Die Martinszeit steht bevor und bei vielen Wuppertalern wächst die Vorfreude auf die Tage rund um den 11. November. Höhere Anforderungen, insbesondere zur Veranstaltungssicherheit, machen es ehrenamtlichen Organisatoren jedoch in Wuppertal zunehmend schwerer mit der Ausrichtung. Gerade die kleineren Züge schwinden aufgrund des Aufwands und der Kosten.

Was die Auflagen angeht, gilt es, zwischen größeren und kleineren Zügen zu unterscheiden. Die Beantragung einer Erlaubnis wird erst notwendig, wenn die voraussichtliche Teilnehmerzahl mehr als 500 Personen beträgt, das überörtliche Straßennetz genutzt wird oder verkehrliche Maßnahmen wie Sperrungen erforderlich sind.

Kleinere Laternenzüge, wie zum Beispiel von Kindertagesstätten, die ohne Martin zu Pferd auskommen und sich beim Singen nicht auf der Straße bewegen, unterliegen nicht der Erlaubnispflicht.

Der größte Martinszug Wuppertals wird federführend von der Katholischen Citykirche Wuppertal organisiert und findet in diesem Jahr am 10. November ab 17 Uhr statt. Ausgangspunkt ist der Laurentiusplatz. Ausgerichtet wird dieser seit 2009 und mit inzwischen knapp 8000 Teilnehmern gilt er als zweitgrößter in NRW.

Wie Pastoralreferent Werner Kleine dazu erklärt, wurde die Organisation 2009 übernommen, weil der Aufwand für viele kleinere Ausrichter nicht mehr zu stemmen war. Insbesondere, wenn mit Martin zu Pferde geplant wurde: „Mittlerweile müssen wirklich sehr viele Papiere ausgefüllt werden.“ Dem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis muss ein Strecken- und Zeitplan beiliegen, eine Veranstaltererklärung, der Nachweis über eine Veranstalterhaftpflichtversicherung und einer Tierhalterhaftpflichtversicherung sowie die schriftliche Bestätigung über die Geeignetheit des Pferdes. Bei der Umsetzung müssen zahlreiche weitere Regularien beachtet werden wie die Anzahl der Ordnungskräfte, Warnwesten, Kenntlichmachen durch Leuchten und vieles mehr. Soweit ein Martinsfeuer entzündet werden soll, kommt ein weiteres Merkblatt für die Veranstalter hinzu.

„Wir leben in Zeiten der absoluten Sicherung“, sagt Werner Kleine. Inzwischen sei man bei einem Regelwerk angekommen mit „Vollkasko-Mentalität“. Eine rückwärtige Entwicklung, wie er sie bezeichnet, denn kleinere Züge bleiben dabei auf der Strecke.

Eltern helfen als
Aufsichtspersonal mit

Hermann Josef Richter, der ehemalige Vorsitzende des Bürgervereins Nächstebreck, drückt es sogar noch etwas deutlicher aus: „Macht uns mit Auflagen nicht unser Brauchtum kaputt.“ Seit vielen Jahren richtet der Bürgerverein den Martinszug für Nächstebreck aus und Richter kennt den damit verbundenen Aufwand. Es sei nur noch zu stemmen mit ausreichender Unterstützung, besonders wichtig seien helfende Eltern, zum Beispiel als notwendiges Aufsichtspersonal. Gefordert wird ein Ordner pro 50 Personen. Man höre viele Sensationsmeldungen, erklärt Richter, aber 99,9 Prozent der Züge in Wuppertal liefen sicher und es trage sich nichts Auffälliges zu. Für ihn, der die Züge als Kind schon erlebte und sie heute mit seinen Enkeln besucht, ist dieses Brauchtum sehr wichtig. Ebenso die vermittelte Botschaft: Teile mit jenen, die weniger haben.

Der Cronenberger Heimat- und Bürgerverein organisiert in seinem Stadtteil den größten Zug und betrachtet die Situation als gleichbleibend. Dies erklärt Rolf Tesche, der erste Vorsitzende des Bürgervereins, mit dem Engagement vieler, wodurch sich die einhergehenden Aufgaben auf viele Schultern verteilen. Hier ist die Gemeinschaft aus Ehrenamtlichen verschiedener Vereine sehr gut eingespielt und vieles benötige lediglich einen „Zuruf“, wie Tesche schildert.

Umzug durchs Luisenviertel von 600 auf 8000 Besucher gewachsen

Der Martinszug durch das Luisenviertel ist stetig gewachsen. Was 2009 mit 600 Teilnehmern begann, ist heute eine Veranstaltung mit regelmäßig 8000 Besuchern. Dies unter anderem auch, weil sich mehr Schulen und Kitas anschließen, die keinen eigenen Zug mehr veranstalten. An der Umsetzung sind verschiedene Sponsoren und Kooperationspartner beteiligt, wie auch das Technische Hilfswerk, die Jugendfeuerwehr, die Malteser und mehr. Dennoch werden hier alle helfenden Hände gebraucht, die sich melden, damit der Martinstag auch weiterhin begangen wird.

Bei vielen genießt er noch einen hohen Stellenwert und wird mit schönen Erinnerungen verbunden, die durchaus auch weit zurückreichen können. Der Brauch des Martinszuges mit Liedern, Laternen und Martin zu Pferde ist sehr alt. Die ersten volkstümlichen Bräuche zum Martinstag entwickelten sich sogar bereits im Mittelalter.