Abschied von Stammgästen fällt schwer
Eva Richter und Carmen Gebauer wollen für sich das Kapitel Luftfahrt abschließen, sagen sie. Gegenwärtig sehen sie keine Perspektive in der Branche mit den anhaltenden Umbrüchen. Sie blicken auf erfüllte Jahrzehnte voller Erlebnisse in der Fliegerei zurück. Was bleibt, ist vor allem Traurigkeit. „Ich fühle mich schon, wie in einem großen Loch“, sagt Carmen Gebauer und muss sich eine Träne verdrücken. Seit rund 25 Jahren arbeitet sie am Check In. „Die Stammgäste werden mir fehlen.“ Bis Ende Oktober hat sie noch wenige Schichten, um sich von ihnen zu verabschieden.
Zwar wird Diskretion groß geschrieben in der Branche. Zwei Namen verrät sie aber doch: Schauspieler Wolfgang Stumpf fliege regelmäßig zu Drehterminen, und Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sei auch häufig schon Fluggast auf Privat- und Dienstreisen gewesen. Der Politiker machte sich jüngst übrigens in einem Social-Media-Video, das ihn als Fluggast léger mit Kleidersack über der Schulter auf dem Weg zum Flugzeug zeigt, für den Dresdner Flughafen stark.
Letzter Abflug ist gestrichen
Dieses Engagement kommt für die beiden Lufthanseatinnen jedoch zu spät. Mit anwaltlicher Unterstützung habe man sich eine Abfindung erstritten, sagt Betriebsrätin Eva Richter sichtlich frustriert über das Ende. Ein beruflicher Wechsel an einen anderen Lufthansa-Standort sei für sie jedoch keine Option, schon wegen familiärer Bindung an die Region nicht.
Ihren letzten Arbeitstag in Diensten der Lufthansa hat Eva Richter bereits hinter sich. Inzwischen ist sie freigestellt. Ausgerechnet an ihrem letzten Dienst im September als Ramp Agentin – zuständig für die Abfertigung der Flugzeuge – wurde der Abflug eines Airbus A319 der Lufthansa nach Frankfurt gestrichen. So blieb ihr nur noch die Annahme von zwei Regionaljets der Lufthansa-Tochter Cityline. Ironie des Schicksals: Den Crews dieser Airline geht es ähnlich wie den Beschäftigten der ASD. Ihre Fluggesellschaft wird abgewickelt und durch die kostengünstigere Neugründung Lufthansa City Airlines – noch ohne Tarifvertrag für Beschäftigte – ersetzt.
Job im Osten: „Lufthanseaten zweiter Klasse“
Eva Richter hat den Beruf der Luftverkehrskauffrau noch bei der Interflug kurz vor Ende der DDR gelernt, damals mit dem Ziel als Stewardess die Welt zu erkunden. Nach der Wende blieb sie letztendlich auf dem Boden und hat beim damals neu gegründetem Lufthansa Airport Service Dresden begonnen. Noch gut erinnert sie sich, wie 1991 eine Boeing 747-400 auf den Namen „Sachsen“ und ein Airbus A320 auf den Namen „Dresden“ getauft wurden. Die Lufthansa war in den 1990er-Jahre eine Institution, von Konkurrenz durch Billigairlines und staatlich gestützten Fluggesellschaften aus China oder der Golf-Region war seinerzeit noch fast nichts zu spüren. „Wir waren stolze Lufthanseaten und haben uns als vollwertige Mitglieder der Lufthansa gefühlt, mit Stolz die Uniform getragen“, sagt Eva Richter. Bei Personalengpässen habe man nahezu weltweit an Lufthansa-Standorten ausgeholfen.
Letztendlich sei man wohl aber doch nur „Lufthanseat zweiter Klasse“ geblieben, glaubt Eva Richter nun. „Obwohl wir dieselbe Arbeit geleistet haben, haben wir im Osten immer weniger Lohn bekommen.“ Auch habe es bei vergünstigten Flügen und Sonderurlaub in Jubiläumsjahren der Betriebszugehörigkeit Einschränkungen im Vergleich mit den Westkollegen gegeben. Anfangs trugen die Firmen ASD und ASF auch noch Lufthansa offiziell im Namen. Nachdem zunehmend auch Flugzeuge von Mitbewerbern abgefertigt wurden, wurde der Name der Konzernmutter aus strategischen Gründen gestrichen.
Billigflieger sorgen für Veränderungen in der Luftfahrt
Dennoch haben die beiden Frauen ihre Arbeit mit Herzblut und Leidenschaft für die Luftfahrt, für die Fluggäste sowie für die fliegenden Kolleginnen und Kollegen in den abzufertigenden Maschinen erledigt, wie sie betonen. Dabei habe sich die Luftfahrt insbesondere mit Aufkommen der Billigfliegerei stark verändert, sagen sie.
Der Service am Kunden wurde nach und nach zurückgefahren, der aufgegebene Koffer und der Kaffee an Bord kosten inzwischen Geld. Zudem sorgt die Digitalisierung dafür, dass die Airlines ihren Fluggästen immer mehr Aufgaben von der Ticketbuchung, der Platzauswahl, der Essenvorbestellung bis hin zum Check-In und an manchen Flughäfen selbst Gepäckaufgabe übertragen. Die Reisenden fertigen sich inzwischen fast komplett selbst ab.