Er tanzte im Kings Club, sang in der Schleyerhalle und wird bei der Oper still geehrt. Zum Comeback von „We Will Rock You“ erinnern wir an die Spuren von Freddie Mercury in Stuttgart.

Am 17. Oktober feiert das-Musical „We Will Rock You“ im Palladium-Theater auf den Filderhöhen seine Comeback-Premiere. Wir erinnern aus diesem Anlass an die besonderen Verbindungen von Queen-Sänger Freddie Mercury zu Stuttgart   – und an einen Ort, an dem ihm still gedacht wird.

Es ist ein Ort, der kaum auffällt. Unweit der Staatsoper ist der Gedenkstein für Freddie Mercury ins Pflaster des Oberen Schlossgartens eingelassen – es ist ein Pflasterstein unter vielen, leicht zu übersehen. Doch er ist Teil einer berührenden Kunstinstallation, die an all jene erinnert, die an den Folgen von Aids gestorben sind.

Eine Kunstinstallation von Tom Fecht im Auftrag der Deutschen Aidshilfe

Der Stein gehört zum Projekt „Mémoire nomade – Namen und Steine“ des Berliner Künstlers Tom Fecht. Das Projekt entstand 1994 im Auftrag der Deutschen Aids-Hilfe. In mehreren Städten – darunter Berlin, Frankfurt, Paris, Luxemburg und eben Stuttgart – wurden Pflastersteine mit den Namen von Verstorbenen beschriftet. Neben etlichen Namen von unbekannten Menschen sticht ein weltberühmter Name hervor – der vor Freddie Mercury.

In Stuttgart war die Installation von 1994 bis 2002 auf dem Schillerplatz zu sehen, wo am Welt-AIDS-Tag (1. Dezember) der Wut- und Trauermarsch der Aids-Hilfe Stuttgart mit einer Kranzniederlegung und einer Gedenkminute geendet hat. Das Kunstprojekt erinnert an die Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer der Nazi-Diktatur.

Der erste Ort der Gedenksteine war „ein wenig respektlos“

2002 erfolgte die Verlegung des Kunstprojekts an die Staatsoper, wo man sich eine bessere Beachtung wünschte. Man habe den neuen Ort ausgewählt, weil am alten Schillerplatz immer wieder Stände des Wochen- und Weihnachtsmarktes die Gedenksteine überdeckten und sich Müll ansammelte. „Das war nicht sehr respektvoll“, sagt Clublegende Laura Halding-Hoppenheit, Vorstandsmitglied der Stuttgart Aids-Hilfe.

Freddie Mercury, der 1991 an AIDS starb, trat mit Queen mehrfach in Stuttgart auf, etwa am 27. September 1984 in der Schleyerhalle. Der Eintritt kostete damals 26 Euro im Vorverkauf. Der Blick auf die Setliste zeigt: Mit „Tear it Up“ fing es an, als fünftes Stück kam „Killerqueen“. Song Nummer 24 war „Bohemian Rhapsody“. Und als Zugabe gab es „We Will Rock You“ und „We Are The Champions“.

Laura Halding-Hoppenheit, Chefin des legendären Kings Clubs, erinnert sich gern an die Besuche von Freddie Mercury in ihrer Schwulendisco. Foto: Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Freddie Mercury war auch privat häufig in Stuttgart. Wenn er hier war, zog es ihn regelmäßig in den legendären Kings Club, einer bekannten Schwulendisco in Deutschland.

„Zum Glück gab es damals keine Handys“

Clubchefin Laura Halding-Hoppenheit, zu deren „Kinder“ auch Harald Glööckler zählte, erinnert sich: „Freddie sah gut aus, war ruhig, zurückhaltend. Viele haben sich in ihn verliebt. Einmal kam er mit Barbara Valentin. Zum Glück gab’s damals keine Handys – sonst hätte er keine Ruhe gehabt. Er wollte tanzen, trinken, Sex haben, leben.“

Laura Halding-Hoppenheit wird am Freitag bei der zweiten Stuttgart-Premiere von „We Will Rock You“ dabei sein. Sie ist als Ehrengast geladen. Da kommen zahlreiche Erinnerungen hoch.

Als 1981 die ersten Fälle von Aids auftraten, war die Wissenschaft ratlos. Von einer „Schwulenseuche“ war die Rede. Für Millionen Menschen begann weltweit das große Leid. Die Aids-Epedemie brachte das große Sterben auch nach Deutschland. Zahlreiche Menschen verloren Freunde, Partner, Geschwister oder die eigenen Kinder.

Stuttgarter Aids-Hilfe feiert ihr 40-jähriges Bestehen

Angst wurde zum vorherrschenden Gefühl. In vielen Städten entstanden Aids-Hilfen. In Stuttgart geschah dies vor genau 40 Jahren. Zum Jubiläum gibt es am 5. November, 18 Uhr, einen Empfang im Stuttgarter Rathaus, bei dem OB Frank Nopper spricht. Man feiert das Erreichte und blickt in die Zukunft. Aids ist heute kein Todesurteil mehr.

Freddie Mercury hielt seine Aids-Erkrankung lange geheim. Erst einen Tag vor seinem Tod ließ der ehemalige Queen-Sänger öffentlich erklären, dass er an Aids erkrankt sei. Dem Journalisten und Freund David Wigg hatte er sich jedoch zuvor anvertraut. In einem Interview, das nun in einer Dokumentation veröffentlicht wurde, sagte Mercury: „Ich bin fast zu einer Nonne geworden. Ich dachte immer, Sex sei sehr wichtig für mich – ich habe für den Sex gelebt. Und jetzt bin ich völlig in die andere Richtung gegangen. Es hat mich zu Tode erschreckt. Ich habe aufgehört, Sex zu haben.“

Den Reporter bat er damals, dieses Detail nicht zu veröffentlichen. „Das Geheimnis musste bewahrt werden“, berichtete Wigg, „weil Freddie hoffte, dass es noch eine Art Heilung geben könnte oder dass die Medikamente, die er gegen die Krankheit einnahm, ihm helfen würden, durchzukommen.“ Die Medikamente, die wirklich helfen und vor dem Tod bewahren können, kamen erst später.

Stiller Stein erinnert an eine laute Stimme

Jetzt also kehrt „We Will Rock You“ laut zurück, weshalb der stille Gedenkstein für die Aids-Toten wie Freddie Mercury im Schlossgarten neu entdeckt wird. Die Kunstinstallation im Schlossgarten ist leicht zu übersehen – und doch erzählt sie eine große Geschichte. Dieser stille Stein erinnert an eine laute Stimme – an eine Stimme, die einzigartig war und noch immer tief berührt.