Das Techno-Duo Pan-Pot spielt am 18. Oktober im Fridas Pier Stuttgart. Im Interview verraten die beiden, warum sie trotz riesigem Erfolg am liebsten in kleinen Clubs auflegen.

Pan-Pot, das sind Thomas Benedix und Tassilo Ippenberger. Das Berliner Techno-Duo zählt seit Jahren zu den Headlinern internationaler Techno-Events. Ob Time Warp, Awakenings oder die Zürcher Street Parade – ihre Auftritte füllen weltweit die Dancefloors. Doch auch Stuttgart steht regelmäßig auf ihrer Tourkarte: Am 18. Oktober kehren sie ins Fridas Pier zurück und feiern dort zugleich den Geburtstag von Thomas Benedix.

Im Gespräch erzählen die beiden, warum sie immer wieder gern nach Stuttgart kommen, wie sich Techno und die Szene über die Jahre verändert haben – und wieso sie neben ihrem ersten Label Second State nun mit Human ein zweites gegründet haben.

Thomas Benedix, Sie haben am 18. Oktober, wenn Sie im Fridas Pier spielen auch Geburtstag. Wird das auch für Sie eine große Party?

Benedix: Ich werde 45 Jahre alt und habe 20 harte Jahre Techno auf dem Buckel. Vor etwa einem Jahr dachte ich, es wäre an der Zeit, etwas weniger Party zu machen – und bisher funktioniert das ganz gut. An meinem Geburtstag würde ich gerne vor unserem Auftritt ein Essen organisieren. Aber wir werden an dem Abend auf jeden Fall auch anstoßen und Spaß haben.

Nach der Sommer-Festival-Saison folgen jetzt wieder mehr Auftritte in Clubs. Was macht mehr Spaß?

Benedix: Im Club kannst du mit deiner Musik eine Geschichte erzählen, dein Set hat einen roten Faden. Bei einem Festival spielst du dagegen kürzer, oft vor viel mehr Menschen. Im Club bist du näher an den Leuten dran: Du nimmst ihre Energie auf und gibst deine Energie zurück. Wenn ich mir eines aussuchen müsste, würde ich immer den Club wählen.

Ippenberger: Ich auch.

Benedix: Wenn du es richtig machst, verschmilzt du mit dem Club zu einem Lebewesen. Alle haben denselben Vibe – so sollte es ja auch auf einem Rave sein. Bei einem Festival hast du dagegen keine homogene Masse.

Ippenberger: Im Club aufzulegen fühlt sich auch ein bisschen mehr nach Kunst an, finde ich. Wenn uns ein Club gefällt, spielen wir dort auch gerne immer wieder, wie im Fridas Pier. Die Location – ein Boot – ist wirklich etwas Besonderes.

Sie haben Anfang dieses Jahres ein zweites Label gegründet. Wieso?

Ippenberger: Dahinter liegt der Wunsch, uns freier zu machen. Auf unserem ersten Label Second State haben wir uns in ein Genre eingegliedert und festgesetzt. Während der Pandemie hatten wir eine sehr harte und schnelle Phase und spielten bis zu 140 BPM. Mit Human wollen wir wieder etwas langsamer und grooviger werden. Wir haben auch schon jede Menge Musik in den Startlöchern und planen, etwa alle vier Wochen einen neuen Track zu veröffentlichen.

Benedix: Wir kommen eigentlich vom Minimal-Techno und waren lange ziemlich gut darin, einen Spagat zwischen House und Techno zu schaffen. Dann sind wir etwas in den Techno abgedriftet, was auch Spaß gemacht hat. Mit Human wollen wir jedoch wieder zu unseren Wurzeln zurückkehren und ein breites Spektrum an Musik auflegen.

Also eigentlich gegen den Trend?

Ippenberger: Es gibt seit der Pandemie einen unglaublichen Hype um harten und schnellen Techno. Andere Genres der elektronischen Musik, wie Melodic Techno oder Tech-House, sind aber auch weiterhin beliebt; sie haben seitdem nicht an Bedeutung verloren.

Benedix: Die Musik ist viel facettenreicher und vielfältiger geworden. Es gibt heute so viele unterschiedliche Genres und Richtungen. Der schnelle Techno, der heute so beliebt ist, ist eigentlich auch nicht neu. Das gab es auch schon früher.

Ippenberger: Wie die Musik damals auf der Loveparade – super schnelle Beats. Die wurde auch im Fernsehen übertragen und war absolut gehyped. Das Ganze wurde aber nicht ganz so global und massentauglich verwertet, wie es heute passiert. Da gibt es auch Entwicklungen, die ich fraglich finde.

Die da wären?

Ippenberger: Viele Vocals und Hooks, die man aus den 90er-Jahren kennt, aus irgendwelchen Eurodance-Tracks, tauchen jetzt im Hardtechno und im TikTok-Techno auf, und die Kids definieren das als den neuen heißen Scheiß. Bei manchen Sachen denke ich mir: Das fand ich damals schon scheiße – und jetzt wird es wieder gefeiert? Es wäre schön, wenn sich manche etwas mehr mit der Musik beschäftigen würden.

Benedix: Mich stört ja, dass es in Clubs so hell geworden ist. Früher waren die irgendwie dunkler. Ich finde es geiler, wenn es dunkel ist.

Ippenberger: Immer häufiger sieht man auf großen Veranstaltungen große LED-Animationen. Klar filmen die Leute das auch. Das kann schon stören, aber ich kann auch nachvollziehen, dass die Leute die Lichtinstallation festhalten wollen. Dennoch leidet das Musikerlebnis darunter.

Musik aufzulegen wird dagegen immer zugänglicher für viele Menschen. Das nötige Equipment ist mittlerweile erschwinglich, und Songs müssen nicht mehr gekauft werden – sie können einfach gestreamt und direkt gemixt werden.

Ippenberger: Das war, als wir angefangen haben, noch ganz anders. Wir kommen aus einer Zeit, in der man noch mit Platten aufgelegt hat. Das brachte oft große Probleme mit sich: Plattenspieler kaputt, Nadel abgebrochen, Platten verloren – alles schon erlebt.

Benedix: Ich erinnere mich noch an eine Platte von DJ Hyperactive. Zwei Jahre lang bin ich ihr hinterhergejagt, bis ich sie endlich in einem Plattenladen gefunden habe. Heute lädst du dir den Track einfach herunter. Aber ich bin froh, dass das Musikmachen und Auflegen heute zugänglicher geworden ist. Ich finde es richtig, dass viele Menschen günstig und unkompliziert Musik machen können. Und wer gut ist, wird damit auch erfolgreich sein.

Pan-Pot spielen am Samstag, 18. Oktober, am Fridas Pier. Beginn ist um 23 Uhr, Ende ist am Sonntagmorgen gegen 6 Uhr. Tickets gibt es hier.

Pan-Pot bestehen seit 20 Jahren

School of Audio Engineering
Benedix und Tassilo haben an der Berliner School of Audio Engineering den Studiengang Electronic Music Producer studiert und sich darüber kennengelernt.

Panoramapotentiometer
Pan-Pot steht für Panoramapotentiometer. Einem Regler auf dem Mischpult, mit dem ein Signal zwischen dem rechten und linken Lautsprecher bewegt werden kann.