Serbiens staatliche Ölfirma ist mehrheitlich in russischer Hand. Deshalb wird sie jetzt von den USA sanktioniert. Die ersten Auswirkungen machen sich in Serbien schon bemerkbar.
Serbien hat massive Probleme wegen eines Wirtschaftsdeals mit Russland aus dem Jahr 2008. Damals hatte Serbien seine finanziell stark angeschlagene staatliche Ölfirma NIS (Naftna Industrija Srbije) an den staatlichen russischen Ölkonzern Gazprom Neft verkauft.
Serbien erhoffte sich neben wirtschaftlichen auch politische Vorteile. Vor allem einen russischen Rückhalt im Kosovokonflikt.
Heute besitzt Gazprom Neft, zusammen mit Gazprom, rund 56 Prozent der Anteile an NIS. Und so wurde die Ölfirma aus Serbien im Januar dieses Jahres Teil eines Sanktionspakets der USA gegen die russische Energiewirtschaft.
Lieferungen eingestellt
Dass der wichtigste serbische Ölkonzern betroffen ist, sei so etwas wie ein geopolitisches Schicksal, erklärte die serbische Energieministerin, Dubravka Djedovic Handanovic. „Die Sanktionen wurden nicht wegen Serbien eingeführt und auch nicht wegen der serbischen Regierung. US-Präsident Joe Biden hat sie im letzten Moment seiner Amtszeit eingeführt, gegen Russland und seinen Energiesektor. Für uns ist der Energieversorger NIS extrem wichtig und von existenzieller Bedeutung. Wir sind als Land davon betroffen, dass zwei große Mächte ihre Kriege führen“, sagte Dedovic Handanovic.
In den USA wurde bald darauf Donald Trump Präsident, und da gab es bei den Sanktionen Ausnahmeregelungen für NIS, damit die Energieversorgung in Serbien nicht gefährdet werde. Doch seit dem 9. Oktober ist damit Schluss. Es gibt keine Ausnahmen mehr, NIS wird nun tatsächlich sanktioniert und die Auswirkungen sind bereits spürbar.
Da Serbien weniger als ein Viertel seines Rohölbedarfs selbst im Land produziert, bekommt NIS vor allem Rohöl aus Ländern wie Kasachstan, Aserbaidschan oder Nigeria. Es wird mit Tankern nach Kroatien geliefert und dort in eine Pipeline nach Serbien eingespeist. Nachdem die US-Sanktionen nun in Kraft traten, hat die kroatische Pipelinegesellschaf JANAF jedoch die Lieferungen an NIS eingestellt.
Vorwürfe gegen Serbiens Regierung
Von der serbischen Opposition gibt es Kritik. Der serbische Präsident Aleksandar Vucic habe nichts gegen die Abhängigkeit von Russland getan. Dabei sei schon lange klar gewesen sei, dass die USA irgendwann mit den Sanktionen ernst machen würden, so der Wirtschaftsexperte der sozialdemokratischen Oppositionspartei SSP, Dusan Nikezic.
„Ich wundere mich über den verantwortungslosen Umgang der Regierung mit diesem Problem. Jetzt sagt uns die Energieministerin, dass wir nur gewartet haben, ob das NIS-Management irgendeinen Plan hat“, sagt Nikezic. Vucic habe mehrfach die Gelegenheit gehabt, mit Russlands Präsident Wladimir über das Problem zu sprechen. „Das Resultat davon ist, dass Putin gesagt hat: ‚Wir werden Euch auch das Gas abdrehen‘.“
Gasvertrag nur bis Jahresende verlängert
Beim Gas ist im Mai ein Zehnjahres-Vertrag mit der russischen Gazprom ausgelaufen. Dieser Vertrag wurde von russischer Seite nur bis zum Jahreswechsel verlängert.
Nun wird in Serbien spekuliert, dass Russland damit Druck auf Serbien ausüben wolle, so dass der Ölkonzern NIS nicht wieder in den serbischen Staatsbesitz zurückkehrt. Dem widersprach der russische Botschafter in Serbien, Aleksandr Botsan-Kharchenko: „Wir werden die Gaszufuhr in Serbien nicht abschalten. Wir werden sie zu den besten Preisen weiterführen.“
Rückkauf der Anteile durch Serbien?
Serbiens Präsident Vucic traf sich vor wenigen Tagen mit dem Vorstandsvorsitzenden der russischen Gazprom Neft, Alexander Djukov, und mit dem stellvertretenden russischen Energieminister, Pawel Sorokin, um über NIS zu verhandeln. Was am Ende genau die Lösung sein wird, wurde nicht gesagt, aber Vucic versprach den Serben, dass es keine Energiekrise geben werde.
„Die Zeiten sind nicht leicht. Aber ich kann den Bürgern Serbiens zusichern: Einen Mangel an Öl oder an irgendwelchen Öl-Derivaten oder irgendeine Energiekrise wird es in Serbien nicht geben. Unsere russischen Freunde haben unsere Botschaft verstanden, und wir haben verstanden, was ihre Interessen sind. Und wir werden alles tun, was taktisch und strategisch das Beste für Serbien ist“, sagte Vucic.
Serbische Medien wollen aus verschiedenen Quellen erfahren haben, dass der serbische Staat plant, einen Anteil von NIS zurückzukaufen, so dass russische Staatskonzerne nicht mehr die Mehrheitseigner sind. Wenn sich Russlands Situation auf internationaler Ebene dann irgendwann „normalisiere“, könne man die erworbenen Anteile wieder an Russland zurückverkaufen, so angeblich der Plan.
Kommt die Energiekrise?
Noch gibt es in Serbien keinen Energieengpass. Doch manche Serben machen sich Sorgen, dass sie wieder Benzin in Flaschen und Kanistern kaufen müssen, wie in den 1990er-Kriegsjahren.
Erste Auswirkungen der Sanktionen spüren können die Bürger bereits spüren. Denn die NIS- und Gazprom-Tankstellen in Serbien sind vom Bezahlverkehr mit Visa- und Mastercard und American Express abgekoppelt.