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Harald Welzer im Gespräch mit FR-Feuilletonchef Michael Hesse über „das Haus der Gefühle“. © Renate Hoyer
Der Sozialpsychologe Harald Welzer im Gespräch mit FR-Feuilletonchef Michael Hesse über politische Gefühle und sein neues Buch.
Das diffuse Gefühl, dass nicht alles in Ordnung ist: Das kennen wir alle“, diese These stellte der Sozialpsychologe und Publizist Harald Welzer auf. Am Stand der Frankfurter Rundschau in Halle 3.1, C48 diskutierte er mit FR-Feuilleton-Chef Michael Hesse über sein neuestes Buch „Das Haus der Gefühle“. Um die politische Gegenwart zu verstehen, müsse man politische Gefühle ernst nehmen.
„Die zentrale Bedingung für Demokratie ist Vertrauen“, so Welzer. Krisen, Krieg und Klimawandel erzeugten hingegen Verunsicherung. Das Problem: „Solche diffusen Gefühle sind anschlussfähig für Populismus“, so Welzer. Darauf gründe der Erfolg der AfD.
Die Reaktion der etablierten Parteien auf die AfD zeige hingegen einen Kurzschluss: „Sie sind unfähig, die zugrunde liegenden Gefühle der Verunsicherung zu erkennen“, so Welzer. Stattdessen springe man über jedes Stöckchen der AfD und übernehme ihre Positionen.
Dennoch werde das Problem der AfD, so Welzer, zumindest für Westdeutschland „hysterisiert“. Michael Hesses Einwand, dass der Demokratietheoretiker Colin Crouch die Situation wesentlich pessimistischer sehe, wies er zurück: Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen hätten 85 Prozent der Wählenden demokratisch votiert.
Besorgter sei er über die demokratische Zukunft der Union. Dass laut jüngster Äußerungen des Kanzlers ein migrantisch geprägtes „Stadtbild korrigiert werden solle“, sei infam. „Rassismus pur“, stellte Welzer fest. Das Publikum am FR-Stand reagierte mit Applaus.
Welzer endete mit einem Ausblick. Damit Demokratie funktioniert, brauche es analoge Begegnungsorte: Vereine, Bibliotheken und private Initiativen statt Social Media. Immer wieder erzählten Gäste seiner Lesungen, dass sie Begegnungsorte für die Nachbarschaft organisieren. „Das sind Aktionen gegen die Antidemokraten.“