Das Nord Stream 2-Gasleck in der Nähe von Bornholm aus der Luft.

Stand: 15.10.2025 19:34 Uhr

Die Bundesanwaltschaft hält einen 49 Jahre alten Ukrainer für den Drahtzieher der Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines. Er wurde in Italien gefasst und soll in Deutschland vor Gericht. Italien bremst jedoch.

Die Pläne für einen baldigen Prozess gegen den mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge auf die Nord-Stream-Gasleitungen 2022 in der Ostsee vor einem deutschen Gericht haben sich zerschlagen: Italien hat die geplante Auslieferung des Mannes an Deutschland gestoppt. Das oberste italienische Gericht in Rom hob überraschend eine Entscheidung der Vorinstanz auf. Der Fall geht nun zurück an einen anderen Gerichtshof, der neu beschließen muss.

Der Kassationshof in Rom begründete seine Entscheidung damit, dass nach der Festnahme des 49-jährigen Ukrainers Serhij K. im August während des juristischen Verfahrens dessen Rechte verletzt worden seien. Dem Anwalt zufolge wurde dies von italienischer Seite damit gerechtfertigt, dass gegen den Ukrainer auch ein Terrorismusverdacht bestünde. Von deutscher Seite sei dieser Vorwurf nicht erhoben worden. Deshalb müsse ein anders zusammengesetztes Gericht über den Auslieferungsantrag neu entscheiden. Der Einspruch war für K. praktisch die letzte Chance, einer Auslieferung nach Deutschland zu entgehen.

Vorwurf: Sprengstoffexplosion und Sabotage

Die Bundesanwaltschaft wirft ihm gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage vor. K. war im Sommer an der italienischen Adria festgenommen worden, wo er mit seiner Familie Urlaub machte. Offenbar rechnete er nicht damit, dass ihm dies zum Verhängnis werden könnte.

Derzeit sitzt er im Norden Italiens in einem Hochsicherheitsgefängnis. Sein Anwalt kündigte an, möglicherweise einen Antrag auf Freilassung zu stellen.

Anschlag sorgte weltweit für Aufsehen

Der Anschlag gegen das frühere deutsch-russische Prestigeprojekt Nord Stream hatte vor drei Jahren weltweit Aufsehen erregt. Ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beschädigten mehrere Sprengungen die beiden Pipelines so sehr, dass kein Gas mehr durchgeleitet werden konnte.

Die Explosionen wurden in der Nähe der Insel Bornholm registriert. Wenig später entdeckte man vier Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen. Durch Nord Stream 1 floss zuvor russisches Erdgas nach Deutschland. Nord Stream 2 war wegen des Kriegs noch nicht in Betrieb.

Weiter Verdächtiger in Polen in U-Haft

Nach Überzeugung der deutschen Ermittler soll K. ein Team von insgesamt sieben Verdächtigen geleitet haben, darunter vier Taucher. Für die Anschläge sollen sie in Deutschland eine Segeljacht namens „Andromeda“ angemietet haben, mit der sie dann hinaus auf die Ostsee gefahren sein sollen.

Ein weiterer Verdächtiger, der Ukrainer Wolodymyr Z., sitzt in Polen in Untersuchungshaft. Ungewiss ist, ob Polen ihn ausliefern wird. Darüber soll am Freitag ein Gericht entscheiden. Z. soll nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft einer der Taucher gewesen sein.