Bremen – Während ER schweigend im Saal sitzt und durch seinen Anwalt das Gericht fragen lässt, wann er endlich mit seinem Bruder telefonieren darf, ist SIE für ihr Leben gezeichnet. Narben, Brüche, Schmerzen – und ein Körper, der nie wieder laufen kann. Marie G. (33) wird für immer im Rollstuhl sitzen. Ihr Leben wurde in einer einzigen Nacht zerstört.
Auf der Anklagebank: Raymond Richard King A. (39) aus Ghana. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, am 24. April gegen 3.10 Uhr in Bremen versucht zu haben, seine frühere Lebensgefährtin heimtückisch zu ermorden. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft geschah die Tat, weil Marie ihm zuvor gesagt hatte, dass sie sich endgültig trennen wolle. Für ihn offenbar unerträglich.
Opfer-Anwältin spricht von versuchtem Femizid und fordert die Höchststrafe für Raymond Richard King A.
Foto: emha
Er stach im Schlaf auf die Mutter ein
Laut Staatsanwalt soll Marie im Schlaf überrascht worden sein. Ohne Vorwarnung sei der Angeklagte in die Wohnung gekommen, habe sich nicht bemerkbar gemacht. In seiner Hand: ein 19 Zentimeter langes Messer. Dann, so die Anklage, stach er zu: mitten in ihren Hals, nur Millimeter neben die Halsschlagader.
Die kleinen Kinder mussten alles mitansehen
Marie wachte im Blut auf, schrie, versuchte zu fliehen. Doch der Mann, den sie einmal liebte, schlug ihr mehrmals ins Gesicht, schleifte sie an den Haaren ins Wohnzimmer. Dort stach er erneut zu, dieses Mal in den Rücken. Opfer-Anwältin Christina Walter sagt zu BILD: „Ihre kleinen Kinder haben die Tat teilweise mitansehen müssen.“
In Todesangst sprang Marie aus dem Fenster, zwei Stockwerke tief, mit den Beinen voran. Sie schlug auf dem Boden auf, überlebte nur knapp. Neben den lebensgefährlichen Stichverletzungen, trug sie mehrere Brüche an Nase, Fuß, Knochen und Bein davon.
In der Straße Fleetrade in Hemelingen geschah das Verbrechen
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„Es ist ein versuchter Femizid“
Walter sagt zu BILD: „Es geht meiner Mandantin überhaupt nicht gut. Sie hat erheblichste Verletzungen davongetragen, konnte nur durch eine elfstündige Not-OP gerettet werden und ist seitdem querschnittsgelähmt.“
Und weiter: „Wir haben es hier mit geschlechtsspezifischer Gewalt zu tun, mit einem versuchten Femizid. Wir fordern die maximale Höchststrafe.“
Versuchter Mord kann mit lebenslang bestraft werden. Der Prozess geht am 28. Oktober weiter.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels schrieben wir, dass die Höchststrafe für versuchten Mord 15 Jahre Haft beträgt. Das ist nicht korrekt. Die Höchststrafe bedeutet lebenslang. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.