Medaillengewinner des olympischen Marathons auf dem Podium, von links nach rechts: Silbermedaillengewinner aus den USA Frank Shorter Boulder Colo, Goldmedaillengewinner aus Deutschland Waldemar Cierpinski und Bronzemedaillengewinner aus Belgien Karel Lismont.

Stand: 17.10.2025 19:50 Uhr

Waldemar Cierpinski ist einer der erfolgreichsten Athleten der deutschen Sportgeschichte. Nun könnte der zweifache Olympiasieger zum Ehrenbürger von Halle werden. Ende Oktober wird über einen entsprechenden Antrag der Stadtratsfraktion Hauptsache Halle im Stadtrat abgestimmt.

Von Oliver Leiste, MDR SACHSEN-ANHALT

Das Leben von Waldemar Cierpinski ist reich an Ehrungen. Schon zu DDR-Zeiten wurde der zweifache Marathon-Olympiasieger immer wieder ausgezeichnet. Bei der Schlussfeier der Olympischen Spiele 1980 war er der Fahnenträger seiner Mannschaft. Auch nach der Widervereinigung hat Cierpinski nichts von seiner Popularität eingebüßt, wurde etwa 2020 von der Interessensgemeinschaft „German Road Races“, einem Verbund von Laufveranstaltungs-Organisatoren, mit dem GRR Award für sein Lebenswerk ausgezeichnet. In Halle erinnert eine Stele im Park der Olympiasieger an seine Erfolge in Montreal und Moskau.

Nun könnte eine weitere Auszeichnung hinzukommen. Cierpinski wurde von der Stadtratsfraktion Hauptsache Halle als Ehrenbürger der Stadt vorgeschlagen. Am 29. Oktober entscheidet der Stadtrat über den Antrag.

Waldemar Cierpinski in seiner Heimatstadt Halle.

Andreas Wels: „Herausragende und geeignete Persönlichkeit“

Andreas Wels, Olympiamedaillengewinner im Synchronspringen und Fraktionsvorsitzender von Hauptsache Halle erklärt, wie es zu dem Antrag kam: „Waldemar Cierpinski ist als Sportlegende weit über die Stadt und Landesgrenzen hinaus bekannt. Sein Status hat seit vielen Jahren junge Menschen zum Sporttreiben bewegt.“

Darüber hinaus sei er Initiator und Organisator des Mitteldeutschen Marathons und bewege so jedes Jahr tausende Menschen. Er engagiere sich auch in gemeinnützigen Initiativen. Außerdem sei er als Unternehmer in der Stadt aktiv und belebe mit seinem großen Geschäft die immer dünner werdende Innenstadt. „Das macht ihn aus unserer Sicht zu einer absolut herausragenden und geeigneten Persönlichkeit. Deswegen haben wir diese Initiative in den Stadtrat eingebracht“, so Welz.

Andreas Wels kandidierte Anfang 2025 für das Amt des Oberbürgermeisters in Halle.

Doch wie blickt Cierpinski selbst auf die Nominierung? Der 75-Jährige war für eine Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT nicht zu erreichen.

Olympiagold in Montreal und Moskau

Als der in Neugattersleben geborene Waldemar Cierpinski 1976 in Montreal überraschend Olympiagold im Marathon gewann, war er noch ein Außenseiter. Doch mit einer Zeit von 2:09:55 Minuten lief er nicht nur zum Sieg, sondern auch in die Geschichtsbücher. Vier Jahre später, bei den Olympischen Spielen in Moskau, wiederholte er das Kunststück – und wurde damit nach Abebe Bikila der zweite Läufer überhaupt, der zweimal olympisches Marathon-Gold gewann. Auch bei der WM 1983 in Helsinki bewies er seine Klasse mit einer Bronzemedaille.

„Waldemar ist da!“ – Die Stimme des Sieges

Untrennbar mit Cierpinskis zweitem Olympiasieg verbunden ist die Stimme von Heinz-Florian Oertel. Der legendäre DDR-Sportreporter kommentierte das Rennen mit einer Mischung aus Pathos und Poesie. Als Cierpinski die Ziellinie überquerte, rief Oertel in die Mikrofone: „Liebe junge Väter, haben Sie Mut – nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig Waldemar! Waldemar ist da!“

Dieser Satz wurde zum geflügelten Wort, zur kollektiven Erinnerung. Oertels Reportage machte aus einem sportlichen Triumph ein nationales Ereignis – auch wenn sein Freund Waldemar Cierpinski die Formulierung nach eigener Aussage nicht besonders mochte.

Nach dem Karriereende: Trainer, Unternehmer und bald Ehrenbürger?

Nach dem Ende seiner aktiven Karriere 1984 blieb Cierpinski dem Sport treu – als Trainer, Unternehmer und Förderer des Laufsports. In Halle und Quedlinburg eröffnete er Sportgeschäfte, engagierte sich im Deutschen Olympischen Sportbund und blieb eine feste Größe im deutschen Ausdauersport. Als sein Name später im Zusammenhang mit dem DDR-Dopingsystem auftauchte, bestritt er jede Beteiligung.

Wenn der Stadtrat zustimmt, würde Cierpinski der 34. Ehrenbürger der Stadt Halle. Auf der Liste stehen unter anderem der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher,  Schauspieler und Theatermacher Peter Sodann, Halles langjähriger Oberbürgermeister aus dem frühen 20. Jahrhundert, Richard Robert Rive oder Marianne Witte, die die Sanierung des Friedhofs Stadtgottesacker mit einer Millionensumme unterstützte.

MDR (Oliver Leiste)

Mitteldeutscher Rundfunk