Auf der Bauernwaldstraße sind auch am Montag noch die Umrisse eines Fahrzeugs eingezeichnet, in gelber Farbe. Vergangene Woche hatte sich hier in Stuttgart-Botnang ein Unfall ereignet, der nachwirkt in einer Gegend, deren Bild von Plattenbauten geprägt ist. Eine 34-Jährige wurde von einem Seat überfahren, einem ziemlich großen Seat, wenn man die gelben Umrisse, die die Polizei hier angebracht hatte, betrachtet. Zuvor konnte die Frau ihren Kinderwagen, in dem ihr zweijähriges Kind lag, aus der Gefahrenzone schubsen – sie selbst wurde unter dem Auto eingeklemmt.
Was dann geschah, ist auf Bildern, die in sozialen Medien kursieren, dokumentiert: Etwa zehn Männer befreiten die Frau unter dem Blechungetüm, sie wurde nach Polizeiangaben schwer verletzt. Zeugen berichten, sie sei nach ihrer Befreiung aber ansprechbar gewesen.
Dönerladen 20 Meter vom Unfall entfernt
Womöglich wäre die 34-Jährige deutlich länger unter dem Seat gefangen gewesen, wäre da nicht etwa 20 Meter weiter eine Dönerbude, in der couragiertes Personal und couragierte Gäste beisammensaßen. Auch heute sind viele von ihnen wieder da. Cengiz Akpinar erzählt, wie er die Situation an jenem Donnerstag erlebt hatte. „Eine Frau kam rein, berichtete von einem Unfall und hat um Hilfe gerufen“, erinnert er sich.
„Ich habe die Arbeit sofort ruhen lassen“, sagt Akpinar, „ein Mensch muss weiterleben, Geschäft kann man immer machen.“ Sofort seien auch das restliche Personal und die Gäste geschlossen zur Unfallstelle geeilt, um zu helfen.
Frau verliert zeitweise das Bewusstsein
„Unter dem Auto hörten wir Hilferufe“, sagt Alex Köber, offenbar ein Stammgast, der auch heute vor Ort ist. Die Rufe seien von der Frau gekommen, die sich selbst nicht befreien konnte und laut Polizeibericht auch zeitweise das Bewusstsein verloren haben soll.
Nun sind größere Seat-Modelle so um die zwei Tonnen schwer. Auch für die kräftig gebauten Männer aus dem Dönerladen, die Hilfe leisteten, sind bei zehn Männern um die 200 Kilo pro Person zu stemmen.
Mit der Hebebühne lässt sich das Auto bewegen
Das hat Bashaar Maho zu spüren bekommen, ein 53-jähriger kompakter Mann, dem allen Anschein nach körperliche Arbeit nicht fremd ist. „Ich habe immer noch Rückenschmerzen“, sagt er. Maho krempelt seine Ärmel hoch. Auf den Unterarmen sind wüste Hämatome zu sehen. Zehn Minuten hätten er und die anderen alles gegeben, um den Seat zu bewegen – vergeblich.
Bashaar Mahos Unterarme sind vom Zwei-Tonnen-Seat gezeichnet. Foto: Felix Mahler
Schließlich brachte irgendjemand eine Hebebühne bei. Mit ihr habe sich das Fahrzeug schließlich bewegen und die Frau befreien lassen. Eine Passantin habe sich unterdessen um das Kind im Kinderwagen gekümmert. Etwa weitere zehn Minuten später seien Rettungskräfte und Polizei eingetroffen, berichten die Helfer übereinstimmend.
Laut Polizei saß vergangenen Donnerstag eine 23-Jährige am Steuer des Seat. Gegen sie wird wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. Neuere Informationen, auch zum Zustand des Unfallopfers, konnte die Polizei am Montag nicht liefern.
Kritik an der Verkehrsführung
Cengiz Akpinar vom Dönerladen steht an der Kreuzung Bauernwaldstraße/Furtwänglerstraße an den gelben Markierungen. Allein im vergangenen Jahr habe er hier vier Unfälle erlebt, sagt er. „Die Stadt muss etwas tun, es ist hier viel zu unübersichtlich und gefährlich.“ Tatsächlich befindet sich die Kreuzung auf einem Buckel, was es knifflig macht, den Verkehr hier zu überblicken. Von der nächstgelegenen Stadtbahnhaltestelle kommt man auch gar nicht umher, eine der befahrenen Straße zu überqueren, ohne größere Umwege in Kauf zu nehmen: Denn es gibt hier nur eine Ampel.
Bei der Verwaltung gab es bereits in der Vergangenheit Vorschläge, um die Verkehrssituation dort zu entspannen. Der Bezirksbeirat befürwortete bereits im Jahr 2015 das Vorhaben, einen Kreisverkehr einzurichten. Dies wurde aber nie verwirklicht.