Nach der umstrittenen Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu Migranten im Stadtbild hat die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik (SPD), vor einer spaltenden Rhetorik gewarnt. „Migration darf nicht durch verkürzte oder populistische Schnellschüsse stigmatisiert werden – das spaltet die Gesellschaft noch mehr und hilft am Ende den Falschen, statt Lösungen zu fördern“, sagte Pawlik.

Merz hatte am Dienstag bei einem Pressetermin in Potsdam über die Migrationspolitik seiner Regierung gesprochen. Man korrigiere frühere Versäumnisse und habe etwa die entsprechenden Zahlen im August 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent reduziert, sagte er und ergänzte: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“

Pawlik sagte nun, Deutschland und seine Innenstädte seien vielfältig, und „das ist auch gut so“. In Deutschland lebten 21 Millionen Menschen mit einer familiären Einwanderungsgeschichte. Der Umgang mit Herkünften sei gelebter Alltag, Vielfalt „Normalität und eine Stärke unserer Gesellschaft. Wir leben Integration, und wir brauchen Zuwanderung“. Der Großteil der Menschen, die in den vergangenen Jahrzehnten gekommen seien, sei gut integriert und habe eine hohe Identifikation mit Deutschland. „Wir sollten aufpassen, dass wir das nicht zerstören“, sagte die Staatsministerin.

Grüne fordern Entschuldigung

Derweil forderten Politikerinnen und Politiker der Grünen in einem offenen Brief eine Entschuldigung von Merz.“Ihre Aussage ist rassistisch, diskriminierend, verletzend und unanständig“, hieß es in dem Schreiben. Sie stehe für eine Sprache der Ausgrenzung und führe zu Gewalt. „Diese Haltung ist eines Bundeskanzlers unwürdig.“ 

© Lea Dohle

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„Sie sind in erster, zweiter, dritter Generation hier, trotzdem sprechen Sie ihnen ihr Deutschsein und ihre Zugehörigkeit zu Deutschland ab – allein aufgrund ihres Aussehens, ihrer Herkunft oder ihres Namens“, schrieben die Grünenpolitiker weiter: „Statt sich klar für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu positionieren, nähern Sie sich sprachlich dem Rechtsextremismus an und befeuern diesen damit.“

Dobrindt: „Totaler Unsinn“

Kritik kam auch aus Merz‘ eigener Partei. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte, Berlin sei eine vielfältige, internationale und weltoffene Stadt. Das werde sich immer auch im Stadtbild abbilden. Es gebe ein Problem „mit Gewalt, Müll und Kriminalität in der Stadt“, sagte Wegner. Aber das könne man „nicht an der Nationalität festmachen“.

Unterstützung erhielt der Kanzler hingegen von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt. Der CSU-Politiker nannte die Diskussion im ARD-Interview der Woche „totalen Unsinn“. Es sei geradezu lächerlich, wenn man nicht mehr sagen dürfe, dass sich durch illegale Migration ein Stadtbild verändern könne.

„Ich finde, man sollte schon noch so sprechen können, wie es die Menschen auch empfinden“, sagte der Minister. „Eine Politik, die sich durch Debatten in den sozialen Medien nicht mehr traut, das, was Menschen empfinden, zu formulieren, die wird eher Politikverdrossenheit oder das Stärken von radikalen Kräften mitverursachen“, fügte er hinzu. 

Dobrindt sprach von einer Überforderung der Städte und Gemeinden durch die Migrationspolitik der vergangenen zehn Jahre. Das sehe man auf den Marktplätzen und Bahnhöfen, aber auch in Kitas und Schulen.

Friedrich Merz

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