„Das crazy“ lautet also das neue Jugendwort des Jahres, verkündet auf der Buchmesse. Es ist der zweite Publikumstag, und verrückt im positiven Sinne ist das Gedränge – Lesemüdigkeit kennt hier wohl keiner. An der Außen-Rolltreppe von Halle Drei macht ein Sicherheitsmann „Crowd Control“, ein paar Leute dürfen rauf, dann müssen sie eine Lücke lassen, dann kann die nächste Gruppe los.

Oben in der Halle lesen die Stars, Caroline Wahl hat ein bisschen Glitzer im Gesicht, sagt ziemlich oft „ja, voll“ und schreibt nach dem jüngsten Bestseller „Die Assistentin“ schon an ihrem nächsten Roman. Etwas abseits ist es weniger voll, dort spricht Jana Engels vom Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller in der Gewerkschaft Ver.di über das Arbeitsleben von Autoren, die nicht auf Anhieb einen Bestseller schreiben wie Wahl – oder auch nie. Gesprächspartnerin Diana Menschig, die unter einem Pseudonym Fantasy veröffentlicht, bestätigt: Ohne Nebenjob oder Vollzeitjob geht selten etwas, und viele Autoren gehen finanziell in Vorleistung, auch trotz Vorschuss. Schreiben wird so notgedrungen zum Hobby.

Für andere ist es eine Notwendigkeit im Kampf gegen politisches Unrecht: Maria Ressa, Nobelpreisträgerin des Jahres 2021 aus dem Gastland Philippinen, sitzt im Erdgeschoss am Stand von Bastei Lübbe und signiert, vor ihr steht zweifach ihr Buch „How to stand up to a dictator“, mit deutschem Untertitel, „Der Kampf um unsere Zukunft“. Eine junge Frau mit langen braunen Haaren und sehr großen Brillengläsern bedankt sich überschwänglich. Sie sieht aus, als wolle sie Ressa umarmen, verdenken kann man es ihr kaum – Ressa kämpft mit ihrem Portal Rappler seit Jahren für die Pressefreiheit in ihrem Heimatland.

So, wie sich die Menschen hier drängen, muss es eine erfolgreiche Messe sein. Essen gibt es jedenfalls nur nach langem Anstehen. Da sucht man in der Masse lieber nach Menschen, die das neue heimliche Motto „Das crazy“ ein wenig zu verkörpern scheinen.

Ein Mann Mitte vierzig, groß, schwarzer Anzug, läuft eilig auf die Halle Drei zu. Eher konventionell würde er aussehen, wenn auf den vollen grauschwarzen Haaren nicht zwei kleine rosagraue Stoffohren eines nicht näher bestimmbaren Tieres – Hase? Katze? – thronten. Das sei eigentlich immer so sein Look, sagt Journalist Matthias Mayer, nicht nur heute. Und er könne sich für das Magazin „BuchMarkt“ dadurch zum Beispiel gut unter die Cosplayer und „New Adult“-Fans mischen, erzählt er. Gerade ist Mayer auf dem Weg zu einem Interview mit Comedian Oliver Kalkofe, der – natürlich – auch ein neues Buch geschrieben hat.