Es ist ein gängiges Phänomen: Wenn Konzepte oder Begriffe einen Hype erfahren, werden sie oft von ihrem eigentlichen Kern entkoppelt. So auch die „Achtsamkeit“, die als Trendbegriff mittlerweile mehr Augenrollen als bewusstes Leben hervorbringt. Denn eigentlich bedeutet „Achtsam sein“, den Moment bewusst und urteilsfrei zu erfahren, ins Spüren zu kommen.
Eine Szene, in der Achtsamkeit immer mehr gelebt wird, ist die Clubszene. Vor ein paar Jahren, während der Corona-Pandemie, bildeten sich junge Techno-Kollektive, die ganz selbstverständlich Awareness-Teams zum Teil ihres Konzepts erklärten. An die Teams können sich Rave- oder Clubgäste wenden, wenn es ihnen nicht gut geht. Das Aufeinander-Achten wurde immer mehr institutionalisiert.
Dazu ist Tanzen gehen die Achtsamkeitsübung schlechthin: Musik spüren, die Atmosphäre wahrnehmen, loslassen. Für viele Clubgängerinnen ist Tanzen gehen ein kathartischer Vorgang. Das sehen auch viele DJs so.
Etwa DJ Feeltomuch. Er legt am Freitag in der Roten Sonne bei der aktuellen Ausgabe der Veranstaltungsreihe „Lucid Glow“ auf. Sein Motto: „Clubbing is Group Therapy!“, die Cluberfahrung als Gruppentherapie, und „Therapy Through Music“, Musik als Therapie. Seinen Sets ist eine positive Grundstimmung eigen, auf melancholische Parts folgen heitere, sie sind sozusagen grundlos vergnügt.
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Ende Oktober geht es von draußen nach drinnen in der Stadt: Bei großen Shows in der Olympiahalle von „Simply Red“ über Nina Chuba bis Hans Zimmer, und ebenso bei Shows in intimem Rahmen oder dem großen Festival der Stimmkunst „Vokal Total“.
Ähnlich ist das bei seiner Line-up-Kollegin Äxolotl und dem DJ- und Produzenten-Duo Andata, die auch am Freitag bei „Lucid Glow“ auflegen. Andata aus Hamburg bringen doppelte Energie mit, sie tanzen und springen mit beinahe sportlichem Ehrgeiz während ihrer Sets losgelöst herum.
Ebenfalls fürs hemmungslose Tanzen zu haben, ist die queere DJ Anxa. Sie wird mit ihrem Auftritt die Clubnacht beenden. Ihr erklärtes Ziel ist es, die „Booties, Bodies und Brains“ ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer in Bewegung zu setzen. Sie ist Teil des queerfeministischen WUT-Kollektivs und Resident bei Garry Klein und bei Electroamore, dem Mehrgenerationen-Kollektiv, das in München derzeit das Nachmittagsclubbing nach vorn bringt.
Nach vorn gehen auch die Sounds, die Anxa für ihre Sets auswählt. Sie ist im House und Techno zu Hause und freut sich auf ihren ersten Gig bei „Lucid Glow“. „Ich werde am Freitag eine schnellere Seite von meinem Sound zeigen, die ich sonst nicht so spiele“, sagt sie in Vorbereitung auf den Abend, denn „Lucid Glow“ hat sich besonders fröhlichem Trance verschrieben. Anxa überlegt sich im Vorfeld, wie sie das Publikum mitnehmen will. „Manchmal male ich mir das sogar auf“, sagt sie, um Musik und Menschen optimal aufeinander abzustimmen. Ihre Vorfreude auf den Abend wird sie auf jeden Fall in ihre Setlist übersetzen, damit fröhlich und achtsam geravt werden kann.
Lucid Glow, Freitag, 17. Oktober, Rote Sonne, Maximiliansplatz 5
