Semperoper (Dämmerung) © Semperoper Dresden/Matthias Creutziger
Am 18. Oktober 2025 habe ich eine Vorstellung von Giacomo Puccinis Melodramma Tosca (1900) unter der Regie von Johannes Schaaf an der Semperoper Dresden erlebt. Alle drei Hauptrollen waren optimal besetzt, und Schaafs Inszenierung (dies war die 89. Aufführung seit der Premiere am 31. Januar 2009) ist eine der wirkungsvollsten, die ich in letzter Zeit gesehen habe, um die Handlung des Librettos zu veranschaulichen und dem Drama seine maximale emotionale Wirkung zu verleihen. Unter der Leitung von John Fiore gestaltete die Sächsische Staatskapelle Dresden Puccinis reichhaltige Partitur so, dass die Handlung einheitlich vorankam mit einer technischen Raffinesse und Feinheit, die die Affinität des Orchesters zu Richard Strauss widerspiegelte.
Als Floria Tosca könnte die Darstellung der Sopranistin Aleksandra Kurzak als zärtlich, sanft und liebevoll, wenn auch eifersüchtig, im Privaten mit ihrem Liebhaber Mario Cavaradossi, aber stark und kämpferisch gegenüber dem sadistischen Baron Scarpia beschrieben werden. In ihrer Arie im zweiten Akt („Vissi d’arte“), als Tosca erkennt, dass sie und Cavaradossi Scarpia ausgeliefert sind, betet sie, denkt über ihr Schicksal nach und fragt, warum Gott sie verlassen hat, brachte Kurzak die Verzweiflung der Figur zum Ausdruck und erhielt dafür stürmischen Zwischenapplaus. Kurzaks Rufe „Muori dannato! Muori, Muori!“ nach Toscas Messerstich auf Scarpia waren sehr ergreifend.
Der Tenor Roberto Alagna sang die Rolle des Mario Cavaradossi mit solcher Leidenschaft, dass einige im Publikum so begeistert waren, dass sie ihm mitten in seinem ersten Auftritt in der Eröffnungsszene applaudierten. Sängerisch und schauspielerisch verkörperte Alagna alle Facetten Cavaradossis – vom Liebhaber der Tosca über den listigen politischen Intriganten bis hin zum trotzigen politischen Gefangenen. In der Arie des dritten Aktes („E lucevan le stelle…“), Cavaradossis Abschied von seinem Leben und seiner Liebe zu Tosca, während er auf seine bevorstehende Hinrichtung wartet, strahlte Alagnas Tenorstimme und projizierte die emotionale Qual der Figur. Unmittelbar nach dem letzten Ton der Arie brach das Publikum in Applaus aus.
In seiner Darstellung des Barons Scarpia machte der Bassbariton Oleksandr Pushniak deutlich, dass dies neben Don Pizarro in Ludwig van Beethovens Fidelio, Hagen in Richard Wagners Götterdämmerung und Jago in Giuseppe Verdi’s Otello eine der widerwärtigsten Figuren der Opernliteratur ist. Mit seiner kraftvollen und finsteren Stimme war Pushniak besonders furchterregend in Scarpias Monolog im zweiten Akt („Ella verrà… per amor del suo Mario!“), in dem er seine Vorliebe für gewaltsame Eroberung gegenüber Romantik offenbart.
Semperoper Dresden/TOSCA/Sächsischer Staatsopernchor, Tilmann Rönnebeck (Sciaronne)/Foto: © Semperoper Dresden/Klaus Gigga
Die kleinen Rollen des Cesare Angelotti, Il sagrestano, Spoletta, Sciarrone, Carceriere und Un pastorello wurden von Vladyslav Buialskyi (Bass), Markus Marquardt (Bariton), Timothy Oliver (Tenor), Peter Lobert (Bass), Metehan Köklü (Bass) und Jakob Krause (Knaben-Sopranist) übernommen. Der Sächsische Staatsopernchor Dresden und der Kinderchor der Semperoper Dresden haben ihre Partien kraftvoll und treffsicher gesungen, wie es Puccinis Partitur vorschreibt.
Die Inszenierung von Johannes Schaaf (Bühnen: Christof Cremer, Kostüme: Petra Reinhardt) verwendete geschickt Requisiten und Kostüme, um die Orte und Situationen zu veranschaulichen, an denen die Handlung stattfindet. Die Inszenierung wirkt zeitlos, weil sie sich auf die Psychologie der Figuren konzentriert und dem Werk keine Ideologie des Regisseurs aufzwingt. Schaaf zeigte, dass der Hintergrund nicht bei jeder Szene gewechselt werden muss, um die einzigartige Atmosphäre zu fördern. Auf diese Weise ging jede Szene nahtlos und ohne Unterbrechungen in die nächste über. Der schlichte Hintergrund wurde abwechselnd zu einer Kirche, Scarpias Speisesaal mit angrenzender Folterkammer und der Brüstung der Castel Sant’Angelo.
Das Publikum in der Semperoper, die bis auf den letzten Platz ausverkauft war, bedankte sich mit heftigen Ovationen für die gesamte Besetzung. Kurzak und Alagna wurden besonders begeistert gefeiert.
- Rezension von Dr. Daniel Floyd / Red. DAS OPERNMAGAZIN
- Semperoper Dresden / Stückeseite
- Titelfoto: Semperoper Dresden/TOSCA/Sächsischer Staatsopernchor, Tilmann Rönnebeck (Sciaronne)/Foto: © Semperoper Dresden/Klaus Gigga