Putsch in Antananarivo
Militär verkündet Machtübernahme in Madagaskar
Aktualisiert am 14.10.2025 – 16:16 UhrLesedauer: 2 Min.
Antananarivo: In Madagaskars Hauptstadt haben sich Soldaten auf die Seite der Demonstranten gestellt. (Quelle: Mamyrael/dpa)
In Madagaskar herrschen politische Unruhen und der Präsident ist geflohen. Jetzt greift das Militär ein.
In Madagaskar hat das Militär die Macht übernommen. Eine Eliteeinheit der Armee erklärte am Dienstag in der Hauptstadt Antananarivo, sie übernehme ab sofort die Führung des Landes und löse sämtliche Institutionen bis auf das Unterhaus des Parlaments auf. Die Verfassung sei ausgesetzt, an die Stelle des Präsidentenamts trete ein Präsidentschaftsrat aus Vertretern von Armee und Gendarmerie, berichteten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend.
Die Machtübernahme folgte auf wochenlange Proteste und eine sich zuspitzende politische Krise. Präsident Andry Rajoelina, der 2023 wiedergewählt worden war, hatte am Dienstagmorgen das Parlament aufgelöst – offenbar, um eine drohende Abstimmung über seine Absetzung zu verhindern. Doch das Unterhaus votierte kurz darauf dennoch für seine Amtsenthebung. Wenige Minuten später verkündete das Militär, es habe die Kontrolle übernommen.
Rajoelina soll sich bereits am Wochenende ins Ausland abgesetzt haben. Nach Angaben aus Militärkreisen und von Diplomaten verließ er das Land an Bord eines französischen Militärflugzeugs. In einer Ansprache von einem unbekannten Ort aus erklärte der 51-Jährige, er habe sich in Sicherheit bringen müssen, da sein Leben in Gefahr gewesen sei.
Den entscheidenden Umschwung brachte der Seitenwechsel der Eliteeinheit Capsat. Die Spezialeinheit hatte sich am Wochenende offen auf die Seite der Demonstrierenden gestellt, die seit Ende September gegen die Regierung protestierten. Capsat übernahm die Führung des Militärs, setzte den bisherigen Armeechef ab und kündigte an, die politische Ordnung des Landes neu zu organisieren. Auch Polizei und Gendarmerie erklärten, sie unterstützten den Schritt.
Auslöser der Massenproteste waren zunächst tagelange Stromausfälle und Engpässe bei der Wasserversorgung. Innerhalb weniger Tage weiteten sich die Demonstrationen zu einer landesweiten Bewegung gegen Korruption, Misswirtschaft und schlechte Lebensbedingungen aus. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden seit Beginn der Proteste mindestens 22 Menschen getötet und mehr als hundert verletzt.
Am Dienstag versammelten sich erneut Tausende Menschen im Zentrum von Antananarivo. Viele bezeichneten den geflohenen Rajoelina wegen seiner doppelten Staatsbürgerschaft und seiner Nähe zu Frankreich als „Marionette“ der ehemaligen Kolonialmacht. Der französische Präsident Emmanuel Macron mahnte, die verfassungsmäßige Ordnung müsse respektiert werden. Die berechtigten Anliegen der Jugend dürften nicht von militärischen Gruppen vereinnahmt werden.
Madagaskar mit seinen rund 30 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Drei Viertel der Bevölkerung leben in Armut, das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist seit der Unabhängigkeit 1960 deutlich gesunken.