Trump hält sich mit Sicherheit selbst für „historisch“. Im Guten wie im Schlechten dürfte ihm tatsächlich ein Platz in den Geschichtsbüchern sicher sein: für seine Demontage der liberalen Demokratie ebenso wie für die Waffenruhe im Krieg zwischen der Hamas und Israel.
Davon gehe ich ebenfalls aus. Fest steht, dass Trump sich kritikresistent gemacht hat, indem höhere Werte bei ihm kaum mehr vorkommen. Andererseits wirkt er gerade deswegen nahezu glaubwürdiger als so mancher seiner Vorgänger, denn Trump ist ein ehrlicher Lügner: Trump weiß, dass er lügt, seine Verhandlungspartner wissen, dass er lügt, ja, selbst seine Anhänger wissen, dass er lügt. Wenn moralische Standards fallen, ist das gleichwohl schlimm, denn dann herrscht die nackte Gewalt, das Recht des Stärkeren. Niemand muss – oder darf – sich darüber Illusionen machen.
Nun haben sich Deutschland und Europa eine Menge Illusionen über Donald Trump und die erodierende Weltordnung gemacht, wie Sie es auch in Ihrem Buch „Die Welt nach dem Westen“ analysieren.
Die Welt, die Europa im 19. Jahrhundert geschaffen hat, kann der Westen nicht mehr allein beherrschen. Anstatt aber ein würdevolles Abstiegsmanagement einzuleiten und sich in die neue Weltordnung einzugliedern, setzt man aber immer eher auf das Prinzip Hoffnung. Es ist aber eine Tatsache: Der Westen steigt ab. Diese Angst ist völlig berechtigt.
Wie sehr haben wir uns in Deutschland selbst belogen, was die Zukunft angeht?
Deutschland hatte sich besonders bequem im Ende der Geschichte eingerichtet. In den Neunzigerjahren galt es nach dem Ende des Kalten Krieges als unumstößliche Tatsache, dass die Welt liberal und amerikanisch dominiert bleiben würde. Was hätte das für das vereinte Deutschland bedeutet? Auf ewig billiges Gas aus Russland, beste Geschäfte mit China, während die USA als Schutzmacht die Sicherheit leisten. Eigentlich war es der perfekte Deal.
Allerdings hatte dieser Deal ein Ablaufdatum, das spätestens Wladimir Putin, Xi Jinping und Donald Trump festlegten.
Exakt. Heute wird diese Politik aus guten Gründen kritisiert, aber aus der damaligen Perspektive war das – national gesehen – alles überaus positiv. Wir haben massiv von der Unipolarität zugunsten der USA nach dem Kalten Krieg profitiert, doch der Scheck war nicht gedeckt. Die Weltgeschichte löste sich nicht in liberalem Wohlgefallen auf.