Viermal 25000 Euro für vier Preisträger – das ist die Bilanz des 3. Stuttgarter Innovationspreises, der am Dienstagabend im Rathaus verliehen wurde. Für rund 300 Gäste noch viel interessanter: Die Vorstellung der Bewerberteams der vier Kategorien beeindruckte mächtig mit Einfallsreichtum. Sogar den Nobelpreisträger für Physik von 1985, Klaus-Olaf von Klitzing, der als Laudator prompt die Einladung des von ihm vorgestellten Preisträgers der Kategorie Digitalisierung annahm: „Ich komme gerne zu Ihnen.“

Die Einladung ausgesprochen hatte Michael Förtsch, und der Vorstandsvorsitzende – oder neudeutsch: CEO – der Q.ant GmbH verspricht nicht weniger als dies: „Es geht um eine neue Ära des Computings und die beginnt bei Qant in Stuttgart.“ Förtschs Firma gibt es mit Unterstützung des Laserspezialisten Trumpf seit 2018 und sie hat bereits 100 Mitarbeitende. Umkrempeln wollen er und sein Vize Andreas Abt die Computerwelt, indem sie ihre Prozessoren mit Lichtteilchen (Photonen) anstatt mit Strom (Elektronen) funktionieren lassen. „Schon die erste Generation unserer Prozessoren arbeitet 30-mal effizienter als die bisherige Technologie“, sagt Förtsch.

Diese Stuttgarter Firma spart massiv Strom für alle

Was das den Menschen bringt? Computer mit den sogenannten photonischen Prozessoren sind nicht nur erheblich schneller, sie müssen auch nicht aufwendig gekühlt werden, weshalb mit ihnen riesige Mengen Energie gespart werden könnten. Da die Künstliche Intelligenz ihren Siegeszug im Sturm hinlegt, werde sie laut Förtsch schon in zwei Jahren weltweit einen jährlichen Verbrauch in Höhe des Energiebedarfs von ganz Japan hinlegen – mit den alten Prozessoren. Im Silicon Valley haben die Q.ant-Leute die neuen jedenfalls schon präsentiert.

In Stuttgart produzieren sie ihre Chips – zur Anwendung kommen sie bisher in München, im dortigen Leibniz-Rechenzentrum. München liegt in Sachen Innovation eben gerne mal noch vor Stuttgart, wie Oberbürgermeister Frank Nopper in seiner Begrüßung einräumen musste – vielleicht sind die Bayern einfach zupackender.

Diese Stuttgarter Firma spart Pflanzengift

Der Gewinner im Bereich Start-up, junge Firmengründungen, bereitet der KI nicht das Feld, sondern setzt sie ein: Die Firma SAM-Dimension, deren Keimzelle in der Uni Hohenheim liegt, dient der Landwirtschaft. Sie überfliegt mit einer Drohne einen Acker, der mit Unkrautmittel behandelt werden soll. Die Drohne erfasst jeden Unkrautkeimling auf jedem Quadratzentimeter eines Feldes und ordnet ihm eine Position auf einer virtuellen Karte zu. Mit diesem Programm ist es möglich, das Herbizid mit dem Traktor und der Feldspritze punktgenau nur dort zu sprühen, wo es benötigt wird.

Vor dem Einsatz von Pestiziden sammelt die Drohne erst einmal Daten. Foto: Sam-Dimension GmbH

„Damit können wir bis zu 90 Prozent weniger Herbizid erzielen und Mehrerträge von bis zu zehn Prozent“, nennt Geschäftsführer Alexander Linn die schlagenden Argumente für diese Innovation. Die Jury des Innovationspreises hat das überzeugt. Wichtig war für sie auch, dass das System mit jeder handelsüblichen Technologie in diesem Bereich angewendet werden kann.

Diese Stuttgarter Firma macht Gas aus Müll

In der Kategorie Nachhaltigkeit und Soziales abgeräumt hat die Cyclize GmbH, die in der Innovationsschmiede Arena 2036 auf dem Unicampus in Stuttgart-Vaihingen beheimatet ist. Cyclize verwandelt komplexe Abfälle wie Elektrogehäuse, geschredderte Autos oder alte Schuhe mit CO₂ in einem sogenannten Plasmaverfahren in hochwertiges Synthesegas, das wiederum für die Produktion vieler Kunststoffprodukte eingesetzt werden kann. „Das trägt zur Lösung globaler Probleme bei“, sagt Mitgründer Stephan Renninger, weil das Verfahren sogar klimaschädliches CO₂-Gas einspart, ohne einen Aufpreis zu benötigen. Was Cyclize brauche, um die Innovation in die Welt zu bringen, erklärt Renninger anderen aus dem Team anscheinend nicht konkret genug. „Wir brauchen 25 Millionen!“, ruft es aus dem Publikum. Mit dem Stuttgarter Innovationspreis also noch 24975000.

Diese Stuttgarter Firma bereitet autonomes Fahren vor

In der Kategorie Mobilität gewonnen hat die Firma Deep Scenario, die sich daran stört, dass es in Kalifornien autonom fahrende Autos gibt, im Mutterland des Automobils aber nicht. „Eine Schlüsseltechnologie, die wir unbedingt nach Deutschland bringen wollen“, sagt Mitgründer Holger Banzhaf. Deep Scenario will dabei helfen, indem echte Drohnen-Aufnahmen von Verkehrsgeschehen in eine KI-Software eingebunden werden, die eine realistische Simulation ermöglicht, ohne dass ein echtes autonomes Auto getestet werden muss. Dies soll die Entwicklung beschleunigen, Kosten senken und vor allem helfen, die Autos erst auf die Straße zu lassen, wenn sie wirklich sicher genug sind.

Laudator Ulf Merbold, der Physiker und Astronaut, sagte launig: „Ich werde immer gefragt, wann wir zum Mars fliegen, jetzt frage ich mal, wann fahren diese Autos hier?“ Linn entgegnet zuversichtlich: „In wenigen Jahren ist das auch in Stuttgart möglich.“

Zum dritten Mal 100 000 Euro

Preis
Der Stuttgarter Innovationspreis in den Kategorien Mobilität, Digitalisierung, Nachhaltigkeit & Soziales sowie Start-up ist am 14. Oktober zum dritten Mal seit 2021 vergeben worden. Ausgerichtet wird der Wettbewerb von der Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt alle zwei Jahre.

Resonanz
Oberbürgermeister und Gastgeber Frank Nopper sagte bei der Preisverleihung im großen Sitzungssaal des Rathauses: „Mit 144 Bewerbungen verzeichnen wir eine enorm hohe Beteiligung am Stuttgarter Innovationspreis 2025. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber den Vorjahren und zeigt, dass Stuttgart als Innovationsstandort weiter an Dynamik gewinnt.“