Bundeskanzler Friedrich Merz hat seine umstrittenen Äußerungen zu vermeintlichen „Problemen“ im Stadtbild infolge von Migration vehement verteidigt und unterstrichen. „Ich habe gar nichts zurückzunehmen“, sagte der CDU-Chef nach der Klausurtagung des Parteipräsidiums auf Nachfrage. „Im Gegenteil, ich unterstreiche es noch einmal: Wir müssen daran etwas ändern und der Bundesinnenminister ist dabei, daran etwas zu ändern, und wir werden diese Politik fortsetzen.“

Merz sagte, wer Töchter habe, werde auf die Frage,
was er mit seinen Äußerungen gemeint habe, vermutlich „eine ziemlich
klare und deutliche Antwort“ bekommen. Wie zuvor führte Merz nicht detailliert aus, welche Personen und Probleme er mit seiner Aussage konkret meint. Kritikerinnen und Kritiker werfen ihm vor, durch die Verbindung von Migration und Kriminalität eingewanderte Menschen und jene, die als solche gesehen werden, pauschal zu stigmatisieren.

Kanzler argumentiert mit „Lebensalltag“

Merz rechtfertigte seine Äußerungen mit seiner eigenen Wahrnehmung und berief sich darauf, diese nicht als Einziger zu haben. „Wer es aus dem Lebensalltag sieht, weiß, dass ich mit dieser Bemerkung, die ich da letzte Woche gemacht habe, recht habe. Ich habe sie übrigens nicht das erste Mal gemacht und ich habe sie auch nicht als Einziger gemacht.“ Es gebe viele Menschen, die seine Ansicht teilten. „Alle bestätigen, dass das ein Problem ist, spätestens mit Einbruch der Dunkelheit“, sagte Merz, ohne auf konkrete Gefahren oder ihren Ursprung näher einzugehen.

© Lea Dohle

Newsletter
Was jetzt? – Der tägliche Morgenüberblick

Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.

Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.

Vorangegangen war eine Aussage von Merz in der vergangenen Woche. Auf das Erstarken der AfD angesprochen, hatte Merz zunächst darauf hingewiesen, dass man frühere Versäumnisse in der
Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. „Aber wir haben
natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem“, sagte Merz und verwies als Lösung auf „Rückführungen“. Aus CDU und CSU bekam der Kanzler für diese Aussage größtenteils Zuspruch, Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte sich von der Einschätzung distanziert.

Unter anderem die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die SPD-Politikerin Natalie
Pawlik, hatte sich hingegen irritiert über die Äußerung geäußert: „Migration darf nicht durch verkürzte oder populistische
Schnellschüsse stigmatisiert werden – das spaltet die Gesellschaft noch
mehr und hilft am Ende den Falschen, statt Lösungen zu fördern.“ Auch Linke
und Grüne hatten Merz scharf kritisiert und eine Entschuldigung
gefordert.

Grünenchefin fordert „Kanzler, der verbindet“

Ähnlich verständnislos äußerte sich Grünenchefin Franziska Brantner angesichts Merz‘ erneuter Äußerungen heute. Es sei nicht akzeptabel und unverantwortlich für einen Kanzler, „einfach
mal pauschal Millionen Deutsche unter Generalverdacht zu stellen“,
sagte Brantner im Anschluss. „Wir brauchen einen Kanzler, der verbindet, und nicht
einen Kanzler, der in rätselhaften Sätzen spricht, die alle unter
Verdacht stellen, und dann auf irgendwelche Töchter verweist.“ 

Natürlich gebe es Herausforderungen und
Probleme, sagte Brantner weiter. Zum Beispiel an Bahnhöfen könne man sich unsicher fühlen. Sie rate deshalb dazu, die an den
Grenzübergängen zwischen Deutschland und Frankreich eingesetzten Bundespolizisten von dort abzuziehen und sie
an Hauptbahnhöfen einzusetzen.

Auf Nachfrage sagte Merz zudem, von der Demonstration unter dem Motto Brandmauer hoch! Wir sind das Stadtbild, bei der gestern Hunderte Menschen für Vielfalt und gegen Rassismus demonstriert hatten, habe er wegen der CDU-Beratungen nichts
mitbekommen. „Wer dann meint, dagegen demonstrieren zu müssen, der soll es tun“, sagte Merz und ergänzte: „Der setzt sich dann allerdings auch der Frage aus, ob er ein Interesse daran hat, ein Problem zu lösen, oder ob er eher ein Interesse daran hat, möglicherweise den Keil in unsere Gesellschaft zu treiben.“

„Reguläre Migration in unseren Arbeitsmarkt wollen wir“

Bei seiner Rede vor der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) in Hannover sprach Merz sich dann ausdrücklich für eine Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte aus. „Wir sind eine offene,
freiheitliche, liberale Gesellschaft“, sagte Merz. Offenheit bedeute auch, „dass wir offen sind für viele Menschen
aus aller Welt, die in Deutschland leben wollen und arbeiten
wollen“. Die „irreguläre Migration in die sozialen Sicherungssysteme“, die werde man stoppen. „Aber die reguläre Migration in unseren Arbeitsmarkt, in die
Unternehmen, die wollen wir“, sagte Merz. Auf seine „Stadtbild“-Aussagen ging er in dieser Rede nicht genauer ein.

Migrationspolitik

CDU

CDU und AfD:
Auf der Mauer, auf der Lauer

Z+ (abopflichtiger Inhalt);

Friedrich Merz:
Wenn „dieses Problem“ mit dem Stadtbild zum Problem wird

Zurückweisungen an der Grenze:
Friedrich Merz und sein gefährlicher Irrweg in der Migrationsfrage