Vor dem EU-Gipfel in der kommenden Woche hat Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz gefordert, dass Europa seine Rolle als „Friedensmacht“ stärker ausfüllt. „Europa muss seine Möglichkeiten entschlossener und geschlossener nutzen und muss seine Macht zum Einsatz bringen, um die Welt zum Besseren zu gestalten“, forderte er in seiner Regierungserklärung zu dem Spitzentreffen im Bundestag. Die Einigung auf den Gaza-Friedensplan habe gezeigt, dass politisches Handeln einen Unterschied mache. Militärisch müsse Europa gleichzeitig stärker werden, betonte der Kanzler. 

Merz: Russisches Vermögen für die ukrainische Armee

Die Staats- und Regierungschefs der EU kommen nächste Woche am Donnerstag und Freitag in Brüssel zu ihrem Herbstgipfel zusammen. Regierungserklärungen im Bundestag vor solchen Gipfeln sind üblich. Ein zentrales Projekt des Kanzlers bei dem Treffen wird das Werben für die Nutzung des eingefrorenen russischen Vermögens sein. Er hat schon beim Gipfel in Kopenhagen Anfang Oktober die Erwartung geäußert, dass es nun in Brüssel konkrete Entscheidungen dazu gibt.

Das Gebäude der Europäischen Kommission in Brüssel, Belgien. Davor steht eine Reihe von Fahnenstangen mit der Flagge der EU in blau und gelb.Bundeskanzler Friedrich Merz forderte die EU-Kommission in Brüssel auf, konkrete weitere Vorschläge zum Abbau der Bürokratie zu machen (Archivfoto)Bild: Martin Bertrand/IMAGO

Merz will das Vermögen der russischen Zentralbank für Kredite in Höhe von 140 Milliarden Euro nutzen, um die Ukraine für den weiteren Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer aufzurüsten. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse erkennen, dass er nicht den längeren Atem in dem Konflikt habe, sagte Merz.

Aktionsplan gegen hybride Bedrohung aus Russland

Auf die Bedrohung aus Russland will die Bundesregierung mit einem neuen umfassenden Aktionsplan zur Abwehr hybrider Gefahren reagieren. Der Nationale Sicherheitsrat werde in wenigen Tagen in seiner konstituierenden Sitzung darüber beraten, sagte der Kanzler. Er warf Russland vor, Deutschland und Europa destabilisieren zu wollen – mit Sabotage, mit Spionage und mit Mord, mit Cyberangriffen und gezielter Desinformation. „Auch aus Ihren Reihen“, sagte Merz unter Applaus an die Adresse der AfD-Fraktion.

„Schluss mit der Regelungswut“

Merz will beim EU-Gipfel auch auf Fortschritte für eine stärkere Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der Europäischen Union dringen. „Europa wird nur produktiver werden, wenn es sich grundlegend ändert“, sagte er. Das bedeute: „Schluss mit der Regelungswut, schnellere Verfahren, offene Märkte, mehr Innovation, mehr Machen statt Bedenkentragen.“

Der CDU-Chef forderte die EU-Kommission auf, konkrete weitere Vorschläge zum Abbau der Bürokratie zu machen. Mit den bisherigen Schritten, die die Unternehmen um rund acht Milliarden Euro entlasten sollen, sei die Kommission zwar auf dem richtigen Weg. „Aber das reicht noch nicht“, sagte Merz. „Wir brauchen eine systematische Überprüfung des Regelwerkes der EU.“

Merz betonte zugleich, dies stehe nicht im Widerspruch zu dem klaren Bekenntnis, die Klimaschutzziele bis 2045 und die Zwischenziele bis 2040 zu erreichen. Er wolle allen Zweifeln daran ausdrücklich entgegentreten, sagte der Kanzler. Dies sei organischer Teil der Umwelt- und Wirtschaftspolitik. „Allerdings nicht nur mit Regulierung und schon gar nicht mit Verboten, sondern mit offener Technologie, mit Innovation, mit Wettbewerbsfähigkeit auch gerade in Technologien, die Umweltschutz überhaupt erst möglich machen.“

pg/jj (dpa, afp, rtr)

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