Der Andrang ist enorm. Die Eröffnung des neuen Büros des deutschen Ablegers der türkischen Oppositionspartei CHP in Bockenheim ist durch und durch von der politischen Lage in der Türkei bestimmt. Viele türkischstämmige Deutsche sind am Samstagnachmittag in die Räume an der Leipziger Straße gekommen. Unter ihnen ist eine junge Frankfurterin, die der Partei beitreten möchte. Sie sei zwar Deutsche, aber auch Türkin und als diese sei es für sie wichtig, etwas für ihr Land zu tun. Die CHP stehe für Demokratie und den Kampf für die Meinungsfreiheit. Beides sei in der Türkei in Gefahr.

Die größte türkische Oppositionspartei ist schon lange auch in Deutschland vertreten. Den deutschen Ableger der „Republikanischen Volkspartei“ gibt es seit 2013. Und auch schon bisher gab es ein Büro in Frankfurt, es lag im Gallusviertel. Doch dort sei das Mietverhältnis beendet worden, sagt die stellvertretende Vorsitzende Yasemin Paukner.

Oberbürgermeister Mike Josef ist zu Gast

Mit dem neuen Standort der Geschäftsstelle in Bockenheim sei eine der fortschrittlichsten Kräfte der Türkei mitten in Frankfurt sichtbar, sagt Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) in seiner Rede zur Eröffnung.

Die CHP ist die größte Oppositionspartei der Türkei. Mustafa Kemal Atatürk, der Gründer der türkischen Republik, rief die CHP 1923 ins Leben. Anders als die islamisch-konservativ geprägte AKP des türkischen Präsidenten Recep Tayyib Erdogan steht die republikanische Volkspartei für die kemalistische Trennung von Staat und Religion. Seit den sechziger Jahren richtet sie sich außerdem sozialdemokratisch aus. Spätestens seit der Festnahme von Ekrem Imamoglu, dem Bürgermeister von Istanbul und Kandidaten der Partei für die Präsidentschaftswahlen 2028 im vergangenen März ist die Partei ein Anlaufpunkt für junge und alte Türken, die gegen die zunehmende staatliche Repression Erdogans protestieren.

Neben dem Oberbürgermeister sind auch der Bundestagsabgeordnete Armand Zorn und der Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel (beide SPD) zur Eröffnung des Büros gekommen. Ayse Ünlüce, die Oberbürgermeisterin von Eskisehir, der anatolischen Partnerstadt Frankfurts, konnte nicht anwesend sein, weil sie an einer Konferenz in der Türkei teilnehmen musste.

Ein wichtiger Standort für den Widerstand

In einer Videobotschaft richtet Ünlüce einige Worte an ihre Parteigenossen und sagt: Frankfurt „wird einer der wichtigsten Widerstandsorte für unseren Demokratiekampf in unserem Land sein, für unseren Freiheitskampf, für unsere Rufe nach Recht und Gerechtigkeit.“ Die Mainmetropole hat eine der größten türkischen Gemeinden in Deutschland. Bei den Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl im März waren rund 4000 türkischstämmige Deutsche gekommen, um Imamoglu zum Kandidaten zu küren und gegen seine Festnahme zu protestieren.

Neben den Gästen aus der deutschen und türkischen Politik ist auch die türkische Aktivistin Esila Ayik zur Eröffnung der Geschäftsstelle gekommen. Ayik saß 37 Tage im Gefängnis, nachdem sie auf einer Demonstration gegen die Festnahme von Imamoglu und weiterer rund 200 Studenten protestiert und ein Plakat mit der Aufschrift „Erdogan Diktator“ hochgehalten hatte.

Die Medien berichteten über den Fall der jungen Frau, die Fotografie im belgischen Gent studiert, weil sie an einem chronischen Herz- und Nierenproblem leidet und in der Haft lange Zeit keine Medikamente erhielt, wodurch sich ihr Gesundheitszustand drastisch verschlechterte. Junge Menschen wie sie hätten in der Türkei keine Zukunft, sagt Ayik. Deswegen würden sie und ihre Freunde auch demonstrieren, obwohl der türkische Staat versuche, sie durch Festnahmen einzuschüchtern.