Wintersport im Herbst? Skifahren ohne Schnee? Das geht. An diesem Wochenende wird München zur Hauptstadt des Biathlons: Die Disziplin feiert am 18. und 19. Oktober im Olympiapark ihren Saisonauftakt mit dem „Loop One Festival“ – auf Rollski und ohne Weltcup-Punkte, aber mit richtigen Kleinkalibergewehren, Partystimmung und Mitmachaktionen inklusive. Der Biathlon-Weltverband IBU will damit den Sprung ins Zeitalter von Instagram, Tiktok und Twitch schaffen und junge Leute für den Sport begeistern.
„Ich finde es cool, vor allem in München. Für uns Ruhpoldinger ist das fast vor der Haustür“, hatte Verfolgungsweltmeisterin und Weltcup-Gesamtsiegerin Franziska Preuß noch bei der Vorstellung der Pläne laut der Nachrichtenagentur dpa gesagt. „Jeder hat die Sportevents in den letzten Jahren in München verfolgt, da war immer Begeisterung. Es wäre natürlich cool, wenn Biathlon das auch auslöst.“
Am Donnerstag musste die 31-Jährige ihre Teilnahme jedoch absagen, da sie nach einem chirurgischen Eingriff an der linken Hand aufgrund eines Sturzes noch Probleme beim Stehendschießen habe. „Ich hatte mich wirklich darauf gefreut, weil ich sicher bin, dass die Atmosphäre im Olympiapark einzigartig sein wird.
Die Chancen darauf stehen nicht schlecht, denn es sind offenbar schon so viele Tickets für die Tribüne mit Blick auf den Schießstand verkauft worden, dass die Organisatoren kurzfristig weitere Stehplätze geschaffen haben. Und: Im übrigen Olympiapark und entlang der Laufstrecke um den Olympiasee ist der Eintritt frei.
Die Rennen sind auf Tempo und Spannung ausgelegt: Die Sportlerinnen und Sportler laufen auf den 50 bis 60 Zentimeter langen Rollski drei Runden à 1,8 Kilometer. Geschossen wird in den Vorläufen zweimal: zunächst liegend, dann stehend auf 50 Meter Distanz über den Olympiasee, ohne Nachlader. Jeder Fehlschuss hat eine Strafrunde zur Folge. Die jeweils 15 besten Athletinnen und Athleten sprinten im Finale fünf Runden und schießen viermal. Nach wenigen Minuten laufen die Sieger ins Ziel ein.
Das Festival öffnet am Samstag um 10 Uhr mit Musik. Beim „Biathlon 4 All“ können alle Generationen von 11 Uhr an die Disziplin nicht nur erleben, sondern auch selbst ausprobieren. Die Duelle der Para-Biathlon-Starter finden von 11.15 Uhr an statt. Der Jugend-Biathlon startet um 16 Uhr. Festivalfeeling sollen Foodtrucks sowie Live-Auftritte von Musikerinnen und Musikern wie Felicia Lu und Kamrad auslösen.
Am Sonntagmorgen um 11 Uhr starten die Qualifikationsläufe im sogenannten Super-Sprint-Format, in denen sechzig der laut Veranstalter weltbesten Biathletinnen und Biathleten in vier Vorläufen à 15 Teilnehmende um den Finaleinzug kämpfen. Für das deutsche Team treten die Sportlerinnen Selina Grotian, Janina Hettich-Walz, Anna Weidel sowie Selina Kastl anstelle der zunächst nominierten, aber noch erkrankten Marlene Fichtner an. Bei den Männern sind es Lucas Fratzscher, Philipp Nawrath, Roman Rees und Justus Strelow. Auch internationale Stars wie der Norweger Sturla Holm Laegreid sind dabei. Die ARD überträgt die Finalläufe live ab 15.30 Uhr.
Münchner Olympiabewerbung
:Interne Umfrage sieht Olympia-Befürworter klar vorne
Der Deutsche Olympische Sportbund lässt erheben, wie Briefwähler abgestimmt haben, und das Zwischenergebnis wird öffentlich. Ist der Bürgerentscheid deshalb in Gefahr?
SZ PlusVon Heiner Effern und Johannes Knuth
„Das ist eine Investition in die Zukunft“, sagte der frühere Staffel-Olympiasieger und IBU-Sportdirektor Daniel Böhm der Nachrichtenagentur dpa vor der Premiere des Festivals, das mit einem Mix aus sportlicher Action und Unterhaltung neue, jüngere Zielgruppen ansprechen soll. „Der Sport kommt zu den Menschen und nicht sie in den Wald.“
Der Mix aus Skilanglauf und Schießen ist zwar seit Jahren der beliebteste TV-Wintersport für die Deutschen, doch für viele der Generation Z ist Biathlon ein Fremdwort. Insgesamt investiert die IBU in der Landeshauptstadt einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag. Man wolle aber keine amerikanischen Sphären wie beim Football, „wo jede Sekunde und jede Pause verkauft ist, und es tanzt einer mit einem Ei über den Schießstand“, sagte Böhm.
Neben den Fans von morgen ist eines der Hauptprobleme wie für fast alle Wintersportarten der Klimawandel. Sind Veranstaltungen wie in München, wo die Biathleten auf Skirollern und Beton unterwegs sind, die Zukunft? „Jein. Aber es ist eine Art und Weise, für die Zukunft präpariert zu sein“, sagte Böhm. Er glaubt, dass man durch „gutes Schneemanagement und Kunstschneeproduktion in den nächsten 15, 20 Jahren noch Wintersport auf höchstem Level“ ansetzen kann.
Aber er sieht große Probleme für den Nachwuchs. „Wo rekrutiert man noch Athleten, wenn der Schnee fehlt?“, meinte der Staffel-Weltmeister von 2015. Mit Skirollern könnte man sehr gut für die Wettkampfsaison trainieren und Biathlon erhalten. „Die Frage ist, ob sich dann langfristig das Gesamtprodukt auch ändern muss und dennoch weiterhin Anklang findet. Darauf wollen wir uns, etwa mit Loop One, vorbereiten.“