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Packen mit ihrem Engagement im Haus des Buches mit an: Sabine und Wolfgang Eschner (von links), Lothar Schimek, Brigitte Rohra, Elke Fess und Klaudia Reib. © Huckemeyer
Zwei Jahre mussten Bücherfans warten – nun sind die Türen im Waldkraiburger Haus des Buches samstags wieder geöffnet. Der Freundeskreis Stadtbücherei macht es mit seinem Engagement möglich und will damit Begegnungen schaffen und Lesen erlebbar machen.
Waldkraiburg – Da freuen sich nicht nur der kleine Ben und seine Mama, auch andere Kinder und Erwachsene sind hellauf begeistert: Seit voriger Woche (11. Oktober) sperrt die Stadtbücherei nämlich am Samstag wieder ihre Türen auf.
Büchereileiterin Bianca Mertin strahlt über das ganze Gesicht, denn sie findet diese neu geschaffene Öffnungszeit ebenfalls nur genial. In den vergangenen zwei Jahren konnten sich Leseratten am Samstag lediglich ihre Nasen an den Fensterscheiben der Bücherei platt drücken, mehr war nicht drin. Die unerfreuliche Tatsache gerade am Samstag, quasi an einem Familientag, beim Haus des Buches vor verschlossenen Türen zu stehen, rief nun wackere Waldkraiburger auf den Plan, die eine wunderbare Idee entwickelten und diese Bürgermeister Robert Pötzsch präsentierten.
Zeichen setzen für Bildung und Kultur
Engagierte Damen und Herren wollen helfen, was im Klartext bedeutet: Es gründete sich ein ehrenamtlicher Kreis, durch dessen Tatkraft die Bücherei samstags von 10 bis 13 Uhr wieder aufsperren kann. Weil Ehrenamtliche aber nicht auf Bäumen wachsen, brauchte es ein „Zugpferd“, das zielorientiert voranmarschiert. Im Falle der Bücherei nahm Sabine Eschner die Zügel in die Hand und berichtet: „Ich bin bei der Nacht der Bibliotheken als Mitorganisatorin aufgetreten und habe dabei gesehen, wie sehr die Waldkraiburger ihre Bücherei schätzen und wie bedauerlich es ist, dass die Öffnungszeiten geschrumpft sind.“
So kann es nicht weiter gehen, meinte Sabine Eschner, es müsse ein Zeichen gesetzt werden für Bildung und Kultur. Die Waldkraiburgerin holte Lesepaten und den Seniorenkreis mit ins Boot und erzählt: „Ich habe penetrant verschiedene Leute angerufen und nachgefragt, ob sie einsteigen möchten beim neuen Freundeskreis Stadtbücherei, der sich zur Aufgabe macht, die Öffnungszeiten der Bücherei zu erweitern und so deren Funktion als lebendige Bildungs- und Begegnungsstätte zu stärken.“
Mittlerweile sind es neun Personen, die am Freitagnachmittag sowie am Samstag mit je einer fest angestellten Bücherei-Mitarbeiterin ihren Dienst für die Leser versehen. Im August fing für die Ehrenamtlichen in der Bücherei eine neue Ära an. „Wir mutierten wieder zu Lehrlingen“, meinte Elke Fess schmunzelnd. Schließlich müssen die Computer-Programme sitzen und viele andere Tätigkeiten erlernt werden.
„Für junge Menschen dürfen Bücher nicht verschwinden“
„Die Nutzer der Bibliothek sind mit uns nachsichtig“, freut sich Dr. Wolfgang Eschner und er fügt hinzu: „Viele Leser sagen uns, wie froh sie sind, die Bücherei am Samstag wieder besuchen zu können, da sei es unerheblich, wenn bei der Ausleihe oder Rückgabe nicht sofort alles auf Anhieb klappt.“
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Klaudia Reib schlägt in ihrer neuen Tätigkeit als ehrenamtliche Mitarbeiterin einen Bogen hin zu ihrer Kindheit. „Ich bin schon als Mädchen Stammkundin in der Bücherei gewesen, daher mache ich beim Freundeskreis gerne mit.“ Ihre Kollegin Brigitte Rohra hakt ein und betont: „So modern digitales Lesen auch ist, für junge Menschen dürfen Bücher nicht verschwinden, wir wollen dazu einen Beitrag leisten.“
Als am 11. Oktober erstmals nach knapp zwei Jahren die Bücherei an einem Samstag wieder ihre Pforten öffnete, sind über 50 lesefreudige Waldkraiburger erschienen. Unter ihnen auch Bürgermeister Robert Pötzsch, der gesteht, persönlich schon länger kein Buch mehr ausgeliehen zu haben. Die Ehrenamtler lobte der Rathauschef in höchsten Tönen. Er ist der Ansicht: „Generell wird das Ehrenamt immer wertvoller.“
Büchereileiterin Bianca Mertin und Ehrenamtler Lothar Schimek kümmern sich um die Ausleihe von Bürgermeister Robert Pötzsch. © Huckemeyer
Zum Gerücht, das Haus des Buches könnte eventuell einer neuen Nutzung zugeführt werden, äußert sich der Bürgermeister so: „Es darf in alle Richtungen gedacht werden, auch daran, dass wir die Mittelschulen zusammen legen und die Bücherei unter Umständen ins Haus der Kultur auslagern.“ Die ehrenamtlichen Unterstützer braucht die Stadtbücherei in jedem Fall, egal in welchem Gebäude.
Samstags mit den Kindern wieder ins Haus des Buches
„Mit Häusern befassen wir uns nicht“, stellt Sabine Eschner klar, die genauso wie ihre Mitstreiter mit Freude beobachtete, wie viele Bücherfans gleich den ersten geöffneten Samstag nutzten. „Ich genieße es, am Samstag mit meinen Kindern wieder in die Bücherei gehen zu können, während der Woche bleibt dafür oft gar keine Zeit“, sagt eine junge Mutter und eine andere Besucherin dankt den Ehrenamtlichen, die diese Neuerung jetzt tatsächlich möglich machten. Eine weitere Nutzerin der Stadtbücherei ist zwar ebenfalls angetan von der Samstagsöffnung, bedauert aber: „Schade, dass die Stadt für die Erweiterung der Öffnungszeiten keine Stelle ausschrieb, schließlich müssen die Leute Geld verdienen. Man kann nicht alles Ehrenamtlichen aufbürden.“
Der kleine Ben und seine Mama Meghan nutzten gleich den ersten neuen Samstag in der Bücherei. © Huckemeyer
Über solche Themen macht sich der kleine Ben bestimmt noch keine Gedanken. Er und seine Mama Meghan packten fröhlich Spiele, Puzzles und Bilderbücher in ihren Korb. Ein Buch mit Fahrzeugen schaute sich Ben gleich in der Bücherei an, schließlich ist es dort fast so gemütlich wie daheim.
Samstags im Haus des Buches
Dass das Haus des Buches samstags wieder geöffnet ist, haben zahlreiche lesefreudige Besucher genutzt. Insgesamt kamen in den drei Stunden 82 Personen ins Haus, 174 Medien wurden ausgeliehen. Außerdem meldeten sich fünf Besucher neu an und beantragten einen Leseausweis.
Übrigens sucht der Freundeskreis Stadtbücherei noch weitere ehrenamtliche Mitarbeiter und Sabine Eschner unterstreicht: „Für Ehrenamtliche gibt es keine starren Zeitvorgaben, alles kann flexibel ausgehandelt werden.“ Weitere Auskünfte unter Telefon 08638/8728020.
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