Halle (Sachsen-Anhalt) – Er bat in Briefen an die Eltern um Entschuldigung, schrieb den trauernden Hinterbliebenen, dass er die „volle Verantwortung“ für die Tragödie übernehmen werde. Als Michael L. (44) aber vor Gericht für die Alkoholfahrt, die Leonie (19), Greta (19) und Laurenz (21) das Leben kostete, mit zwei Jahren Gefängnis bestraft wurde, waren die Worte vergessen.
„Gewissenlos, empathielos und feige“, nannte Dr. Sandra Hoffmann, Mutter der tödlich verunglückten Greta das Verhalten des Fleischermeisters, der nun am Landgericht von Halle (Sachsen-Anhalt) um Bewährung bettelte.
Die Ärztin blickte dem Mann, der ihr die Tochter nahm, fest in die Augen: „Die Glaubwürdigkeit des Angeklagten steht infrage. Was sind die Reuebekundungen wert, wenn er dann die Strafe nicht akzeptiert?“
An der Unfallstelle stehen immer wieder frische Blumen
Foto: Christian Schroedter
Verhängnisvolle Fahrt nach Kirschfest
Rückblick, 1. Juli 2024: Nach einem ausgelassenen Abend beim Kirschfest in Naumburg, wollten Leonie, Greta und Laurenz mit Michael L. nach Hause fahren. Dass der 44-Jährige, der am Abend am Tresen gearbeitet hatte, getrunken hatte, wussten sie nicht.
Auf dem Heimweg kam es zum Unfall: L. fuhr zu schnell in eine Kurve, der Wagen kam von der Straße ab, raste einen Hang hinunter und prallte mit dem Dach gegen einen Baum. Die drei jungen Leute auf der Rückbank waren sofort tot. Ein Alkoholtest ergab 0,98 Promille. L. hatte während der Arbeit Bier und Rum-Cola getrunken. Später noch einen Pfefferminzschnaps.
Der Unfallwagen: Die drei jungen Erwachsenen auf der Rückbank hatten keine Überlebenschance
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Der Unfallhergang ist unstrittig. Daran wollte auch der Angeklagte nicht rütteln. Sein Ansinnen in der Berufung: Die zwei Jahre Haft sollten zur Bewährung ausgesetzt werden. Schließlich leide er selbst, habe finanziell gebüßt, seinen Job verloren und eine Alkoholtherapie gemacht. „Die Versagung der Bewährung war rechtsfehlerhaft und willkürlich“, so sein Anwalt Jan Siebenhüner.
Angeklagter plötzlich doch berührt
Minuten vor dem Urteil schien der Angeklagte dann doch von den Ausführungen der Eltern gepackt. „Ich habe nur einen Wunsch an Sie: Ziehen Sie die Berufung zurück“, sagte Dr. Steffen Hoffmann, nachdem seine Frau in bewegenden Worten der gemeinsamen Tochter gedacht hatte. Michael L. zuckte kurz, schien dem Wunsch des Vaters sogar nachkommen zu wollen und wandte sich an seinen Anwalt, der ihn schließlich in einer zehnminütigen Unterbrechungspause bremste.
Richter Jörg Engelhard hielt in seinem Urteil schließlich an der Haftstrafe fest. Michael L. akzeptierte das. Er will keine Rechtsmittel mehr einlegen.
Michael L. im Gespräch mit seinem Rechtsanwalt Jan Siebenhüner
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