Inhalt / Kritik
Lord Doyle (Colin Farrell) ist ein erfahrener Glücksspieler, es gibt kein Casino in Macau, das er nicht kennt. Nur das mit dem Gewinnen will einfach nicht klappen, weshalb der Ire beträchtliche Schulden angesammelt hat. Tatsächlich steckt er so tief in der Bredouille, dass man ihm schon mit der Polizei droht. Als irgendwann Cynthia Blithe (Tilda Swinton) auftaucht und offensichtlich hinter ihm her ist, wird die Situation noch komplizierter. Es muss ein Sieg her und das dringend, damit er alle Schulden auf einen Schlag abbezahlen kann. Und nach einer so langen Pechsträhne ist es sogar wahrscheinlich, dass er jetzt gewinnen wird. Er braucht nur das nötige Kapital als Einsatz, davon ist er überzeugt. Dabei helfen soll ihm Dao Ming (Fala Chen), die selbst in einem Casino arbeitet und verzweifelten Spielern wie ihm Geld leiht …
Überwältigender Blick in die Abgründe
Hierzulande ist der Schweizer Regisseur Edward Berger natürlich schon länger etabliert, er inszenierte eine Reihe von Fernsehproduktionen, dazu die beiden Dramen Jack (2014) und All My Loving (2019). Inzwischen mischt er aber auch international kräftig mit. So war Im Westen nichts Neues, eine für Netflix gedrehte Neuverfilmung des Antikrieg-Klassikers, 2022 ein weltweiter Hit, der eine Reihe von Oscars erhielt. Und auch sein Papstwahl-Thriller Konklave (2024) war sehr erfolgreich und für zahlreiche Filmpreise nominiert. Entsprechend groß waren die Erwartungen an Ballad Of A Small Player, einen weiteren Thriller mit Romanwurzeln, den er für Netflix gedreht hat. Dieses Mal dürfte Berger in der Award Season jedoch eher kein Faktor sein, die Kritiken sind bislang bescheiden gewesen.
Dabei hat auch der neueste Streich des Filmemachers einiges zu bieten. Die Qualitäten werden sogar schon in den ersten Minuten offensichtlich. Ganz weit vorne ist die Optik: Berger und Kameramann James Friend, mit dem er schon bei Im Westen nichts Neues gearbeitet hatte, haben geradezu überwältigende Bilder aus der Glücksspielmetropole Macau mitgebracht. Ob es die satten Farben sind, die Kameraarbeit, manchmal auch die geradezu surrealen Settings, man weiß bei Ballad Of A Small Player gar nicht, wohin man als Nächstes schauen will. Manchmal hat man ein wenig das Gefühl, dass hier Wes Anderson nachgespürt wird, nur mit mehr Dynamik und einem stärkeren Fokus auf die Abgründe. Schließlich soll das hier ein Thriller sein, selbst wenn die Geschichte zunächst mit einem gewissen Humor verbunden ist.
Die zähe Suche nach Identität
Gleichzeitig ist die Adaption des gleichnamigen 2014 veröffentlichten Romans von Lawrence Osborne (Denen man vergibt) schon auch ein Drama. So lernen wir einen Mann kennen, der gleich in mehrfacher Hinsicht seiner Vergangenheit zu entkommen versucht. Er verlässt die Heimat, will seine Probleme hinter sich lassen, seine komplette Identität. Ballad Of A Small Player beschreibt einen Menschen, der aus einfachen und trostlosen Verhältnissen kommt und sich immer mehr in seinen Träumen verliert. Und auch sonst spart die britische Produktion nicht an traurigen Schicksalen. Die beiden anderen Frauenfiguren sind nicht wirklich glücklicher, selbst wenn sie zumindest auf den ersten Blick ihr Leben im Griff haben – anders als der Protagonist. Das ist toll gespielt, vor allem Farrell hat eine dankbare Rolle als weltfremder Träumer, der sich als jemand ausgibt, der er gar nicht sein kann. Swinton ist als schrullige Detektivin amüsant, zeigt aber nur wenig Innenleben.
Insgesamt ist es auch der Inhalt, der hier für Probleme sorgt. Das Thrillerdrama, das auf dem Telluride Film Festival 2025 Weltpremiere hatte, hat irgendwie gar nicht so viel zu sagen. So besteht ein Großteil der Handlung darin, wie der Protagonist bei Glücksspielen verliert, Gläubigern aus dem Weg geht oder sich selbst inszeniert. Das funktioniert schon, ist auf Dauer aber zu wenig. Zwischenzeitlich zieht sich der Film schon sehr. Dass Ballad Of A Small Player auf eine Wendung setzt, die nicht wirklich eine ist, macht die Sache nicht besser. Am Ende weiß man gar nicht so recht, was einem der Film denn überhaupt sagen wollte. Anders als A House of Dynamite, welches das Publikum gerade auch durch das unbestimmte Ende forderte, da zuckt man hier nur noch mit den Schultern. Das Thema Identität und Neuerfindung wurde zudem in Stiller deutlich ausführlicher besprochen.
Credits
OT: „Ballad Of A Small Player“
Land: UK
Jahr: 2025
Regie: Edward Berger
Drehbuch: Rowan Joffé
Vorlage: Lawrence Osborne
Musik: Volker Bertelmann
Kamera: James Friend
Besetzung: Colin Farrell, Fala Chen, Deanie Ip, Alex Jennings, Tilda Swinton
Kaufen / Streamen
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.