Vorbereitung auf NATO-Krieg. (Symbolbild) © IMAGO/Ruslan Yarocky

Russland sieht sich seit Jahren immer wieder Vorwürfen ausgesetzt, in Deutschland und anderen europäischen Ländern Spionage zu betreiben. Sicherheitsbehörden und Experten warnen, dass dadurch sensible Informationen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in die Hände des Kreml gelangen könnten. Die Sorge vor einer gezielten Einflussnahme und Datenabfluss prägt zunehmend die Debatte über Sicherheit und Schutzmaßnahmen in Deutschland und Europa.

Deutschland unter Beobachtung: BND, Verfassungsschutz und MAD berichten über Russland

Laut einem Bericht der Bild werden die Chefs der deutschen Nachrichtendienste am Montag (13. Oktober) öffentlich vor das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages treten. Im Mittelpunkt der Anhörung steht die wachsende Bedrohung durch Russland. Demnach sollen BND-Chef Martin Jäger, Verfassungsschutz-Präsident Sinan Selen und MAD-Leiterin Martina Rosenberg darlegen, wie ernst die Sicherheitslage in Deutschland ist. Nach Angaben der Bild wird besonders die Strategie Russlands beleuchtet, darunter die zunehmende Vernetzung von Spionage, Desinformationskampagnen und Sabotageaktivitäten auf deutschem Boden. Laut Bild wird von den Geheimdienstchefs erwartet, dass sie bei ihrer Anhörung auch über Putins „Methodenmix“ berichten.

Deutschland im Visier Russlands: Selen warnt vor Cyberangriffen, Sabotage und Desinformation

In den vergangenen Wochen äußerte sich Selen in der Welt am Sonntag zur aktuellen Bedrohungslage für Deutschland. Selen warnte vor den gezielten Aktivitäten Russlands. Es gebe ein „breites Spektrum russischer Aktionen“, die sich gegen Deutschland richten. Dazu gehörten neben Low-Level-Agenten auch Cyberangriffe, Desinformation und Sabotage. All dies solle dazu dienen, Angst, Unsicherheit und Zweifel an der Demokratie zu schüren, so Selen.

Spionage, Sabotage, Drohnenangriffe – Russland steigt in „Phase Null“ der Kriegsvorbereitung ein

In Europa wächst zunehmend die Sorge vor einer möglichen Eskalation mit Russland. Wie der Tagesspiegel unter Berufung auf einen Lagebericht des Institute for the Study of War (ISW) berichtete, könnte Russland die NATO bereits deutlich vor 2036 erheblich bedrohen. Laut ISW deuten die anhaltenden Sabotageakte und Drohnenaufklärungsaktivitäten gegen Militärstützpunkte und kritische Infrastrukturen in Europa darauf hin, dass Russland bereits in die sogenannte „Phase Null“ eingetreten sei. In dieser Phase gehe es vor allem um Informationsbeschaffung und psychologische Vorbereitung auf einen möglichen Krieg zwischen NATO und Russland, so der Bericht.

Die Nato wächst und kämpft: Alle Mitgliedstaaten und Einsätze des BündnissesNato-Einsatz in AfghanistanFotostrecke ansehen

Das Bundesamt für Verfassungsschutz weist auf seiner Webseite eindringlich auf die wachsenden Gefahren durch Spionage, Sabotage und Desinformation hin. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Jahr 2022 hätten diese Aktivitäten deutlich zugenommen. Nach Angaben des Amtes ist die Hemmschwelle für Operationen gegen Deutschland auf russischer Seite gesunken. Gleichzeitig zeige der in Europa verzeichnete Anstieg von Vorfällen, die auch öffentlich Aufmerksamkeit erregen, dass Russland Gewalt zunehmend als legitimes Mittel betrachte.

AfD-Reise nach Moskau sorgt für Kritik: Politiker warnen vor Gefahr für nationale Sicherheit

Erst kürzlich sorgte die angekündigte Reise des AfD-Politikers Markus Frohnmaier nach Moskau für Diskussionen: Politiker der schwarz-roten Koalition warnten eindringlich davor, dass dadurch vertrauliche Informationen nach Russland gelangen könnten. „Die AfD war immer eine Gefahr für die nationale Sicherheit, weil große Teile ihrer Mitglieder unterwürfig gegenüber Feinden unserer Demokratie – insbesondere Wladimir Putin – agierten“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienste-Kontrollgremiums im Bundestag, Marc Henrichmann, dem Handelsblatt mit Blick auf den russischen Präsidenten. 

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte seinerseits die Parteiführung der AfD auf, „die Reise zu unterbinden, weil sie gegen deutsche Interessen steht und weil mit dem Abfluss von Informationen zu rechnen ist“. Die AfD agiere regelmäßig als „Sprachrohr und verlängerter Arm des Kremls“. „Russland nutzt russlandfreundliche Parteien wie die AfD gezielt zur Desinformation, zur Einflussnahme und Spaltung Europas“, sagte Kiesewetter dem Handelsblatt. (Quellen: Tagesschau, Tagesspiegel, dpa, Bundesamt für Verfassungsschutz, Bild, Institute for the Study of War, Welt am Sonntag, Handelsblatt) (jal)