Eine Filmklappe wird von einem Mann gen Himmel gehalten.

Stand: 14.10.2025 12:47 Uhr

Über den Maler Vincent van Gogh wird in den Niederlanden ein Kinofilm gedreht – direkt an der Grenze zum Emsland. Es geht um seine Anfänge als Künstler, seine Motive und seine Heimat.

von Joop Wösten

Vincent van Gogh – allein bei seinem Namen geht bei vielen Menschen das Kopfkino an. Sonnenblumen in der Vase, der Sternenhimmel über Arles oder auch das Weizenfeld mit Krähen. Satte Farben, Lebensfreude, etwas Melancholie vielleicht – das kommt hier zum Ausdruck. Es sind die Bilder, die van Gogh in den letzten Jahren vor seinem viel zu frühen Tod gemalt hat.

Die Anfänge van Goghs als Künstler

Der Filmproduzent Rob Camies.

Filmproduzent Rob Camies widmet sich den Anfängen Vincent van Goghs als Künstler.

Angefangen hatte aber alles viel früher. Hin- und hergerissen zwischen den Erwartungen seiner Familie und der eigenen Sicht auf die Welt, entschließt sich van Gogh erst mit 30 Jahren endgültig, Künstler zu werden. Und das nicht etwa in Amsterdam, London oder Paris – wo er überall schon gewesen war. Nein. In der niederländischen Provinz Drenthe, direkt an der Grenze zum Emsland wird der etwas hagere Mann mit dem roten Zauselbart zu dem Maler, den wir heute kennen. Überliefert ist dieser Prozess in 23 Briefen, die Vincent van Gogh an seinen Bruder Theo schrieb. Und so heißt jetzt auch ein niederländischer Kinofilm, der in der Region gedreht wird: „23 Briefe von Vincent“.

Kinofilm über Vincent van Goghs Leben an der Grenze zum Emsland

Und Action! Das Filmteam dreht die letzten Szenen im Bourtanger Moor. Es ist ein frischer Samstagmorgen. Böen bis Windstärke fünf fegen den Hut des van Gogh Darstellers immer wieder vom Lockenkopf. Am Himmel ziehen schwere Wolken wie hingetupft. Produzent Rob Camies freut sich. Er möchte Kino-Bilder, wie von van Gogh gemalt, erklärt der Mann, der aussieht wie die deutsche Regie-Legende Rainer Werner Fassbinder – nur das er mit niederländischem Akzent spricht. „Wir wollten nicht nur über die Figur van Gogh einen Film machen, sondern auch über die Landschaft und die Leute, die hier leben, und die ganze Geschichte darum“, sagt Camies.

Alltag auf der Leinwand des Künstlers

Schauspieler im Bourtanger Moor.

Im Bourtanger Moor malte van Gogh Einheimische und die Natur.

Darum ging es dem Maler wohl auch. Er suchte nicht nur irgendwelche Motive. Van Gogh wollte das Unverstellte, den Alltag. Bauern und Arbeiter im Moor. Er zahlte den Einheimischen ein paar Gulden, damit er sie zeichnen durfte. Begeistert waren sie nicht vom fremden, ungepflegt aussehenden Maler. Überhaupt, was war das schon für ein Beruf? Maler. Zu Lebzeiten hat van Gogh wohl nur ein einziges Gemälde verkauft. Mehr ist jedenfalls nicht belegt.

Van Goghs Briefe über seine Zeit in Drenthe

Von Oktober bis Dezember 1883 war van Gogh in der niederländischen Provinz Drenthe, sagt Camies in einer Regenpause am Filmset: „Er hat schöne Abenteuer erlebt und darüber in 23 Briefen an seinen Bruder geschrieben.“ Diese Briefe sind erhalten geblieben, wodurch sich noch heute seine Zeit in Drenthe sehr gut nachvollziehen lässt. Erst in den letzten Jahren entdecken die Menschen dort nach und nach, was für eine Bedeutung ihre Heimat für van Gogh hatte.

Van-Gogh-Haus als Museum

Ein Glücksfall, dass das alte Gasthaus, in dem der Maler lebte, nicht – wie mal geplant – abgerissen wurde. Nieuw Amsterdam heißt der Ort etwa acht Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Das zweigeschossige Gasthaus am kleinen Kanal ist heute das „Van-Gogh-Haus“. Ein kleines Museum. Zwar ohne ein Originalgemälde des Künstlers, aber: das kleine Zimmer, in dem er wohnte, ist erhalten geblieben und das Highlight des Hauses.

Originalgetreues Zimmer in den Niederlanden

Das Zimmer von Vincent van Gogh in Nieuw Amsterdam.

Im Zimmer von Vincent van Gogh in Nieuw Amsterdam hat man das Gefühl, der Künstler könnte jeden Moment durch die Tür kommen.

Die alte Holztür knarzt beim Betreten des Raumes. Etwa 12 Quadratmeter Kulturgeschichte. Das schmale Bett mit der rot geblümten Wäsche rechts. Ein Schreibtisch gegenüber, darunter ein Stövchen für warme Füße. Nicht mehr alles ist original, aber alles stammt aus der Zeit um 1880. Ein Blick aus dem Fenster öffnet die Sicht auf eine Klappbrücke über den Kanal. Den Vor-Vorläufer dieser Brücke hat van Gogh auch gemalt. Das Bild hängt heute in einem Museum in Groningen. Die Kopie steht auf einer Staffelei hier im Zimmer.

Van Gogh auf der Spur an der deutschen Grenze

Man könnte meinen, Vincent kommt jeden Moment durch die Tür rein, findet Danielle van der Ark, die hier schon hunderte Besucher durchgeführt hat. Und alle wollen von ihr wissen, warum van Gogh ausgerechnet hierherkam, um seine Bestimmung zu suchen. Danielles Akzent ist noch etwas stärker als der von Rob Camies, aber nicht weniger charmant: „Er hatte viele Freunde, auch Maler, und die hatten ihm empfohlen, nach Drenthe zu fahren. Die Landschaft ist sehr schön und für Maler sehr ‚fabelhaftig‘.“ Daher sei es sein Wunsch gewesen, noch einmal nach Drenthe zu gehen und dort auch andere Maler zu treffen, zum Beispiel Max Liebermann.

Neue Freundschaften und Motive

Das Vincent van Gogh Haus.

Das Van-Gogh-Haus befindet sich in Drenthe, direkt an der deutschen Grenze zum Emsland.

Aus diesen Treffen wurde nichts. Aber Vincent freundete sich mit der Tochter seines Vermieters an. Sie zeigte ihm die Gegend. Die Kirche von Zweeloo, die heute noch genau so steht, wird ein Motiv. Und immer wieder Landschaften. Die Weiten des Bourtanger-Moores sind hier zwar fast komplett verschwunden – aber das niederländische Filmteam ist auf der deutschen Seite der Grenze fündig geworden – und total glücklich mit „der großen Schatztruhe“, wie Rob Camies sagt.

Kam van Gogh auch nach Deutschland?

Schön wäre es ja, wenn Van Gogh damals auch den Weg über die Grenze gefunden hätte, findet Camies: „Darüber hat er nicht geschrieben, aber Nieuw Amsterdam ist nicht weit von der deutschen Grenze entfernt – und er hat jede Menge Wanderungen gemacht. Wir denken, dass er auch ein bisschen nach Osten gelaufen ist.“ Nach drei Monaten – Anfang Dezember 1883 – verlässt van Gogh Drenthe. Er hat kein Geld mehr und offenbar drückt der trostlose Spätherbst auf die Stimmung. Trotzdem – so glauben die Filmemacher – haben diese drei Monate das Leben van Goghs grundlegend beeinflusst. Erst hier habe er sich konkret entschieden, Künstler zu werden. Und nichts anderes.

Van Gogh wird erst nach seinem Tod als Künstler bekannt

Hunderte Gemälde und mehr als 1.000 Zeichnungen umfasst das bekannte Werk des Malers. Und das, obwohl er nur sieben Jahre nach seiner Zeit in Drenthe durch einen Bauchschuss starb. Die genauen Umstände werden nie aufgeklärt. Zu Ehren kommt er erst posthum – zu entdecken ist Vincent van Gogh bis heute. Auch an der niederländischen Grenze zum Emsland.

Zwei Personen sitzen vor einer digitalen LED-Replik eines Bildes von Vermeer mit einer Delfter Straßenszenes

Eintauchen in die Kunst der großen niederländischen Meister. Das gelingt nun einer immersiven Ausstellung in der Hamburger Hafencity.

er Direktor des Van Gogh Museums, Axel Rüger, und die niederländische Kulturministerin Jet Bussemaker betrachten am 21.03.2017 in Amsterdam (Niederlande) die einst gestohlenen und nun wieder aufgetauchten Gemälde «Zeegezicht bij Scheveningen» (Meeressicht bei Scheveningen, 1882) und «Het uitgaan van de Hervormde Kerk te Nuenen» (Die Kirche von Nuenen mit Kirchgängern, 1884/1885)

Die vierte Staffel des True-Crime-Podcasts startet spektakulär: Der Fall um gestohlene Van-Gogh-Gemälde bringt Host Torben Steenbuck in eine heikle Situation.