Köln war auch lange der deutsche Sitz des wichtigen Plattenlabels EMI Electrola. Dazu kamen TV-Sender wie Viva oder vor allem bis heute der WDR mit seinem legendären „Rockpalast“.

Noch immer ist aber die Geschichte der Musikszene im Bundesland nicht umfassend erfasst worden. Genau das hat sich seit 2010 das vom Musikwissenschaftler Jürgen Zeichner und von Toningenieur Matthias Schumacher gegründete Musikarchiv NRW, das seinen Sitz am Maarweg in Köln hat, zur Aufgabe gemacht. Ziel des von einem Verein getragenen Archivs ist die Sammlung, Dokumentation und Erschließung von Exponaten der Popularmusik, um sie der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und um sie so nutzbar zu machen.

Die Sammlung des
Erfinders des „Rockpalastes“

Zu den größten Beständen gehört die umfangreiche Sammlung von Christian Wagner. Der langjährige Musikredakteur ist der Erfinder der WDR-Sendung „Rockpalast“ und hat diese von der ersten Stunde an begleitet. Angeliefert wurden die neun Tonnen schwere Sammlung in Köln mit vier Lkws. Sie enthält neben zahlreichen Mitschnitte und Entwürfen der „Rockpalast“-Ära auch viel Rohmaterial in Ton und Bild von bisher unveröffentlichten Produktionen bekannter Künstler sowie von Konzertereignissen, die bundesdeutsche Musikgeschichte geschrieben haben.

Dazu zählt die auf 60 Bändern aufgezeichnete Bap-Tour 1988 in China genauso wie das zweitägige Wackersdorf-Festival 1986, bei dem fast alle deutsche Rock- und Pop-Musikgrößen von Bap und den Toten Hosen bis zu Rio Reiser und Udo Lindenberg sowie mehr als 100.000 Menschen im Publikum beteiligt waren, um nach dem Super-Gau in Tschernobyl gegen die Gefahren der Atomkraft ein Zeichen zu setzen. Dazu kommen insgesamt mehr als 20.000 LPs und etwa 12.000 CDs sowie ein umfangreiches Archiv mit Papierdokumenten.

„Mein Archiv war ursprünglich auf mehrere Orte verteilt. Als ich mich dazu entschlossen habe, es abzugeben, habe ich zunächst das ‚rock’n’popmuseum‘ in Gronau gefragt. Die waren zunächst auch begeistert, haben aber nach einem halben Jahr erkannt, das ihnen die Kapazitäten fehlen, um alles aufzuarbeiten. So kam der Kontakt zum Musikarchiv NRW in Köln zustande“, erinnert sich Wagner.

Die größte Aufgabe für das Archiv ist es nun vor allem, die Film- und Audiodokumente komplett zu digitalisieren, um sie vor dem Verfall zu bewahren. Dazu müssen die technische Ausstattung erneuert und die vorhandene Datenbank mit ihren Speicherkapazitäten erweitert werden. Unterstützung kommt dafür jetzt von der NRW-Stiftung, die Fördermittel in Höhe von 110.000 Euro zur Verfügung stellt.

„Das, was hier gesammelt wird, ist ein Teil der Kulturgeschichte in Nordrhein-Westfalen und auch ein Teil der deutschen Fernsehgeschichte. Die Geschichte der Popularmusik in NRW ist bis heute nur wenig dokumentiert. Der Verein schließt da mit seinem Engagement eine wichtige Lücke. Durch die Digitalisierung können wertvolle, zumeist einzigartige Text- und Ton- sowie Bild- und Filmdokumente als Kulturgut für die Nachwelt langfristig gesichert werden“, sagt Karl-Heinz Erdmann vom Stiftungsvorstand bei der Übergabe der Förderurkunde am Maarweg.

Die NRW-Stiftung unterstütze mit etwa 13 Millionen Euro pro Jahr bis zu 100 Projekte im Bundesland. Dazu gehörten zum Beispiel auch das Römergrab in Weiden mit seinem Erweiterungsbau oder der Erhaltung der römischen Stadtmauer in der Kölner Innenstadt. Das Geld dafür erhält die Stiftung aus den Lotterieerträgen von Westlotto sowie über Mitgliedsbeiträge ihres Fördervereins und über Spenden.

Zum umfassenden Archivbestand des Musikarchivs gehören neben Bild- und Tonträgern wie Videos, Filme, CDs und LPs auch Dokumentationen von Aktivitäten von Musikschaffenden wie Veranstaltungsinformationen zum Beispiel auf Plakaten, Katalogen und Social-Media-Dokumentationen sowie Akten und Korrespondenz, Partituren, Fotografien, Presseausschnitte oder auch Buchhaltung und Inventarbücher.

Gesammelt werden sowohl analoge als auch digitale Materialien zum Beispiel aus Nachlässen wie von Veranstaltern, Musikschaffenden, Komponisten, Plattenhändlern oder Unternehmen der Musikindustrie. Zu sehen gibt es am Maarweg auf 30 Quadratmetern die wohl kleinste musikalische Dauerausstellung in Nordrhein-Westfalen. Hierzu werden auch Führungen nach vorheriger Terminabsprache angeboten. Weitere Informationen zum Musikarchiv NRW finden sich online unter: