Wer hat es nicht schon oft gehört: Hey, ihr müsst mal auf eine Weinwanderung gehen! Meistens von einem Onkel oder einer Tante, woraufhin man das für „irgendwann mal“ abgespeichert hat. Schließlich ist das etwas für „echte” Erwachsene.

Nun war aber vergangenen Samstag ein unglaublich malerisches Kaiserwetter angekündigt und wir hatten jemanden aus der Großstadt (Berlin) zu Besuch. Der Gast fragte, ob wir nicht irgendwo an der frischen Luft etwas machen könnten – und Weindurst hatte der Gast auch. Zack, nicht lange gefackelt, schnell wurde die Weinwanderung ausgerufen. Beste Idee seit langem!

Bartek entführt seinen Gast in die Stuttgarter Weinberge. Foto: privat

Es handelte sich dabei nicht um eine lang geplante, von einer Person geführten Wanderung, die erklärt wie man einen kleinen Schluck Wein im Mund führt, ihn ausspuckt, um dann von „Körper” und „Nuance” zu sprechen, sondern um eine Einfach-Drauf-Los-Tour. Die Weingüter, die wir in unseren schönen Stuttgarter Weinbergles besuchten, haben wir uns selbst ausgesucht.

Los geht’s bei der Grabkapelle Rotenberg

Schnell war klar: Wir lassen das Auto in der Nähe der Grabkapelle Rotenberg stehen (bis zum nächsten Tag) und genießen erstmal die wundervolle Aussicht auf den Stuttgarter Wasen, den Fernsehturm und vor allem auf das zauberhafte Farbenspiel der Baumblätter und Weinterrassen, die von grün über gelb bis zu einem Orange und sogar tiefem Weinrot alles aufboten an diesem Samstag. Das nette Bistro an der Kapelle bietet alles, was ein ordentlicher Weindurst braucht. Richtig gute Weißweinschorle! Besser auch die zweite hinterher, man hat ja noch einen Weg vor sich. Auch wenn das Kuchenangebot und die Möglichkeit, sich Picknickkörbe mit Snacks, Wein und Wasser mitgeben zu lassen verlockend klangen, gingen wir bergab in Richtung Weingüter Zaiß, Warth und Co.

Bartek probiert sich durch die Stuttgarter Weine. Foto: privat

Bewusst haben wir die „Wander”-Abschnitte nicht allzu lang gewählt und waren bereits nach einer viertel Stunde an einer Art Weingut, das leider komplett aus Automaten bestand, die mit Wein- und Wasserflaschen gefüllt waren. Neben den Automaten: einige fluchende schwäbische Frauen, die sich über die gebuchte Exit-Games Experience beklagten (oder Wein-Safari oder so, das tiefe Schwäbisch blieb uns zum Großteil unverständlich). Was wir mitnehmen: die Weinsafari sei nicht zu empfehlen, alles ist unpersönlich und es gibt überall Fächer mit Zahlencodes….die Reisegruppe hatte sich das alles anders vorgestellt, glaube ich.

Weißburgunder für 10 Euro und Ausblick auf den Kessel

Auch wenn sonst nicht viel Gastliches an diesem Gehöft war, für 10 Euro gab es einen wirklich guten Weißburgunder und frische Weingläser konnte man sich nehmen. Dazu stand eine lange Reihe an Bierbänken mit Ausblick auf die Weinberge um die Ecke. Hat trotz allem Spaß gemacht und war der Weinlaune sehr zuträglich.

Was ich direkt an die Weingüter in dieser Gegend richten möchte: Bitte updatet doch eure Öffnungszeiten online. Bei kaum einem Weingut haben die Küchenzeiten gestimmt. Es hat ewig gedauert, bis man zu einem Weingut kam, das wirklich noch oder schon warme Küche hatte.

Einen Umweg über das falsche, vorübergehend geschlossene (mein Fehler) Weingutn Zaiß, gingen wir ein kurzes Stück zurück über die herbstlichen Weinbergwege und wechselten dann über die Landstraße zum überaus freundlichen Weingut Warth. Dort sitz man gesellig mit anderen Weinlustigen in kleinen Bierzelten und ein sehr angenehm freundlicher Weingutsbesitzer empfiehlt uns tollen Weißen. Zu diesem Zeitpunkt waren wir sehr hungrig, laut Internet gab es dort endlich Essen. Doch der nette Mann meinte, Essen habe er nicht, da müssten wir schon noch ein Stück zum Zaiß. Als er merkte, wie die Stimmung zu kippen drohte, brachte er uns liebevoll angerichtete Desserts, damit wir nicht von der Bierbank kippten.

Knödel, Kartoffelsalat – und beinahe eine Katastrophe

Hier verschwimmen langsam die Erinnerungen und alles wird zu einer lustigen Weinwanderei, bei der wir schließlich doch noch zu einer Besenwirtschaft kamen, in der es alles gab, was man zum Essen braucht: Tellerschnitzel mit Kartoffelsalat, Pilzrahm-Knödel und Ofenschlupfer! Weinhof Helmut Zaiß. Doch fast hätte alles noch in einer Tragödie enden können. Dort war nächmlich nur Barzahlung möglich.

Schließlich gab es doch noch etwas zu essen auf der Weinwanderung. Foto: privat

Liebe Weingutbesitzer, wenn ihr auch jüngere Menschen und/oder Spontanbesucher haben möchtet, die gern bei euch einkehren, bitte beachtet, dass wir das Jahr 2025 haben und wirklich NIEMAND mehr Bargeld mit sich führt, oder kaum noch. Wir konnten dann unsere 5er und 10er zusammenkratzen, aber das hätte Heikel werden können.

Die Erfahrung einer Weinwanderung im Stuttgarter Herbst möchte ich auf keinen Fall missen und appelliere an alle, die gerne wandern und sich auch mal abseits des Bieres dem Wein widmen möchten: Lauft einfach los, es wird auf jeden Fall witzig! Viel Spaß, bis bald an der Grabkapelle Rotenberg!