Trotz Alzheimerrisikos: Frauengehirn schrumpft im Alter langsamer – Spektrum der WissenschaftDirekt zum InhaltTrotz höheren Alzheimerrisikos: Frauenhirne schrumpfen im Alter langsamer

Das Gehirn verliert im Alter an Substanz – bei Frauen allerdings in vielen Regionen langsamer als bei Männern, wie eine Studie zeigt. Vor Alzheimer scheint sie das aber nicht zu schützen.

Zwei anatomische Diagramme von Gehirnen im Querschnitt, die die Struktur und Anordnung der Gehirnwindungen und -furchen zeigen. Die Abbildungen heben die Unterschiede in der Komplexität der Oberflächenstruktur hervor. Die Darstellung ist in Blautönen gehalten, um die Details der Gehirnanatomie zu betonen.

© Visual Voyager / stock.adobe.com (Ausschnitt)

Ab Mitte 30 beginnt das Gehirn zu schrumpfen. Mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer hängt dieser normale Alterungsprozess aber offenbar nicht zusammen. Dabei nimmt das Hirnvolumen deutlich drastischer ab (im Bild rechts).

Im Alter schrumpft das Gehirn von Männern in vielen Bereichen stärker als das von Frauen. Zu dem Ergebnis kommt ein Team um Anne Ravndal von der Universität Oslo. Die Fachleute hatten mehr als 12 500 MRT-Aufnahmen von 4726 Versuchspersonen ausgewertet und beobachtet, wie sich die Hirnstruktur im Lauf der Zeit veränderte.

Die Teilnehmer waren zwischen 17 und 95 Jahre alt und hatten weder Alzheimer noch andere kognitive Einschränkungen. Sie waren mindestens zweimal im Abstand von durchschnittlich drei Jahren gescannt worden. Die Forscher verglichen, wie sich die Hirnstrukturen mit der Zeit verändert hatten, etwa die Dicke der grauen Substanz und das Volumen verschiedener Regionen.

Bei Männern dünnte im Alter die Hirnrinde in manchen Bereichen stärker aus als bei Frauen – darunter im Sehzentrum am Hinterkopf sowie in der parahippocampalen Region, die bei der räumlichen Orientierung hilft. Am deutlichsten erkennbar war der Unterschied im Postzentralkortex, einem Areal, das haptische Sinneseindrücke verarbeitet.

Die Alzheimerkrankheit geht ebenfalls mit einer Hirnschrumpfung einher, wenn auch in deutlich drastischerem Ausmaß. Man könnte daher annehmen, dem normalen altersbedingten Rückgang des Hirnvolumens und der Atrophie durch Alzheimer würden vergleichbare Ursachen zu Grunde liegen. Da Frauen statistisch gesehen deutlich häufiger von der neurodegenerativen Erkrankung betroffen sind, müsste in dem Fall das weibliche Gehirn stärker vom Volumenrückgang betroffen sein als das männliche – insbesondere jene Hirnregionen, die durch Alzheimer am schnellsten geschädigt werden, wie der Hippocampus. Die Studie ergab aber das Gegenteil, weshalb die Fachleute davon ausgehen, dass die strukturellen Veränderungen im Alter auf andere Prozesse zurückgehen als jene bei Demenz.

Die Neuropsychologin Fiona Kumfor von der University of Sydney überrascht das nicht. Um neurodegenerative Erkrankungen zu verstehen, brauche man Langzeitstudien mit Alzheimerbetroffenen, sagt sie gegenüber dem Fachmagazin »Nature«. Dennoch sei es auch wichtig zu verstehen, was beim natürlichen Altern passiert, um gesunde von krankhaften Vorgängen unterscheiden zu können.

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ist promovierte Biologin und Redaktionsleiterin Lifesciences.

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Ravndal, A. et al., PNAS 10.1073/pnas.2510486122, 2025

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