Ein betagter Anwalt klagte in eigener Sache und reichte seine Klage per Post ein. Das FG Berlin-Brandenburg wies die Klage als unzulässig zurück. Der Mann hätte das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) nutzen müssen.

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass auch ein 71-jähriger Rechtsanwalt mit nur noch geringer Beratungstätigkeit verpflichtet ist, bei einer Klage in eigener Sache das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) zu nutzen – unabhängig davon, ob er als Anwalt auftritt oder nicht. Alter und reduzierte Tätigkeit rechtfertigten keine Ausnahme. (Gerichtsbescheid v. 16.09.2025, Az. 3 K 3179/24).

Der Anwalt klagte gegen einen Grundsteuererwerbsbescheid zu seinen Eigentumswohnungen. Die Klage reichte er per Post beim FG-Berlin-Brandenburg ein. Dabei wies er nicht auf seine Zulassung als Rechtsanwalt hin. Erst im Verlauf des Verfahrens (als die Klagefrist bereits abgelaufen war), stellte sich heraus, dass er zugelassener Rechtsanwalt ist. Das Gericht wies folglich auf die Möglichkeit der Unzulässigkeit der Klage hin.

Denn seit dem 01.01.2022 gilt für alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte eine aktive beA-Nutzungspflicht. Diese verpflichtet Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, den Gerichten Dokumente elektronisch zu übermitteln.

Der Anwalt hielt dem entgegen, dass er in dem Verfahren als Privatperson gehandelt habe, inzwischen auch keine Verfahren als Anwalt mehr führe und deswegen auch nicht der beA-Nutzungspflicht unterliege. Er sei mittlerweile nur noch beratend tätig und stünde nicht in täglichem Austausch mit dem Gericht, sodass er das beA nicht bräuchte. Die elektronische Einrichtung nach § 52d FGO sei ihm außerdem unzumutbar und er daher nicht verpflichtet, ein solches Postfach zu verwenden. Über eine Verfahrensbevollmächtigung seines Sohnes beantragte er schließlich die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Begründung: Er sei einem Rechtsirrtum unterlegen.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab und stellte klar, dass diese fristgerecht auf elektronischem Weg hätte eingereicht werden müssen. Auch sei es dem Kläger zumutbar und von ihm erwartbar gewesen, im Bilde über die Pflicht zur elektronischen Übermittlung gewesen zu sein.

Rollen- oder Statusbezogenes Verständnis des § 52d Satz 1 FGO?

Entscheidend war in dem Verfahren letztlich die Frage, wie § 52d Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) zu verstehen ist.

Durch § 52 Satz 1 FGO wird die Pflicht für Rechtsanwälte und Behörden begründet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronische Dokumente zu übermitteln. Es galt somit zu klären, ob eine solche Pflicht auch bei Klageerhebung durch einen Rechtsanwalt in eigener Sache besteht, wenn dieser explizit nicht in seiner Rolle als Anwalt auftritt.

Der Dritte Senat des FG-Berlin-Brandenburg sprach sich für ein statusbezogenes Verständnis des § 52d Satz 1 FGO aus. Ein Rechtsanwalt sei unabhängig vom konkreten Auftreten stets verpflichtet, das beA zu nutzen. Dies gelte auch, wenn keine anwaltliche Vertretung vorliege, sondern der Betroffene als natürliche Person selbst Klage erhebe. Zweck der Norm sei schließlich die Etablierung eines durchgängigen elektronischen Rechtsverkehrs. Voraussetzung dafür sei eine möglichst umfassende Nutzung durch alle professionellen Verfahrensbeteiligten. 

Bereits der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in der Vergangenheit ähnlich geäußert (Beschl. v. 04.04.2024, Az. I ZB 64/23; Beschl. v. 27.03.2025, Az. V ZB 27/24).  Es käme auf den berufsrechtlichen Status und nicht die konkrete Rolle im Verfahren an. Der Sinn dahinter: Ein effizienter elektronischer Rechtsverkehr, Entlastung der Justiz und die Vermeidung von Medienbrüchen.

Gericht: beA-Nutzung ist auch Älteren zumutbar

Nicht gelten lies das FG auch das zweite Argument des 71-Jährigen, dass die Nutzung des beA für ihn aufgrund seines hohen Alters und seiner Technikferne unzumutbar sei. Laut Gericht besteht eine berufsrechtliche Verpflichtung aller in Deutschland zugelassener Rechtsanwältinnen und -anwälte, sich mit den genutzten technischen Infrastrukturen vertraut zu machen.

Auch, so das FG, habe sich der Senior nicht in einem Rechtsirrtum befunden. Denn breits zum Zeitpunkt der Klageerhebung hätte der Anwalt Zugriff auf diverse Literatur gehabt, nach deren Lektüre ihm klar geworden wäre, dass auch für ihn eine beA-Nutzungspflicht besteht.

Gleichwohl hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Eine höchstrichterliche Klärung sei bei einer Frage, die so viele Anwälte und Anwältinnen betrifft, zu begrüßen.

pz/LTO-Readaktion

Zitiervorschlag

Finanzgericht Berlin-Brandenburg:

. In: Legal Tribune Online,
15.10.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58389 (abgerufen am:
15.10.2025
)

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