Zwar hat der US-Präsident in den vergangenen Wochen seine wachsende Ungeduld gegenüber Russlands Präsident Putin gezeigt. Doch jetzt vollzieht Trump erneut eine Kursänderung – zu Lasten der Ukraine.
US-Präsident Donald Trump hat seine Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine entlang der aktuellen Frontlinien bekräftigt. Für ein Ende der Kämpfe sollte der Frontverlauf eingefroren werden – inklusive einer daraus folgenden Teilung der östlichen Donbass-Region.
Russland und die Ukraine sollten jeweils dort bleiben, wo sich ihre Truppen aktuell befänden, alles Weitere sei „sehr schwer auszuhandeln“, sagte Trump vor Journalisten auf einem Flug mit seiner Regierungsmaschine Air Force One.
Die Donbass-Region solle „zerschnitten“ und der Großteil des Gebiets Russland überlassen werden. „Lasst es so zerteilt, wie es jetzt ist“, sagte Trump. Man könne später „etwas aushandeln“. Er forderte beide Seiten auf, „an der Frontlinie zu stoppen – nach Hause zu gehen, aufhören zu kämpfen und aufhören, Menschen zu töten“. Russland kontrolliert aktuell den Großteil der ostukrainischen Region.
Donbass gilt als strategisch wichtige Region
Vor 2014 hatte die Industrieregion Donbass etwa 6,5 Millionen Einwohner und war mit Kohle und Eisen das Kernstück der ukrainischen Schwerindustrie. Allerdings waren viele Bergwerke und Fabriken damals schon veraltet.
Eine Preisgabe der Regionen Donezk und Luhansk würde bedeuten, dass Russland kampflos Territorien bekommt, die es militärisch nie erobern konnte. Zudem würde Kiew mit dem noch ukrainisch kontrollierten Teil des Donbass einen gut befestigten Verteidigungsgürtel verlieren.
Trump dementiert Aussagen zur Donbass-Aufgabe
Vor Trumps Äußerungen hatte die „Financial Times“ unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen berichtet, dass er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei dem Treffen am Freitag dazu gedrängt haben soll, für ein Ende des Kriegs den gesamten Donbass aufzugeben.
Damit würde der russische Präsident Wladimir Putin eines seiner wichtigsten Ziele in dem seit 2022 andauernden Krieg erreichen. Ein Journalist fragte Trump während des Flugs, ob er Selenskyj tatsächlich am Freitag gesagt habe, dass die Ukraine den Donbass aufgeben müsse. Trump antwortete, dies sei bei dem Treffen nicht besprochen worden.
Insider sehen Beeinflussung durch Putin-Telefonat
Trumps Äußerungen folgten auf ein angespanntes Treffen mit Selenskyj. Die ukrainische Delegation sei von dem Gespräch „enttäuscht“ gewesen, berichteten zwei mit den Gesprächen vertraute Personen nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters. Trump habe zudem die von Kiew erhoffte Lieferung von Tomahawk-Raketen abgelehnt. US-Vizepräsident JD Vance sagte jedoch am Sonntagabend, eine endgültige Entscheidung über die Raketen sei noch nicht gefallen.
Zwei der Insider äußerten den Eindruck, Trump sei von seinem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am vergangenen Donnerstag beeinflusst worden. Der „Washington Post“ zufolge schlug Putin darin einen Gebietstausch vor, bei dem die Ukraine die Regionen Donezk und Luhansk abtreten würde. Genau diesen Tausch hätten US-Vertreter Selenskyj am Freitag vorgeschlagen, sagte einer der Insider.
Bereits am Donnerstag wurde Trump aber auch in einem Interview mit dem Sender Fox News gefragt, ob Putin bereit sei, den Krieg zu beenden, „ohne nennenswertes ukrainisches Territorium zu behalten“. Trump antwortete, Putin werde „sich etwas nehmen“. „Sie haben gekämpft, und er hat eine Menge Gelände gewonnen. Er hat bestimmtes Gebiet erobert“, sagte er.
Das Interview wurde am Sonntag ausgestrahlt, war jedoch vor Trumps Telefonat mit Putin und seinem Treffen mit Selenskyj aufgenommen worden.
Erneute Kursänderung Trumps
Auf dem Flug von Florida nach Washington, bekräftigte Trump – der in den kommenden Wochen ein Treffen mit Putin in Budapest plant – erneut seine Position, dass die Ukraine wohl Territorium abgeben müsse. „Alles andere ist sehr schwer zu verhandeln, wenn man anfängt zu sagen: „Du bekommst dies, wir bekommen das“, sagte Trump.
Die Aussagen markieren eine weitere Kursänderung des US-Präsidenten in Bezug auf den Krieg. In den vergangenen Wochen hatte Trump zunehmende Ungeduld gegenüber Putin gezeigt und sich offener für eine stärkere Unterstützung der Ukraine gezeigt. So sagte er Ende September, er glaube, dass die Ukraine sämtliche von Russland besetzten Territorien zurückerobern könne. Dabei geht es um etwa 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets.
Selenskyj warnt vor Beschwichtigungspolitik
Nach seinem Besuch in den USA appellierte Selenskyj eindringlich an die Verbündeten seines Landes, keine Beschwichtigungspolitik gegenüber Russland zu fahren. „Die Ukraine wird Terroristen niemals eine Belohnung für ihre Verbrechen gewähren, und wir zählen auf unsere Partner, diese Position zu unterstützen“, schrieb Selenskyj am Sonntag im Onlinedienst Telegram.
Es sei Zeit für ein weiteres Treffen der sogenannten Koalition der Willigen, so der ukrainische Präsident. Selenskyj begründete seine Forderung nach einer baldigen Sitzung der überwiegend europäischen Ukraine-Unterstützer mit der Notwendigkeit „entschlossener Schritte“ gegenüber Russland.