Wie wird die neue Wehrpflicht in Deutschland genau aussehen? Was hierzulande noch unklar ist, haben europäische Verbündete schon gelöst. Sogar das Los wird angewendet.
17. Oktober 2025, 19:10 Uhr
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Die Diskussion um eine neue Wehrpflicht in Deutschland ist hitzig. Andere europäische Länder haben bereits verschiedene Modelle eingeführt, um genügend Soldaten zu rekrutieren. Skandinavische Länder wie Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland haben eine aktive Wehrpflicht, wobei die genauen Regeln variieren. Die baltischen Staaten haben ebenfalls eine Wehrpflicht, wobei Lettland und Litauen den Dienst an der Waffe wieder eingeführt haben. Anreize wie kostenlose Führerscheine oder finanzielle Unterstützung machen den Wehrdienst attraktiver. In anderen großen europäischen Ländern wie Polen, Frankreich, Österreich, Italien, Spanien, Portugal, Tschechien und Großbritannien wurde die Wehrpflicht abgeschafft.
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Wehrpflichtige in Dänemark – sowohl Männer als auch Frauen ab 18 Jahren müssen zur Musterung, der Dienst dauert aktuell mindestens vier Monate.
© Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix/AFP via Getty Images
Politik und Öffentlichkeit in Deutschland diskutieren noch hitzig, wie eine neue Wehrpflicht genau aussehen könnte. Andere Länder in Europa sind schon weiter. Eine ganze Reihe von Staaten haben einen verpflichtenden Wehrdienst inklusive großangelegter Musterungen mit unterschiedlichen Modellen. Reichen die Freiwilligen nicht aus, gibt es verschiedene Methoden, um genug Soldatinnen und Soldaten zu akquirieren. Sogar das in Deutschland stark umstrittene Losverfahren wird eingesetzt. Hier ein Überblick über die Modelle in anderen Ländern:
Alle Fragen im Überblick:
Welche Modelle gibt es in Skandinavien?
In Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland gibt es eine aktive Wehrpflicht. Die genauen Regeln variieren aber. Während in Dänemark, Schweden und Norwegen auch Frauen wehrdienstpflichtig sind, gilt das in Finnland nur für Männer.
In Schweden und Norwegen bekommen alle 18-Jährigen (in Norwegen schon 17-Jährige) einen Musterungsbogen mit Fragen zu Gesundheit, Fitness und Motivation zugeschickt. In Schweden läuft das komplett digital. Auf Basis der Antworten werden dann passende Bewerberinnen und Bewerber einbestellt. In Schweden trifft das weniger als jede dritte Person, die den Bogen erhalten hat. In Norwegen wird knapp die Hälfte eingeladen. Von den Gemusterten werden wiederum nur knapp die Hälfte, in Schweden sogar nur jede vierte Person eingezogen. Der Dienst in Norwegen beginnt frühestens mit 19 Jahren.
Seit Juli 2025 müssen in Dänemark neben Männern auch junge Frauen im Alter von 18 Jahren zur Musterung – aber insgesamt werden nur sieben Prozent eines Jahrgangs eingezogen. © Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix/AFP via Getty Images
In Dänemark gibt es einen „Tag der Verteidigung“, an dem die Musterungen für alle im Alter von 18 Jahren landesweit stattfinden. Junge Frauen werden erst seit Juli dieses Jahres dazu eingeladen. In Finnland werden alle 18-Jährigen zur Musterung einbestellt – hier herrscht durch die russische Bedrohung in der Nachbarschaft eine hohe Bereitschaft, zum Militär zu gehen. Außerdem gibt es Anreize wie einen kostenlosen Führerschein.
© Lea Dohle
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Die Dauer des Wehrdienstes in den skandinavischen Staaten reicht von vier Monaten in Dänemark (ab 2026 elf Monate) über mindestens fünfeinhalb in Finnland, hin zu neun bis zwölf Monate in Schweden oder sogar bis zu 19 Monaten in Norwegen (12 Monate Grundwehrdienst und bis zu sieben Monate Dienst in der Heimwehr). Die genaue Dauer kann durch bestimmte Spezialisierungen schwanken.
Ein junger finnischer Soldat auf Urlaubsbesuch – der Wehrdienst hat durch die russischen Aggressionen in unmittelbarer Nähe wieder an Bedeutung gewonnen. © Martin Bertrand/Hans Lucas/AFP via Getty Images
Wer den Kriegsdienst verweigert, muss nur in Finnland verpflichtend einen Ersatzdienst leisten.
Wie haben die baltischen Staaten den Wehrdienst geregelt?
Auch durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine alarmiert, haben alle baltischen Staaten eine Wehrpflicht. Lettland und Litauen haben den Dienst an der Waffe angesichts der russischen Bedrohung 2023 und 2015 wieder eingeführt. Die Pflicht gilt nur für junge Männer, Frauen können sich freiwillig melden.
In Estland dauert der Wehrdienst acht oder elf Monate (je nach Spezialisierung), in Lettland elf Monate und in Litauen neun Monate. Ab 2026 sollen auch sechs Monate möglich sein.
Soldaten in Estland in voller Montur – als Anreiz gibt es einen Zuschuss zum Führerschein und für Eltern monatlich 900 Euro pro Kind. © WPA Pool/Getty Images
In Lettland gibt das Verteidigungsministerium jedes Jahr bekannt, wann und wie viele Soldaten benötigt werden; alle zwischen 18 und 27 Jahren können sich bewerben. Litauen zieht zum Wehrdienst die Gruppe der 18- bis 23-Jährigen heran (ab 2026 nur noch bis 22 Jahre). In Estland betrifft es in der Regel die 18- bis 27-Jährigen.
In der Regel wird der Bedarf in allen Ländern durch Freiwillige gedeckt. Das liegt auch an teils lukrativen Anreizen für die Bewerber.
In Litauen und Estland müssen bei einer Verweigerung verpflichtend Ersatzdienste geleistet werden.
Was machen die Länder, wenn sich zu wenige Freiwillige melden?
Falls sich zu wenige Freiwillige für den Militärdienst melden, haben manche Länder bestimmte Mechanismen entwickelt.
In Lettland wird eine mögliche Lücke beim Bedarf an Soldaten mithilfe einer Software gefüllt. Sie wählt zufällig junge Männer aus, die sich nicht freiwillig gemeldet haben. Das Verfahren achtet auf regionale Proportionen, damit aus verschiedenen Gemeinden eingezogen wird.
Dänemark wendet das in der deutschen Regierung umstrittene Losverfahren an – jedenfalls theoretisch. In der Praxis kam es noch nie zum Einsatz, weil sich nach der Musterung bisher immer genügend Freiwillige für den Militärdienst gemeldet haben. Bei der Musterung müssen alle ein Los ziehen, aber wer nicht zur Armee will, muss
bisher nicht damit rechnen, herangezogen zu werden. Weil allerdings auch
Dänemark seine Armee aufstocken will, könnte es sein, dass die Lose
künftig doch eine Rolle spielen.
Welche Anreize werden gesetzt, um den Wehrdienst attraktiv zu machen?
In den baltischen Staaten gibt es eine hohe Bereitschaft, sich beim Militär zum Wehrdienst zu melden. Hier werden lukrative Anreize gesetzt wie ein Zuschuss zum Führerschein, die Übernahme von Zinsen bei Hauskrediten, ein höherer Sold bei schneller Meldung.
In Estland werden für Eltern sogar fast 900 Euro Zuschuss pro Kind im Monat gezahlt. In Lettland entfallen nach dem Dienst die Studiengebühren. Litauen zahlt Soldaten während des Wehrdienstes bei guten Leistungen mehr Sold.
In Finnland können Wehrdienstleistende kostenlos einen Führerschein machen. Norwegen bietet eine kombinierte Berufsausbildung mit dem Wehrdienst an, ohne dass sich die Lehrzeit verlängert; außerdem gibt es Bonuspunkte für die Uni-Bewerbung.
Wie verfahren andere große Länder in Europa beim Thema Wehrpflicht?
In Polen werden alle im Alter von 18 oder 19 Jahren militärisch registriert,
um zu prüfen, wie sie im Verteidigungsfall eingesetzt werden könnten.
Das ähnelt einer Musterung. Es gibt aber keine Wehrpflicht mehr.
Stattdessen hat Polen einen freiwilligen Grundwehrdienst. Dieser findet so viel Anklang, dass die Zahl der Soldatinnen und Soldaten laut des Verteidigungsministeriums ausreicht. In Frankreich gibt es einen einmonatigen service national, der auch beim Militär geleistet werden kann. Er gilt für alle zwischen 16 und 25 und soll ab 2026 verpflichtend sein. In Österreich gilt eine sechsmonatige Wehrpflicht für alle Männer ab 18 Jahren. Wer verweigern will, muss einen Ersatzdienst leisten. Italien, Spanien, Portugal, Tschechien und auch Großbritannien haben allesamt den verpflichtenden Wehrdienst abgeschafft. In Griechenland und der Türkei gibt es dagegen eine Wehrpflicht für Männer.