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Mitglieder vom Literaturkreis WaldkraiburgDie Freude am Lesen verbindet sie: Regina Westhoff (von links), Gisela Gschwendtner, Anne Markt, Hermann Hartenstein, Anni Geuge und Sybille Hoerschelmann. © Huckemeyer

Gemeinsam lesen, diskutieren und entdecken – das verbindet den Waldkraiburger Literaturkreis seit sechs Jahrzehnten. Dass er sich so lange halten konnte, ist keine Selbstverständlichkeit. Gefeiert wird das Jubiläum mit einer Lesung von Filmregisseur Ralf Westhoff.

Waldkraiburg – Sybille Hoerschelmann blättert in ihren Unterlagen und kann verkünden: Eines der ersten Bücher, die der vhs-Literaturkreis in seinem Gründungsjahr genauestens unter die Lupe nahm, war der Roman „Das Schloss“ von Franz Kafka. Seitdem sind 60 Jahre ins Land gezogen. Der Literaturkreis büßte in all den Jahren nichts von seiner Attraktivität ein.

Die Damen und Herren des Buchclubs teilen nach wie vor, was sie verbindet und das heißt: Ausgewählte Bücher lesen und anschließend angeregt darüber diskutieren. Der 60. Geburtstag des vhs-Literaturkreises wird am Samstag, 25. Oktober, ab 18 Uhr im Haus des Buches gefeiert. Um 19.30 Uhr liest der in Waldkraiburg aufgewachsene Filmregisseur Ralf Westhoff aus seinem Debüt-Roman „Niemals nichts“.

Erste Buchbesprechung im Herbst 1965

Zwischen zehn und fünfzehn Bücherfreunde finden sich einmal pro Monat im Haus des Buches ein. Dabei geht es um die Begeisterung für gute Literatur, die nie versiegt, sondern immer präsent ist. Die erste Buchbesprechung im Herbst 1965 fand unter der Leitung von Professor Paul Döring und dem damaligen ehrenamtlichen Leiter und Mitbegründer der Volkshochschule, Werner Tusche, statt.

Wie Margarete Marklstorfer, Frau der ersten Stunde im Literaturkreis betont, sei es alles andere als eine Selbstverständlichkeit, wenn sich das Angebot einer Volkshochschule 60 Jahre lang erfolgreich im Programm behaupten kann. Steckt da etwa ein Geheimnis dahinter? Dies sei nicht der Fall, heißt es, aber: „Unser Kreis ist kein Kurs mit Lehrplan und Frontalunterricht“, erklärt Marklstorfer und ergänzt: „Die Teilnehmer sind alle gleichberechtigt. Wir schlagen lesenswerte Bücher vor und treffen eine Auswahl.“

Außerdem stamme die stets wechselnde Gesprächsleitung ebenfalls aus dem Teilnehmerkreis. Für Hermann Hartenstein ist es auch die Spannung, die den Literaturkreis trägt, weil sich die zu besprechenden Bücher thematisch sehr voneinander unterscheiden. Der Taufkirchner gilt in der Runde als der Mann für die Nobelpreisträger. Daher ist Hermann Hartenstein momentan damit beschäftigt, einen Roman des frisch gekürten ungarischen Nobelpreisträgers László Krasznohorkai auszuwählen. Welches Buch es sein wird, steht noch nicht fest.

Worüber sich die Damen und Herren im Lesezirkel absolut einig sind: Die Qualität der Bücher und die perfekte Mischung aus Neuerscheinungen und Klassikern macht den Erfolg ihres Zirkels aus. Auch Biografien und populäre Bücher, die gerade im Gespräch sind, kommen immer wieder auf den Tisch. Mit dem Label „Intellektueller Stammtisch“ wollen die Lesefreunde jedoch nichts zu tun haben. „Wir sind ein offener Kreis, zu uns kann jeder Interessierte kommen“, unterstreicht Gisela Gschwendtner.

Diskussionen bieten anderen Zugang zum Buch

Sie und ihre Kollegen sind alle über 30, manche sogar über 40 Jahre beim literarischen Treffen dabei. Der Zugang zum Buch sei ein anderer, wenn man unterschiedliche Ansichten und Argumente höre, glauben die Teilnehmer wie beispielsweise Anni Geuge, die sagt: „Das eine oder andere besprochene Buch hätte ich mir selber wahrscheinlich gar nicht gekauft.“ Durch die tiefschürfenden Diskussionen sei man aber öfters positiv überrascht worden. Zehn Bücher pro Jahr werden von den Literaturfreunden einer kritischen Würdigung unterzogen. 

Margarete Marklstorfer, ehemalige Leiterin der Waldkraiburger Bücherei, arbeitet eine Vorschlagsliste aus und organisiert die Abende. Was die Freunde profunder Literatur keinesfalls unerwähnt lassen möchten: Margarete war und ist in all den Jahrzehnten einfach das Herz des Literaturkreises.

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