Berlin – Protest gegen eine Hausräumung im Berliner Bezirk Mitte am Montagmorgen. Die Polizei ist vor Ort im Großeinsatz.

7.24 Uhr. Der Gerichtsvollzieher vom Amtsgericht Mitte steht vis-à-vis auf dem Gehweg mit vier Mitarbeitern bereit. Polizisten geben ihm Anweisungen, wie er unter dem Schutz erhobener Plastik-Schilde in den Aufgang Nr. 48 gehen soll. Ein Polizeisprecher zu BILD.: „Es gibt 12 Gerichtsbeschlüsse.“ Das bedeutet: Besetzer und Obdachlose müssen raus.

Pyrotechnik aus Gebäude geworfen

Während der Gerichtsvollzieher seine Arbeit macht, eskalieren Attacken aus dem Nachbaraufgang. Die Beamten werden aus Fenstern mit Pyrotechnik beschossen, Teile treffen auch Journalisten auf der anderen Straßenseite. Möbel krachen auf den Bürgersteig. Vor Ort hat die Polizei 130 Kräfte zusammengezogen – 50 am Objekt, ein Großteil begleitet eine Demo in der Nähe, regelt den Verkehr.

Polizisten im Einsatz: Protest gegen die geplante Räumung in der Habersaathstraße

Polizisten im Einsatz: Protest gegen die geplante Räumung in der Habersaathstraße

Foto: Sven Kaeuler/dpa

Ein Gerichtsvollzieher will laut Polizei mehrere gerichtliche Räumungsbeschlüsse vollstrecken. „Bei Bedarf werden wir ihn dabei unterstützen“, sagte der Polizeisprecher. Die Einsatzkräfte gewährleisteten den Schutz einer Versammlung in unmittelbarer Nähe.

Die Initiative „Leerstand Hab-ich-saath“ kritisierte die Räumung scharf. „Pfui, Pfui“, rufen Gegner der Räumung und „Shame on you“. Der Beschluss sei angesichts der steigenden Wohnungslosigkeit in Berlin und des bevorstehenden Winters „nicht hinnehmbar“, hieß es von den Aktivisten. Abgeordnete der Grünen beobachten das Geschehen.

Räumung in der Habersaathstraße in Mitte: Die Polizei vor einem Mehrfamilienhaus

Räumung in der Habersaathstraße in Mitte: Die Polizei vor einem Mehrfamilienhaus

Foto: michael körner

Ab November soll der umkämpfte Komplex von der Fernwärme abgehängt werden. Entsprechende Aushänge hat die landeseigene BEW an den Türen angebracht.

Seit Jahren Streit ums Haus

Der Streit um den weitgehend leer stehenden Wohnblock in Berlin-Mitte nahe dem Bundesnachrichtendienst und dem Naturkundemuseum schwelt bereits seit Jahren. Das Bezirksamt Mitte genehmigte in diesem Jahr den Abriss.

Im Gegenzug verpflichtete sich die Eigentümerfirma nach Angaben des Bezirks, Ersatzwohnungen zu schaffen mit einem Mietpreis, der von einem durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmerhaushalt finanziert werden könne. Verblieben sind in dem Komplex bislang maximal fünf legale Mieter mit Mietvertrag. Falls sie nicht ausziehen wollen, sollen ihnen Radiatoren gestellt werden. Ob das reicht, ist aus Sicht des Bezirksamtes Mitte fraglich.

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Erst im Juni machte der Plattenbau Schlagzeilen: Dort sollten plötzlich 82 neue Bewohner eingezogen sein, fast alle Neumieter hatten die bulgarische Staatsangehörigkeit. Als Wohnungsgeber-Bescheinigung präsentierten sie Papiere einer Pleitefirma, was bei der Anmeldung zunächst nicht auffiel. Nach Kenntnis des Bezirks hielten sich die Leute aber gar nicht an der Meldeadresse auf, deshalb wurden die Fake-Anmeldungen von Amts wegen gelöscht.