Mit dem Ende der „Fußball-Woche“ verliert Berlin weit mehr als nur eine Zeitung – es verliert ein Stück seiner Fußballseele. Über hundert Jahre lang war die „FuWo“ das Herz des Amateurfußballs in unserer Stadt. Authentisch, nah dran, ehrlich.
Wer im Berliner Fußball groß geworden ist, kennt dieses Gefühl: Montags früh zum Zeitungsladen zu rennen, in der Hoffnung, noch ein Exemplar zu ergattern. Trainer, Spieler, Schiedsrichter, Eltern und Großeltern – sie alle blätterten mit Stolz durch die Seiten, suchten ihren Namen oder den ihrer Liebsten und freuten sich über Berichte, die sonst niemand geschrieben hätte.
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Jeden Sonntag klingelte in der Redaktion ununterbrochen das Telefon. Wenn Trainer anriefen – und ich selbst habe das oft getan – geschah dies jedes Mal, um die eigenen Jungs, den Gegner, einen verdienten Schiri oder die Fans zu loben und hervorzuheben.
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Ich selbst habe jahrelang in Berlin Fußball gespielt – von der Kreisliga A bis zur Landesliga. Später stand ich ehrenamtlich an der Seitenlinie, habe Spieler integriert, die aus dem Jugendbereich hochgekommen waren, und ihnen durch den Sport Halt gegeben.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wenn es hieß: „Heute ist die FuWo da.“ Dann war die Stimmung auf dem Platz eine andere – alle waren noch motivierter als sonst. Und für einen kurzen Moment hatte man das Gefühl, jemand ganz Besonderer zu sein.
Ich habe auch heute noch einige Exemplare – wie vermutlich viele andere – in einer Kiste liegen, darunter die Ausgabe, als ich zum ersten Mal in der Elf des Tages der Landesliga stand. Immer wieder hole ich sie mal hervor, zeige sie meinen Kindern und sehe in ihren leuchtenden Augen den Stolz, dass „Papa mal berühmt war.“ Dieses kleine Stück Geschichte verbindet Vergangenheit und Gegenwart auf eine Art, die Worte kaum fassen können.
Für viele war der Fußballplatz mehr als nur ein Spielfeld – er war ein Zuhause, ein Ort, an dem Freundschaften entstanden, Werte gelebt wurden und man Rückhalt, Anerkennung und ein Stück Gemeinschaft fand, das im Alltag oft fehlte. Genau dieses Gefühl, diese Verbindung zwischen Menschen, Generationen und Geschichten, wurde durch die FuWo über Jahrzehnte getragen.
Der Berliner Fußball-Verband hatte die einmalige Chance, diese Tradition zu retten – und hat sie ungenutzt verstreichen lassen. Gerade der Verband, der sich sonst gern als Hüter des Berliner Fußballs versteht, hätte zeigen können, dass er seine Basis wirklich ernst nimmt. Stattdessen hat man weggeschaut, wo Herz gefragt gewesen wäre.
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Und auch die Politik hat versagt. Wieder einmal wurde viel über die Bedeutung des Breitensports gesprochen – aber als es darauf ankam, blieb es still. Hier ging es nicht um Millionen oder Prestigeprojekte, sondern um Herzblut, Geschichte und Zusammenhalt. Um das, was Fußball in Berlin wirklich ausmacht.
Geld wäre da gewesen, im Verband wie in der Sportförderung. Aber es fehlte der Mut, Verantwortung zu übernehmen – und das Herz, das man nicht in Förderanträgen messen kann.
Mit der FuWo verschwindet nicht nur eine Zeitung, sondern ein Stück Kultur, das Generationen verbunden hat – vom Ascheplatz bis zum Stadion. Eine Stimme, die den Fußball Berlins ehrlich begleitet hat: nah bei den Menschen, auf den Plätzen, nicht in den VIP-Logen.
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Berlin hat viel erlebt. Aber der Verlust der FuWo tut weh – weil er zeigt, dass Tradition in dieser Stadt keinen sicheren Platz mehr hat. Michael Perlinski
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