Ein Fotograf fotografiert das Logo und den Schriftzug der Frankfurter Buchmesse. Buchmesse Frankfurt 2025.

Stand: 15.10.2025 20:09 Uhr

Warum schließen immer mehr Buchhandlungen, obwohl die Branche steigende Umsätze verzeichnet? Warum werden Erwachsene zu Lesemuffeln, während Teenager den Buchmarkt aufrollen? Aktuelle Zahlen, Antworten und Perspektiven zum Start der 77. Frankfurter Buchmesse.

Während die Zahl der Lesemuffel in Deutschland weiter steigt, wird die Buch-Branche vor allem von einem Teenie-Trend über Wasser gehalten: aufwändig gestaltete Bücher für junge Menschen, Romance in allen nur erdenklichen Schattierungen. Für Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Buchhandels, auch auf dieser Buchmesse enorm wichtig.

„Young Adult ist das Wachstumssegment schlechthin“, sagt Schmidt-Friderichs. Über 25 Millionen mit dem Hashtag #Booktok empfohlene Bücher seien 2024 in Deutschland verkauft worden, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr.

Emotionen, Tränen, Romance: Die Buchbesprechungen von Tiktok beflügeln die Verkaufszahlen. Was lange als leichte Lektüre belächelt wurde, hat mittlerweile auf der Frankfurter Buchmesse eine eigene Halle. Bei den 13- bis 15-Jährigen sind die Ausgaben für Bücher in den vergangenen fünf Jahren um 32 Prozent gestiegen, bei den 16- bis 19-Jährigen gar um 77 Prozent.

Mehr Raum für Romance

„Romantasy“- sowie „Dark Romance“-Fans kaufen Bücher, teils auch teure Ausgaben, wenn sie schön sind. Auf diesen Trend setzt die Buchmesse auch in diesem Jahr wieder, um Besucher anzulocken und die Umsätze bei Verlagen und Buchhändlern zu steigern. Denn die Branche klagt nach wie vor über steigende Ausgaben und im ersten Halbjahr sind die Umsätze gesunken. 

Zum ersten Mal wird in diesem Jahr auch die Festhalle für Signierstunden genutzt. „Wir haben 2024 das erste Mal mit Young Adult experimentiert und eine Hallenebene dazugenommen. Dieses Jahr haben wir zwei zusätzliche Hallen plus die Festhalle. Ich denke, das ist der Trend, das ist der Beweis, dass sich das Genre etabliert“, sagt Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse. 

Weniger erwachsene Leserinnen und Leser

In der Buchbranche ist die Freude dennoch gedämpft. Denn 2024 haben nur noch 24,5 Millionen Menschen in Deutschland mindestens ein Buch gekauft, rund 500.000 weniger als im Jahr zuvor. Immerhin sind die Umsätze trotz des Käuferschwunds leicht gestiegen – auf knapp 9,9 Milliarden Euro. Gründe dafür sind Preissteigerungen und mehr Buchverkäufe pro Person.

Die Lage auf dem Buchmarkt sei jedoch angespannt, analysiert Schmidt-Friderichs. Zwar könne die Branche ihre Umsätze halten, doch auch sie habe gegen die allgemeine Kaufzurückhaltung und Verunsicherung anzukämpfen. „Die Zeit zum Lesen scheint zwischen Netflix, Instagram und YouTube knapp zu werden“, konstatierte die Börsenvereins-Chefin, die ihr Ehrenamt zum Messeende abgibt, im Magazin „Politik & Kultur“.

Immer mehr Buchhandlungen müssen schließen

Der stationäre Buchhandel bleibt mit einem Umsatz von etwas über vier Milliarden Euro der Hauptvertriebsweg für Bücher – also die Läden und Buchhandlungen in den Innenstädten. Das stärkste Umsatzwachstum erzielte allerdings der Internet-Buchhandel mit plus 4,4 Prozent. Er ist mit einem Umsatzanteil von 25 Prozent der zweitstärkste Vertriebsweg. Allerdings: Die Zahl der Buchhandlungen in Deutschland nimmt weiter ab. In den vergangenen 15 Jahren ist sie von 5.300 auf zuletzt rund 4.500 gefallen.

Umsatztreiber im vergangenen Jahr war laut Börsenverein die Belletristik mit einem Plus von 4,3 Prozent. Die Sparte, die Romane und Erzählungen umfasst, ist mit einem Anteil von knapp 37 Prozent am Buchmarkt die führende Warengruppe. Deutliche Zuwächse erzielten auch die Sachbücher (plus 8,1 Prozent) und Schulbücher (plus 3,8 Prozent). Hingegen wurden weniger Ratgeber (minus 4,5 Prozent) und Reisebücher (minus 8,6 Prozent) gekauft.

Der Umsatz habe im vergangenen Jahr um 7,3 Prozent zugenommen, insbesondere durch Downloads und Streaming, so der Börsenverein im Juli bei der Wirtschaftspressekonferenz. Die E-Book-Verkäufe nahmen leicht um 2,2 Prozent zu. Der Anteil der E-Books am Buchmarkt verharrt allerdings bei 6,1 Prozent.

Klare Regeln im Umgang mit KI erforderlich

Ein zentrales Thema der Buchbranche sind die Urheberrechtsverletzungen großer Internetkonzerne beim Training von KI-Modellen. Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Peter Kraus vom Cleff, fordert von der Politik, klare Regeln zu schaffen und „die Macht digitaler Oligopole einzudämmen, die nicht nur in riesigem Ausmaß Inhalte stehlen, sondern auch zunehmend Einfluss auf die Meinungsbildung und Politik nehmen“. Die EU und die Bundesregierung dürften sich nicht von den USA erpressen lassen und ihre Regulierung aufweichen.

Weitere Themen auf der diesjährigen Buchmesse sind in mehreren Veranstaltungen der Klimawandel und der nun möglicherweise beigelegte Gaza-Krieg.

Hessischer Rundfunk