Der Außenhandel in Russland verlagert sich rasant nach Asien.

Der Außenhandel in Russland verlagert sich rasant nach Asien.

picture alliance / ZUMAPRESS.com | Alexander Kazakov/Kremlin Pool

Russlands Außenhandel verlagert sich im Rekordtempo von Europa nach Asien, angetrieben durch Sanktionen und den Ukraine-Krieg.

Im August 2025 wurden bereits über 55 Prozent des russischen Außenhandels in Rubel abgewickelt – ein historischer Höchstwert.

China und Indien ersetzen zunehmend westliche Handelspartner und machen einen wachsenden Anteil von Russlands Exporten und Importen aus.

Der Ukraine-Krieg und die Sanktionen verdrängen den US-Dollar und den Euro immer mehr aus Russland. Vor allem im dortigen Außenhandel spielen die einstigen Lieblingswährungen der Russen nur noch eine marginale Rolle. Wie wurden sie ersetzt?

Die wirtschaftliche Abkehr vom Westen infolge des Ukraine-Krieges und der Sanktionen gehört zu den größten Umwälzungen, die Russlands Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten erlebt hat. Im Handumdrehen wurde der russische Außenhandel, der die längste Zeit von Europa dominiert war, nach Asien umgelenkt.

„Einen Schwenk der Konsumenten in dieser Geschwindigkeit hat es noch nie gegeben“, sagte Wladislaw Inozemcew im Gespräch mit der „Welt“. Er war einst Wirtschaftsberater des Kremls und später Mitgründer des Zentrums für Analysen und Strategien in Europa (CASE).

Wie sehr dies auch den Dollar und den Euro aus dem russischen Außenhandel verbannt hat, zeigt sich inzwischen an einer eindrucksvollen Zahl.

Russland beschleunigt De-Dollarisierung

Im August hat Russland bereits 55,2 Prozent seines Außenhandels in der eigenen Landeswährung Rubel abgewickelt. Dies hat die russische Nachrichtenagentur Interfax auf Grundlage von vorläufigen Daten der Zentralbank eruiert. So hoch war der Anteil noch nie zuvor gewesen. Im August zahlten Käufer des russischen Exports zu 56,3 Prozent in Rubel. Auch das ist ein neuer Rekord. Beim russischen Import lag der Prozentsatz bei 54,1 Prozent.

Russland selbst hat den Weg der De-Dollarisierung seiner Wirtschaft spätestens mit der Annexion der Krim im Jahr 2014 eingeschlagen. Mit De-Dollarisierung ist die zunehmende Reduzierung des Dollars in Reserven, inländischen und grenzüberschreitenden Finanztransaktionen gemeint. Ziel war, die diesbezügliche Bindung an die USA zu reduzieren und daher weniger anfällig für Strafmaßnahmen zu sein.

Zu diesem Zweck hat Moskau auch zunehmend US-Staatsanleihen aus dem Anlageportfolio seiner Währungsreserven verbannt und diese vor Ausbruch des Ukraine-Krieges auf fast null reduziert. Beim Außenhandel hingegen gewann die De-Dollarisierung erst mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges Anfang 2022 richtig an Fahrt.

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China und Indien füllen die Lücke des Westens

Waren im Jahr 2021 vor dem Krieg noch 84,6 Prozent der russischen Exporte und 67,6 Prozent der Importe in Dollar und anderen westlichen Währungen abgewickelt worden, so waren es im August gerade noch 14,3 Prozent beziehungsweise 15,7 Prozent.

Jenseits von Rubel und westlichen Währungen ist im russischen Außenhandel natürlich der Anteil von Währungen aus den sogenannten freundschaftlichen Ländern gestiegen. Beim russischen Export betrug er im August 29,4 Prozent, beim russischen Import 30,1 Prozent. Vor allem der chinesische Yuan spielt hier die wichtigste Rolle. Schließlich hat China seit dem Ukraine-Krieg die Lücke gefüllt, die westliche Handelspartner durch ihren Rückzug hinterlassen hatten.

Waren vor 2014 gerade einmal zehn Prozent des russischen Außenhandelsvolumens auf China gekommen, so sind es inzwischen 40 Prozent der russischen Importe und 30 Prozent der russischen Exporte. Im Jahr 2024 tauschten die beiden Länder Waren für 245 Milliarden Dollar aus. Ein Rekord.

Auch die Bedeutung von Indien nahm zu. Denn Indien wurde plötzlich zum Großabnehmer russischen Erdöls.

Mit angedrohten Sekundärsanktionen will der Westen die russischen Handelspartner aus dem sogenannten globalen Süden dazu bewegen, sich wirtschaftlich von Russland zu distanzieren und vor allem den Import russischer Energieträger (allen voran Erdöl) zu reduzieren. Der Erfolg bleibt überschaubar. Auch aus diesem Grund haben kürzlich zwei Wirtschaftsexperten im Magazin „Foreign Affairs“ vorgeschlagen, die Sanktionsstrategie zu ändern.

Der Fokus sollte weniger darauf gerichtet sein, dass möglichst wenig Geld nach Russland fließe, sondern Anreize zu schaffen, dass möglichst viele gut ausgebildete und vermögende Russen mit ihrem Geld und ihrem Know-How das Land verlassen.  

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