Heute trägt die diözesane Veronika-Stiftung das Grundanliegen der Schwestern weiter, die vor 100 Jahren in Stuttgart zusammenfanden.
Bei einem Pontifikalamt mit Bischof Dr. Klaus Krämer in der Stuttgarter Konkathedrale St. Eberhard und einem sich anschließenden Festakt im benachbarten Haus der Katholischen Kirche wurde feierlich an die Gründung der Veronika-Schwestern vor 100 Jahren erinnert.
Ganz besonders die Bedürftigen und Notleidenden
In seiner Predigt lenkte Bischof Dr. Krämer den Blick auf das Gründungsjahr der Gemeinschaft. Die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts seien vor allem anfangs noch von den Folgen des Ersten Weltkriegs geprägt gewesen und auch in Stuttgart habe es große Armut und Elend gegeben. In dieser Situation hätten sich 1925 sieben katholische Krankenschwestern aus verschiedenen Stuttgarter Kliniken zusammengefunden, um eine geistliche Gemeinschaft zu gründen. Sie hätten gespürt, dass eine gute medizinische Versorgung der Kranken nicht ausreicht, sagte der Bischof und erläuterte: „Ihnen ging es darum, ihr eigenes Tun in den größeren Horizont der Liebe Gottes zu uns Menschen zu stellen – dieser barmherzigen Liebe, die jeden Menschen erreichen will – ganz besonders die Bedürftigen und die Notleidenden.“
Für die Würde eines jeden Menschen
Deshalb gehörten konkrete menschliche Zuwendung und Seelsorge untrennbar zusammen. „Wo dies transparent wird, können Menschen in der Hilfe, die ihnen zuteilwird, ein wirksames Zeichen der Liebe Gottes erfahren“, betonte Dr. Krämer. Denn in der liebevollen Zuwendung zu den Armen und Bedürftigen habe Jesus die barmherzige Liebe Gottes zu jedem einzelnen Menschen offenbar gemacht. „Diesen Anspruch an unser Handeln und unser Denken haben Christinnen und Christen immer wieder neu in ihrer jeweiligen Lebenswirklichkeit durchbuchstabiert und konkret gemacht – von den ersten Anfängen an bis in unsere Zeit hinein. Deshalb ist es unerlässlich, dass wir uns für gerechte Lebensbedingungen und die Würde eines jeden Menschen einsetzen, in unserer unmittelbaren Umgebung und im globalen Horizont“, hob der Bischof hervor und setzte hinzu, dass diese Hilfe der katholischen Hilfswerke, vieler kirchlicher Einrichtungen und Initiativen unerlässlich ist, diese aber die konkrete Zuwendung zu den Menschen, denen wir im Alltag begegnen, nicht ersetzen kann. Der Bischof hielt fest: „Das haben die Veronika-Schwestern erkannt und das haben sie gelebt.“
Gott lässt sein Volk nicht im Stich
Dafür gebe es allen Grund, Gott zu danken. „Wir danken für das, was er an den Schwestern und durch sie gewirkt hat. Wir danken dafür, dass durch ihren Dienst viele Menschen etwas von der barmherzigen Liebe Gottes erfahren haben und für die Impulse, die sie dadurch für ihr eigenes Leben mit auf den Weg bekommen haben. Wir danken Gott dafür, dass sie durch ihre Präsenz in Stuttgart das Bild der katholischen Kirche über eine lange Zeit mitgeprägt haben.“ Und der Bischof verwies darauf, dass die Veronika-Stiftung dieses Grundanliegen der Schwestern in einer anderen Form, aber in demselben Geist, bis heute weiterträgt. Er sagte: „Gott ist ein Gott, der die Not der Menschen wahrnimmt und sich ihnen heilvoll zuwendet. Dieser Gott lässt sein Volk nicht im Stich. Er ist ihm nahe – auch in der größten Not, ja gerade in der größten Not.“
Bei dem sich anschließenden Festakt im Haus der Katholischen Kirche kamen mehrere Gäste zu Wort – unter anderem Dr. Andreas Holzem, Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. In einem Interview der Veranstalter mit ihm zum Thema, was das Engagement der Veronika-Schwestern für uns heute bedeutet und was wir daraus lernen können, antwortete er sinngemäß, dass es für Christinnen und Christen darum geht, im Beruf, im Engagement und im Alltag die Vereinzelung in der Gesellschaft als Herausforderung zu erkennen, um dann dagegen anzugehen: indem wir im Sinne der Veronika-Schwestern zueinanderfinden und dem christlichen Glauben gemeinsam eine produktive, ertragreiche Form geben.