Wie geht es städtebaulich jenseits des Hauptbahnhofs weiter? Das Rathaus tut sich schwer mit der Planung für die bisherigen Gleisflächen. Foto: Christian Milankovic
Im Gemeinderat bricht sich der Frust über die Schwammigkeit Bahn, mit der bisher das direkt an den Hauptbahnhof angrenzende Grundstück geplant wird. Nun droht die Zeit wegzulaufen.
Der Städtebau auf den heutigen Gleisflächen, der beginnen kann, wenn Stuttgart 21 einmal in Betrieb genommen sein sollte, droht zum nächsten Zankapfel zu werden. Mit der sich für Mitte 2027 abzeichnenden Außerbetriebnahme des Kopfbahnhofs rücken nun die direkt an den Bahnhof angrenzenden Areale in den Fokus.
Während die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Bahnhof mit Zukunft“ gerne den Wählerinnen und Wählern die Entscheidung überlassen würden, wie es auf dem sogenannten A-2-Areal zwischen den Bahnsteigenden und den Bahnbrücken über die Wolframstraße weitergehen soll, haben sich die Stadträte im gemeinderätlichen Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik über das direkt an den neuen Durchgangsbahnhof angrenzende Grundstück A3 Gedanken gemacht.
Bisherige Planung: schwammig, schwerfällig, zeitraubend
Wie man im Rathaus bislang mit der Planung für diese prominent gelegene Fläche, die einmal den Auftakt für das dahinter entstehenden Europaquartier und das Rosensteinviertel bilden soll, ist auf überraschend deutliche Kritik gestoßen. Einhelliger Tenor: das bisher von der Stadtverwaltung abgelieferte Prozedere dürfe sich nicht wiederholen. Zu schwammig, zu schwerfällig und zu zeitraubend sei das gewesen, was bisher geschehen sei.
Auslöser für die offene Aussprache am Ratstisch war die Ankündigung, dem im November vergangenen Jahres zu Ende gegangenen internationalen Ideenwettbewerb „Raum für Ideen“ nun ein sich bis Ende Februar kommenden Jahres hinziehendes „Werkstattverfahren“ anzuschließen. In einem solchen sollen vier Bürogemeinschaften die fünf beim Ideenwettbewerb ausgezeichneten Vorschläge daraufhin abklopfen, was weiter verfolgt, was verworfen werden soll und was womöglich aus den siegreichen Ideen zu kombinieren sei.
A-3-Areal: noch keine Idee für die Gestaltung
Wohlgemerkt: bei all dem geht es nicht um die Gestaltung des neuen Stadtbildes sondern lediglich darum, ein Konzept zu entwickeln, was inhaltlich auf A3 künftig stattfinden könnte. Eine Auseinandersetzung mit dem zu bauenden Gebäude soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Diese abermalige Unverbindlichkeit, aber auch die bislang für das Verfahren aufgelaufenen und noch zu erwartenden Kosten – insgesamt sind 1,2 Millionen Euro eingeplant – stießen bei den Stadträten auf ganz erhebliche Kritik. Beate Schiener (Grüne) nannte das Ganze „ein sehr aufwendiges Experiment, das wir auf keinen Fall so nochmal wiederholen sollten“. Stefan Conzelmann (SPD/Volt) schloss sich dem an. Er forderte vor allem den Terminplan im Auge zu behalten und nicht noch weitere Zeit zu vergeuden. „Wir reden hier vom Grundstück in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhof.“
Der Stadt gehören die Gleisflächen seit Ende 2001. Noch mangelt es an konkrten Ideen, wie der neue Stadtteil darauf aussehen könnte. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko
Michael Schrade (Freie Wähler) fühlte sich an den sprichwörtlichen Versuch erinnert, einen Pudding an die Wand zu nageln, Cornelius Hummel (FDP) monierte, das Aufgabenfeld sei zu weit gefasst. Hannes Rockenbauch (Linksfraktion), der lieber den Kopfbahnhof erhalten als die Gleise bebauen möchte, sprach von einer „Beteiligungssimulation und einem 1,2 Millionen Euro teuren Marketinggag“. Christoph Ozasek (Puls) warf die Frage auf, wie man in dem Verfahren zu einem „Ergebnis kommen kann, das uns zufriedenstellt“.
Mangels Alternativen: Mehrheit stimmt weiterem Verfahren zu
Lediglich Alexander Kotz (CDU) fand, es sei „gelungen, Ideen für das Gebiet einzusammeln“. Nun müsse es darum gehen, diese auch auf dem Areal unterzubringen. Den übrigen Mitgliedern des Ausschusses riet er, die Bedeutung zu erkennen. „So ein Grundstück gestalten zu können, passiert einem nur einmal im Leben.“ Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) ging auf die Kritiker zu und räumte ein, dass „es noch am konkreten fehlt“.
Die Mehrheit machte trotz aller Vorbehalte – oder aus Mangel an erkennbaren Alternativen – bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung, den Weg fürs von der Verwaltung vorgeschlagene weitere Prozedere frei.