Liebe
Leserin, lieber Leser,
vor dem Wochenende noch zwei
gute Nachrichten aus dem Oberhafen: Die Hanseatische Materialverwaltung wird
künftig dauerhaft gefördert. Ab 2027, wenn die HMV nach der Sanierung wieder in
ihre alten Räume zurückzieht, übernimmt die Kulturbehörde die Hälfte der Miete.
Für die Materialverwaltung ist das ein großer Schritt: Nach Jahren voller
Provisorien gibt es endlich eine verlässliche Grundlage für die Zukunft.
Die zweite gute Nachricht betrifft das Oberdeck.
Der Außenbereich – eine hölzerne Terrasse mit Bäumen, Lichterketten und DJ-Pult
– sollte eigentlich bald abgebaut werden. Doch das Team hat sich durchgesetzt, und
so bleibt einer der schönsten und geselligsten Plätze im Hafen erhalten.
Falls Sie die Hanseatische Materialverwaltung
noch nicht kennen: Stellen Sie sich eine riesige Halle vor, irgendwo zwischen
Theaterlager, Rumpelkammer und Flohmarkt. Man findet dort Schaufensterpuppen
und Kronleuchter, Piratenschiffe, alte Telefone und Schreibmaschinen – also
praktisch alles, was zu schön zum Wegwerfen ist. In dem gemeinnützigen Fundus
werden ausrangierte Requisiten und Bühnenbilder gerettet, aufbereitet und neuen
Projekten zur Verfügung gestellt – zum Leihen oder Kaufen. Nach und nach ist aus
diesem Lager auch eine Bühne geworden für Konzerte, Feste und einen
Weihnachtsmarkt. Ich habe mir dort schon mal sehr spontan einen roten
Samtvorhang, ein Paar Boxhandschuhe und zwei Rettungsringe ausgeliehen. Was man
eben so braucht an einem ganz normalen Freitagabend.
Gerade steckt die Materialverwaltung mitten im
zweiten von drei Umzügen. Denn die Hallen im Oberhafen werden saniert. Bis Ende
des Jahres zieht das Team in eine Übergangshalle, in der der Fundus auch 2026
geöffnet bleibt. 2027 folgt dann die Rückkehr in die sanierten Räume – mit
fester Förderung und einem Neustart auch für das Oberdeck, das während der
Sanierung pausiert.
Sollten Sie ähnlichen
Deko-Bedarf haben wie ich: Nächsten Donnerstag lädt die HMV wieder zum „Rausverkauf“, bei dem
Fundus-Stücke verkauft werden. Vielleicht finden Sie ja etwas, von dem Sie gar
nicht wussten, dass Sie es unbedingt brauchen.
© ZON
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Lasarzik
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WAS HEUTE WICHTIG IST
Die umstrittene unterirdische Toilette
an der Mönckebergstraße wird zugeschüttet. „Die Bauarbeiten werden nicht
fortgeführt“, teilten Umweltbehörde und Stadtreinigung mit. „Wesentliche Gründe
sind erhebliche Anforderungen an die Baulogistik sowie widrige Umstände im
gesamten Baufeld.“ Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler hatte Hamburg die
öffentliche Toilette 2023 ein gutes Jahr lang für rund zwei Millionen Euro
sanieren lassen. Doch nach nur rund drei Monaten Betrieb habe die Anlage Anfang
2024 wegen eines Wasserschadens gesperrt werden müssen. „Dieser Senat schafft
es nicht einmal, eine öffentliche Toilette funktionsfähig zu halten“, heißt es
weiter.
© Marcus Brandt/dpa
Angesichts der Pläne des rot-grünen
Senats für den Elbtower hat der CDU-Landesvorsitzende Dennis Thering dem
Bürgermeister Wortbruch vorgeworfen. Peter Tschentscher (SPD) habe noch vor
wenigen Monaten den Hamburgerinnen und Hamburgern versprochen, es werde kein
Cent Steuergeld in die Fertigstellung des Elbtowers gesteckt, es handele sich
um ein rein privatwirtschaftliches Projekt, kritisierte Thering auf dem
CDU-Landesparteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg. Geworden sei daraus die
„Schocksumme“ von knapp 600 Millionen Euro. Der rot-grüne Senat möchte für
diese Summe das geplante Naturkundemuseum in dem seit rund zwei Jahren als
Bauruine am Ostende der Hamburger HafenCity stehenden Elbtower unterbringen.
In
vielen Bundesländern sind die Leistungen von Schülerinnen und Schülern in
mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern eingebrochen, doch in Hamburg ist das
Niveau weitgehend stabil geblieben. Das zeigt die neueste Ausgabe des
IQB-Bildungstrends. In Mathematik liege das Ergebnis sogar „signifikant über dem bundesdeutschen
Mittelwert“, schreiben die Bildungsforscher. Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) führt das unter
anderem auf die „Mathe-Offensive“ zurück, die bereits vor rund zehn Jahren
eingeführt wurde und die Anzahl der Unterrichtsstunden in Mathematik erhöht
hat. Für den IQB-Bildungstrend
wurden mehr als 48.000 Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen in den
Fächern Mathematik, Biologie, Chemie und Physik getestet.
In aller Kürze
• Auf dem Container-Terminal in Altenwerder stand am
Donnerstag eine Containerbrücke in Flammen • Rund fünf Monate
nach dem Messerangriff im Hauptbahnhof hat die Staatsanwaltschaft gegen die
mutmaßliche Täterin ein Sicherungsverfahren beantragt. Ziel sei, die
39-Jährige in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, teilte die
Anklagebehörde mit • Die Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen muss
Ende des Monats wegen Bauarbeiten erneut für ein ganzes Wochenende gesperrt
werden
THEMA DES TAGES
© Wesley Tingey/unsplash.com
Wie konnte diese Grausamkeit so lange unbemerkt bleiben?
Im Fall „White Tiger“ erhebt die
Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen 21-Jährigen. Erst nach und nach zeigt
sich das wahre Ausmaß der Taten, die ihm vorgeworfen werden. Lesen Sie hier
einen Auszug aus dem Text von ZEIT-Redakteur Christoph Heinemann.
Die
Soko „Mantacore“ bei der Polizei Hamburg arbeitet abgeschirmt. Bis zu 40 Beamte
werten mehr als zehn Terabyte an Daten aus; Tausende Bilder und mindestens 650
Videos, Mitschnitte von Livestreams im Internet.
Zu sehen sind Kinder, in Tränen
aufgelöst, die sich selbst verletzen. Da sind Männer, die sie dazu auffordern.
Die sie beschimpfen, einander überbieten dabei, ihre Opfer zu immer noch
grausameren Handlungen zu zwingen. Und da sind noch mehr Männer, stumme
Zuschauer, erregt vom Leid vor ihren Augen.
Noch detaillierter soll hier nicht beschrieben
werden, was die Pädokriminellen des Netzwerks „764“ ihren Opfern antaten. Aber als die Polizei im
Juni einen heute 21 Jahre alten Hamburger verhaftete, der als „White Tiger“ zu
dessen Gründern gehört haben soll, sprach ein leitender Ermittler im
Polizeipräsidium von einem „Abgrund, den
wir noch nicht kannten“. Das war, wie sich schnell
zeigte, nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig.
Denn schon vor mehr als vier Jahren, im Sommer
2021, gab es Hinweise auf den Verdächtigen, wie Recherchen der ZEIT ergaben. Es
dauerte jedoch drei Jahre, bis die Beamten die Gefahr richtig einschätzten, und
weitere sieben Monate, bis sie genug Indizien gesammelt hatten, um den
Verdächtigen zu stoppen.
Nun erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, und
klar wird: Selbst im Sommer, als ein Sondereinsatzkommando ihn zu Hause
festnahm, wurde das Ausmaß des Falls noch unterschätzt. Damals war von 124
Taten die Rede, heute sind es bereits 204. Es geht um einen Mord an einem 13
Jahre alten Jungen aus den USA, den „White Tiger“ in den Suizid
getrieben haben soll. Und um fünf versuchte Morde, Fälle, in denen die Opfer es
offenbar schafften, sich von ihren Peinigern zu lösen.
Die Identität mehrerer dieser Kinder und
Jugendlichen, so ist zu hören, kennen die Ermittler bislang nicht. Sie suchen
noch nach Gesichtern, die in den Videos zu sehen sind. Aber auch die Zahl der
mutmaßlichen Opfer ist bereits gestiegen, von acht auf 30. Die Auswertung aller
Daten ist noch nicht abgeschlossen, das heißt, bis zu einem Prozessbeginn
könnte noch mehr belastendes Material hinzukommen.
Wie konnte das alles passieren? Und wie wollen
die Ermittler den Mordvorwurf nun beweisen?
Den vollständigen Text von Christoph Heinemannfinden Sie hier auf zeit.de.
DER SATZ
© Katrin Ribbe/ThaliaTheater Hamburg
„Natürlich ist Hannah Arendt längst eine Pop-Figur, die nicht mehr aus
Gedanken, sondern bloß noch aus hastig zusammengesammelten Zitaten besteht“
ZEIT-Redakteur Peter Neumann bespricht das
Theaterstück „Arendt“, zu sehen im Hamburger Thalia-Theater – seine Rezension finden Sie hier.
MAHLZEIT – Die Gastrokritik
„Galactic by Stefan Fäth“ steht an der Tür
des neuen Lokals in der Westfield-Mall. Grund genug, über die Schwelle zu
treten, auch wenn der Raum, offenbar noch in Arbeit, an ein leicht ramponiertes
Gewächshaus erinnert. Fäth führt das Jellyfish in der Schanze, eins der besten
Hamburger Restaurants. Hier allerdings wurde er nur für die „kreative Leitung“
eingebunden, was vermutlich heißt, dass er die Karte gestaltet hat.
Die liest sich wirklich kreativ –
vielleicht ein bisschen zu sehr. Die Idee war offenbar, Imbissbuden-Klassiker
zu veredeln – vom Mettbrötchen über Currywurst bis zu Fish ’n’ Chips. Witzig
ist der Hot Dog von der Weißwurst mit Laugenbrioche und süßem Senf, auch wenn
er eher als Warm Dog aus der Küche kommt. Neugierig macht auch die
Wiederbelebung von Balkanstuben-Klassikern wie Schaschlik und Cevapcici. Dass Letzteres
im Fladenbrot mit Joghurt kommt und mithin eher türkisch schmeckt, verwundert
allerdings ein wenig. Das übrigens sehr gute Brot ist im Galactic ein
Schwerpunkt.
Vielleicht lieber ein Fischgericht; dafür
ist Fäth bekannt. Tatsächlich macht der Teller mit den Frikadellen vom Seelachs
optisch etwas her: Tupfer von Senfkörnern und Forellenkaviar; ein Kringel
grünes Schnittlauchöl um den Kartoffelsalat. Die etwas trockenen und salzigen
Frikadellen halten da aber nicht mit.
Es lohnt wohl, dem Galactic noch ein wenig
Zeit zu geben. Wer jetzt schon sein Glück versucht, kann dafür noch draußen
sitzen, auf einer großen Terrasse mit Elbblick (und übler Musikbeschallung).
Michael Allmaier
In der Westfield-Mall,
Überseeboulevard 7, Hafencity
www.galactic-hamburg.de
DAS KÖNNTE SIE INTERESSIEREN
Aktuell ist im Museum der Arbeit die
Jubiläumsausstellung „Louis Braille – 200 Jahre Blindenschrift“ zu sehen. An
verschiedenen Stationen können Braille-Schriften ertastet oder auch selbst
erstellt werden. Am Montag, 20. Oktober, um 17 Uhr findet eine spezielle
Führung durch einen Braille-Experten des Blinden- und Sehbehindertenvereins
Hamburg mit anschließendem Expertengespräch statt, drei weitere solcher
dialogischen Führungen sollen bis Februar 2026 folgen.
„Louis Braille – 200 Jahre Blindenschrift“, Ausstellung
vom 1.10.2025 bis 16.2.2026; Museum der Arbeit, Wiesendamm 3; geöffnet täglich
ab 10 Uhr (dienstags geschlossen); Tickets für die Führung am 20.10. um 17 Uhr online
MEINE STADT
Goldener Herbst – Busfahrerpause in Dübelsbrück © Pit Lempp
HAMBURGER SCHNACK
„100 Gramm
ungarische Salami bitte. Aber bitte nicht so dünn schneiden.“ Der Verkäufer
reicht mir eine Scheibe über den Tresen und fragt: „Recht so?“ – „Ja, perfekt.“
Eine ältere Dame in der Warteschlange hinter mir, vernehmlich: „Na – was sagt
man da?!“ Ich: „Danke! – Und danke, ich
fühlte mich kurz wieder wie zehn.“
Gehört von
Lutz Rehkopf
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