Der parteilose Weimer gilt als Vertrauter von Friedrich Merz. Unter ihm wurde er zum Staatsminister und Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ernannt. Auf dem Posten untersteht er direkt dem Kanzler.

Zuvor war Weimer Chefredakteur der „Welt“, des „Focus“ und des „Cicero“. 2012 gründete er mit seiner Ehefrau die Weimer Media Group, die unter anderem „The European“ verlegt. Als sich sein neuer Posten im April öffentlich abzeichnete, zog Weimer sich aus der Geschäftsführung der Weimer Media Group zurück. Alleinige Geschäftsführerin ist seither seine Frau Christiane Goetz-Weimer.

Fragen zu dem Fall wollte das Kulturstaatsministerium unter Weimer nicht beantworten. Eine Sprecherin teilte auch auf Anfrage von t-online am Samstag lediglich mit: „Bitte wenden Sie sich hierzu an die Weimer Media Group.“

Der „The European“ wies die Vorwürfe in einer „Klarstellung“ zurück. „Die redaktionelle Verantwortung liegt allein bei dem jeweiligen Chefredakteur“, hieß es am Samstag als Antwort auf einen Fragenkatalog von t-online an die Weimer Media Group von dem Blatt. Chefredakteur von „The European“ war zunächst der Autor und Theologe Alexander Görlach, ab 2016 der Publizist und Politiker Oswald Metzger (zunächst Mitglied der SPD, dann der Grünen, inzwischen CDU), ab 2017 außerdem der Publizist und Philosoph Stefan Groß-Lobkowicz.

„Die dokumentarische Publikation von Politikerreden geschieht immer honorarfrei und unter Angabe von Quellen“, heißt es in der Stellungnahme weiter. So sei es auch mit „Äußerungen von Frau Weidel aus den Jahren 2017 bis Anfang 2021“ geschehen. „Wenn es einzelne Fälle gegeben haben sollte, in denen die Quellenangabe unterblieb, bedauern wir dies.“

„Texturen“ aus den Jahren vor einem Relaunch bei der Plattform im Jahr 2021 seien „seinerzeit weitgehend gelöscht“ worden. Man sei bei der Veröffentlichung von Verlautbarungen von Politikern „damals der gängigen Praxis führender Tageszeitungen und anderer Publikationen gefolgt, beispielsweise Redetexte unter Quellenangabe und mitsamt dem Namen des jeweiligen Politikers als Autor zu publizieren“.

Mit Reden, Pressemitteilungen und anderen Äußerungen von Politikern so zu verfahren, war allerdings in der seriösen Medienlandschaft nie üblich.

Zahlreiche Texte beim „The European“ sind außerdem nach Bekanntwerden des Falls in den vergangenen Tagen vom Netz genommen worden. Unter anderem ist die Seite, die Überblick über alle Autoren gibt, nicht mehr erreichbar. Auch die Weidel zugeschriebenen Texte und andere Autorenprofile sind nicht mehr abrufbar. Warum?

Ansgar Graw, aktuell Herausgeber von „The European“, erklärt auf Nachfrage, man habe zunächst die Veröffentlichungen von Weidel aus den Jahren 2017 bis 2020 gelöscht – nachdem Weidel erklärt habe, sie habe diese nie autorisiert. Weil danach weitere Namen genannt wurden, die Ähnliches angaben, seien „nun zunächst alle Autorenprofile von der Webseite genommen (worden), um die teilweise mehr als 15 Jahre zurückliegende Genese zu überprüfen“.

Hinweis der Redaktion: Zunächst hieß es im Text, Alexander Wallasch und das Portal „Nius“ hätten zuerst berichtet. Richtig ist, dass „Nius“ die Recherche von Wallasch aufgriff. Die entsprechenden Stellen wurden geändert.
Die Stellungnahmen des „The European“ und ihres Herausgebers Ansgar Graw auf Anfrage an die Weimer Media Group wurden nach Veröffentlichung des Textes ergänzt.